Onlinehändler Amazon überwacht Corona-Schutz per Kamera

Nach einem Softwareupdate seien die Kameras bei Amazon in der Lage, die Abstandsregeln zu kontrollieren, informierte Amazon die Betriebsräte. Quelle: REUTERS

Amazon plant mit Hilfe von Videokameras zu kontrollieren, ob die Mitarbeiter die Abstandsregeln in den Logistiklagern einhalten. Das erfuhr die WirtschaftsWoche von Mitarbeitern und Betriebsräten.

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Der Onlinehändler Amazon will per Videokamera kontrollieren, ob Mitarbeiter in den Logistiklagern die Abstandsregeln zur Eindämmung des Coronavirus einhalten. Das erfuhr die WirtschaftsWoche von Mitarbeitern und Betriebsräten aus mehreren Logistiklagern des Onlinehändlers.

Eigentlich sollen die Kameras Förderbänder überwachen und zum Beispiel Paketstaus erkennen. Nach einem Softwareupdate seien die Kameras nun aber in der Lage, die Abstandsregeln zu kontrollieren, informierte Amazon die Betriebsräte. Biometrische Daten würden nicht erfasst, hieß es.

Die Gesundheit der Mitarbeiter habe höchste Priorität, sagte dazu ein Amazon-Sprecher der WirtschaftsWoche. „Aus diesem Grund haben wir einige unserer besten Experten für maschinelles Lernen damit beauftragt, Möglichkeiten zur weiteren Verbesserung der Sicherheitsabstände in unseren Gebäuden zu prüfen.“ Amazon arbeite eng mit den Gesundheitsbehörden zusammen und habe „die Wirksamkeit unserer Maßnahmen mehrfach bestätigt bekommen“. So kontrolliert der Onlinehändler bei Schichtbeginn in den Lagern auch die Temperatur seiner Mitarbeiter mit Infrarotthermometern oder Wärmebildkameras. Das sei eine „zusätzliche Vorsichtsmaßnahme“, so ein Sprecher.

Einige Mitarbeiter wehren sich gegen die Maßnahmen. So verhinderte der Betriebsrat des Lagers in Leipzig die Videoüberwachung der Abstandsregeln und lehnte außerdem eine Temperaturkontrolle der Beschäftigten ab. Die Betriebsräte der anderen Logistikstandorte hatten dem zugestimmt. Ein Mitglied des Betriebsrats am Standort in Bad Hersfeld hat jedoch eine einstweilige Verfügung gegen die Temperaturkontrollen eingereicht, bestätigte das Arbeitsgericht Fulda auf Anfrage der WirtschaftsWoche. Nach Ansicht des Betriebsratsmitglieds stellt die Temperaturmessung eine Zutrittsbeschränkung dar und beschränke damit die Betriebsratsarbeit.

Die Gewerkschaft Verdi kritisiert den Onlinehändler. „Amazon verweigert seit Jahren einen Tarifvertrag zum Arbeits- und Gesundheitsschutz der Kolleginnen und Kollegen. Jetzt soll die Krise genutzt werden, um die Überwachung der Beschäftigten auszudehnen“, sagte eine Sprecherin. Amazon versuche damit durch die Hintertür, den Datenschutz und die Persönlichkeitsrechte einzuschränken, sagte auch Thomas Schneider, Verdi-Gewerkschaftssekretär in Leipzig. Das Softwareupdate der Kameras sei mitbestimmungspflichtig, das Unternehmen habe die Betriebsräte jedoch erst nach dem Update informiert. „Amazon tritt die Mitbestimmung mit Füßen“, so Schneider.

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