Paramount+ und die Deutsche Bahn „In Los Angeles kommt all das wahnsinnig gut an“

Der Schauspieler Hardy Krüger Jr. stieg am Mittwoch in einer Paramount+-gebrandeten ICE – zur Serienpremiere. Quelle: PR

Ein US-Konzern beliefert die Deutsche Bahn mit Filmen und Serien. Die gewährt ihm weitläufige Werbeflächen. Was hinter dem Deal steckt – und warum eine Fortsetzung über den März hinaus noch fraglich ist.

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Sabine Anger kennt sich in der deutschen Medienlandschaft gut aus. Sie hat unter anderem bei der Deutschen Telekom und bei ProSiebenSat.1 gearbeitet, bevor sie im Juli 2021 bei Paramount anheuerte. Als sie im vergangenen Jahr darüber nachdenkt, wie sich der Deutschlandstart des Streamingdienstes von Paramount am besten vermarkten lässt, fällt ihr deshalb schnell die Deutsche Bahn ein. Konkret: das Kundenmagazin der Deutschen Bahn, „DB Mobil“. Basierend auf guten Erfahrungen „als Bahnfahrerin und Leserin und als Medienpartner in der Vergangenheit“, sagt die deutsche Managerin, die bei dem US-Konzern das Streaminggeschäft in Zentral- und Nordeuropa verantwortet.

Blöd nur: Die gedruckte Kundenzeitschrift der Deutschen Bahn wird im Dezember 2022 eingestellt – genau dann, wenn der Streamingdienst Paramount+ in Deutschland starten soll. „Wir wollen als nachhaltiges Unternehmen auch einen papierfreien Zug bieten“, begründet das Stefanie Berk, Marketingchefin der Deutschen Bahn – einerseits. Andererseits ist es ein behutsam abgewogener Gang mit der Zeit. Bahn-Kunden seien heute ohnehin größtenteils digital unterwegs, sagt Berk. Gerade junge Reisende kämen „gar nicht erst auf die Idee, noch irgendetwas auf Papier zu suchen“.

Sabine Anger findet das nachvollziehbar – auch wenn sie das gestrichene Magazin zunächst bedauert, sagt sie. Für die Paramount-Managerin aber heißt das auch: Es müssen jetzt andere Wege her, um die Kunden der Deutschen Bahn zu ihrem Produkt zu führen. Denn grundsätzlich steht fest: Die Deutsche Bahn ist ihr Wunschpartner im Marketing.

In der vergangenen Woche feierte deshalb die Paramount+-Serie „Simon Becketts Die Chemie des Todes“ ihre Premiere in einem ICE der Deutschen Bahn. Als die „schnellste Premiere der Welt“ vermarkteten Paramount und die Deutsche Bahn das Event, bei dem Bestseller-Autor Simon Beckett, Hauptdarsteller Harry Treadaway und der deutsche Schauspieler Hardy Krüger Jr. gemeinsam mit einer Schar an Fotografen in den Zug einstiegen. Drei Tage lang fuhr danach ein ICE zwischen Hamburg und Berlin, auf dem in großen blauen Buchstaben der Slogan „A Mountain of Entertainment“ neben dem Logo von Paramount+ prangte.

Kostenlose Paramount+-Inhalte für Bahnreisende

Bis zum 31. März zeigt der Streaming-Anbieter zudem „ausgewählte Blockbuster und Serien“ im ICE-Portal. „Neben Paramount und uns profitieren also vor allem die Reisenden, die in den nächsten Monaten kostenlos in den Paramount+-Content reinschnuppern können“, sagt dazu Bahnvorständin Stefanie Berk. Die Resonanz der Kunden sei bislang sehr gut. Und bei Paramount ist man hellauf begeistert: „Diese Premiere im Zug, die Bereitschaft der Bahn, einen ihrer ICEs mit dem Paramount-Logo zu versehen – all das kommt hier in Los Angeles wahnsinnig gut an“, sagt Sabine Anger.

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Die Paramount-Managerin muss sich aus Hollywood zuschalten, als sie und Bahn-Vorständin Berk mit der WirtschaftsWoche verabredet sind. Ihr Arbeitgeber präsentiert seinen internationalen Repräsentanten aus Europa und dem Rest der Welt dort gerade seine neuesten Streaming-Inhalte für 2023 und 2024. Anger ist gut gelaunt an diesem sonnigen Morgen in Kalifornien – auch, weil ihr der Bahn-Deal offenbar einiges an Schulterklopfern in Hollywood eingebracht hat. Alle Executives von Paramount seien gerade vor Ort, sagt sie. Sie hätten ihr gegenüber geäußert, „very happy“ zu sein, „dass wir einen der führenden Reisepartner in Deutschland als Marketingpartner gefunden haben“. Noch dazu sei diese Art der Vermarktung „viel zeitgemäßer und digitaler“ als etwa eine herkömmliche Anzeige.

In den Deal integriert ist neben der öffentlichkeitswirksamen Serienpremiere und dem zeitweise zu Marketingzwecken gebrandeten ICE noch eine ganze Menge an weiteren Werbeflächen. „Wir finden auch in den sozialen Medien statt, im DB-Newsletter oder im Buchungsportal“, sagt Anger. Außerdem sei Paramount+ auf den Bildschirmen in den ICEs präsent. Parallel laufe auch eine großangelegte Werbekampagne über City-Light-Poster, ergänzt Bahn-Vorständin Berk. Außerdem habe man die Ankündigung der Kooperation in der vergangenen Woche „an alle Bahncard-Kunden als News rausgeschickt“.

Für die Kooperation räumte die Deutsche Bahn weitläufige Werbeflächen frei. Bis Ende März wird deshalb kaum ein ICE-Gast in Deutschland am Paramount+-Schriftzug vorbeikommen. Quelle: PR

Wie viel Geld dafür geflossen ist, wollen die beiden nicht verraten. Nur so viel sagt Anger: „Wir profitieren beide von der Kooperation. Zu Vertragsdetails sagen wir als Unternehmen grundsätzlich nichts.“ Eine kleine Orientierungshilfe könnte ein Blick in die aktuellen Preislisten des Werbevermarkters Ströer geben: Allein 7284 Euro kostet es demnach derzeit, einen Monat lang eine größere Werbefläche, genannt „Dominanz“, in einem einzigen ICE vom Fahrzeugtyp 1 zu bespielen. Ein größeres Werbeplakat, eine sogenannte Backlight-Promotion, am Frankfurter Hauptbahnhof kostet derweil zwischen 1.195 und 5.550 Euro, zusätzlich der Herstellungskosten für das Werbebanner.

Auch die Deutsche Bahn profitiert von der Partnerschaft

Allerdings: Es profitiert eben auch die Deutsche Bahn von der Partnerschaft. Ein einfaches Hochrechnen der Kosten für Werbeflächen dürfte dem Deal deshalb kaum gerecht werden. „Unsere Intention dahinter ist, die Kunden noch stärker auf den digitalen Service des ICE-Portals hinzuweisen“, sagt dazu DB-Vorständin Berk. Video-Streaming sei der Service, der von Bahnkunden im ICE-Portal am häufigsten genutzt werde. Wenn es dort neuen „starken Content“ gebe, dann werde der in der Regel „auch stark geklickt“, sagt Berk. Man erhoffe sich von der Zusammenarbeit mit dem Streamingdienst deshalb „neue Nutzerrekorde“ für das ICE-Portal. „Und ich bin nach den ersten Zahlen ganz zuversichtlich, dass wir diese Rekorde auch sehen werden.“

Bis Sommer 2021 hatte die Deutsche Bahn schon einmal einen Medienpartner für Streaming-Inhalte: die deutsche ProSiebenSat.1 AG. Damals waren zunächst ausgewählte Inhalte aus dem Streamingdienst Maxdome, später aus dessen Nachfolger Joyn im ICE-Portal der Bahn einsehbar. Zuletzt hatte die Bahn eineinhalb Jahre lang auf einen festen Content-Partner verzichtet, stattdessen vereinzelte Filme und Serien selbst lizensiert, die dann in regelmäßigen Abständen ausgetauscht und erneuert wurden.

Ob die Zusammenarbeit mit Paramount über den März hinaus Bestand haben könnte, ist derzeit unklar. Die Bahn sei bei Streaming-Inhalten grundsätzlich „partneroffen“, sagt Stefanie Berk. Gleichzeitig sei man mit der „Strategie wechselnder Partnerschaften“ aber zuletzt gut gefahren. Man werde deshalb nach dem 31. März „genau auswerten, wie die Resonanz bei den Reisenden ist, und dann überlegen, ob eine Fortsetzung oder ein abermaliger Aktionszeitraum Sinn ergibt“.

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Paramount-Vertreterin Anger schlägt ähnliche, wenn auch optimistischere Töne an: „Wir beobachten das jetzt drei Monate lang und dann sehen wir mal, ob uns etwas Weiteres einfällt“, sagt sie. Und fügt kühn hinzu: „Ich gehe ohnehin davon aus, dass Kunden im ICE weiterhin Paramount+ auf ihren eigenen Devices streamen werden – unabhängig davon, ob wir unsere Kooperation mit der Bahn nun fortsetzen oder nicht.“

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