Die Deutsche Bahn plant für dieses Jahr erneut mit rund 25.000 Neueinstellungen. „Wir brauchen zigtausende neue Kolleg:innen, um die Herausforderungen bei der Bahn zu stemmen“, teilte Konzern-Personalvorstand Martin Seiler am Freitag mit. Insbesondere im operativen Bereich werde deshalb auch in diesem Jahr „auf Rekordniveau“ in neue Beschäftigte investiert. Angesichts des „enormen Fachkräftemangels und des historisch engen Arbeitsmarkts“ sei dieses Ziel „wirklich herausfordernd“.
Vom Personalmangel und einem hohen Krankenstand ist auch die Bahn betroffen, was Fahrgäste insbesondere im Regionalverkehr zu spüren bekommen. Verspätungen und Zugausfälle häuften sich in den vergangenen Wochen und Monaten bei sämtlichen Verkehrsunternehmen auf der Schiene. Die Bahn hat eigenen Angaben zufolge im vergangenen Jahr rund 28.000 neue Beschäftigte eingestellt. Unterm Strich wuchs dadurch die Zahl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter um rund 5000, weil im selben Zeitraum Tausende Beschäftigte das Unternehmen verließen, etwa um in Rente zu gehen.
Neben rund 5500 Auszubildenden und Dual Studierenden will die Bahn in diesem Jahr etwa 4200 Fachkräfte für die Instandhaltung von Schienen und Schienenfahrzeugen einstellen, dazu 3000 Personen für Bauprojekte und Bauüberwachung. Auch sollen 2100 Lokführerinnen und Lokführer dazukommen sowie 1600 Fahrdienstleitende, 2200 Beschäftigte im Zugservice und 2000 IT-Fachleute.
Mit einer Kampagne nach der Devise „Was ist dir wichtig“ will die Bahn als Arbeitgeber punkten. Um die Fluktuation niedrig zu halten, will der Konzern auch mit Anreizen seine aktuelle Belegschaft halten. Die Bahn gestattet nun – wo möglich – bis zu 30 Arbeitstage pro Jahr mobiles Arbeiten im europäischen Ausland. Verbessert werden sollen zudem Schichtsysteme und Comeback-Programme für Rückkehrende nach einer Auszeit. Die beim Personal beliebten Fahrvergünstigungen gelten ab Frühjahr auch für nicht-eheliche Partner von Mitarbeitenden.
Die Bahn will auch verstärkt Fachkräfte aus dem Ausland locken und ist hier bereits in rund zehn Staaten aktiv, etwa in Südeuropa, vielen Balkanländern und der Türkei. Englisch als Arbeitssprache sei auf dem Vormarsch, besonders im IT-Bereich, sagte Seiler. Langfristig, also auf zehn oder zwanzig Jahre gerechnet, müsse der Personalbedarf jedoch auch reduziert werden, betonte der Vorstand. Deshalb arbeite man daran, „Flexibilität und Produktivität zu erhöhen sowie Standardisierung und Digitalisierung voranzutreiben“.
Bei der ab Februar anstehenden Tarifrunde mit der Gewerkschaft EVG rechnet Seiler mit einer „ordentlichen Forderung“. Auf der einen Seite gebe es berechtigte Wünsche der Beschäftigten wegen gestiegener Kosten und höherer Inflation. Andererseits müsse man auch an die Zukunftsfähigkeit der Bahn denken, sagte der Manager. Es gehe darum, eine gute Balance zu finden zwischen prozentualen Lohnerhöhungen und Einmalzahlungen wie etwa einer Inflationsausgleichsprämie.
Lesen Sie auch: Wie ruppig Unternehmen um rare Arbeitskräfte kämpfen