Peter-Pane-Chef „Lieferungen sind keine Frage des Wollens mehr – sondern ein Muss“

Patrick Junge, Inhaber und Geschäftsführer der Paniceus Gastro Systemzentrale, ist Gründer und Chef der Burgerkette Peter Pane. Quelle: PR

Die Pandemie hat bei der Burgerkette Peter Pane viel geändert. Zuvor war Liefern uninteressant. Jetzt wurde in den eigenen, inzwischen unverzichtbaren Lieferdienst investiert. Auf den will der Peter-Pane-Chef Patrick Junge langfristig setzen. Auch nach Corona.

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WirtschaftsWoche: Welchen Stellenwert hatte Liefern für Peter Pane im Herbst 2019?
Patrick Junge: Unser Fokus lag zu dem Zeitpunkt auf dem Full-Service-Geschäft im Restaurant. Es gab den frommen Wunsch sich mehr um das Liefergeschäft zu kümmern, da wir damals bereits das Gefühl hatten, dass dort Potenzial vorhanden ist. Einige unserer Peter Pane Restaurants waren 2019 schon bei Lieferando gelistet. Dadurch merkten wir, dass es den Wunsch seitens unserer Gäste gibt, sich unser Essen nach Hause liefern zu lassen.

2018 hatte ich noch große Zweifel daran, dass Liefern für unser Konzept funktionieren könnte. Ich hatte Sorgen, dass die Qualitätseinbußen nicht nur in Bezug auf das Essen, sondern auch in Bezug auf den Service einfach zu groß sind. Deshalb haben wir uns damals dagegen entschieden. Mit der Anbindung an Lieferando stellten wir fest, dass wir unseren Qualitätsstandard halten können, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt sind. Infolgedessen fiel die Entscheidung, den Lieferando-Full-Service in etwa zwei Drittel der Restaurants zu nutzen. Bei den anderen Filialen scheiterte die Anbindung schlichtweg daran, dass Lieferando dort keinen Lieferservice anbot.

Wirklich echtes Interesse, das Liefergeschäft auszubauen bestand damals aber nicht?
Nein, weil wir das auch nicht weiter forciert haben. Es gab auch mehrere Herausforderungen aufgrund der Abhängigkeit von Lieferando, da wir zu dem Zeitpunkt noch keine eigenen Fahrer hatten. Etwa, dass Lieferando uns in der Prime-Time abgeschaltet hat, weil sie keine Fahrer mehr zur Verfügung hatten. Dann waren wir aus Sicht der Gäste offline, obwohl wir geöffnet hatten. Dadurch sinken die Restaurants auch im Lieferando-Ranking. Es war ein holpriger Anlauf, aber wir haben das damals akzeptiert, da es nicht unser Kerngeschäft war. Damit war das Thema für uns zunächst durch.

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Wäre Corona nicht gekommen, wären Sie also noch immer an diesem Punkt?
Ja, zu hundert Prozent. Im vergangenen Jahr hätte ich mir nicht vorstellen können Zeit, Kraft und Geld ins Liefergeschäft zu investieren. Wir hatten zwar jemanden mit Expertise im Liefergeschäft eingestellt, doch die Einführung in unseren Restaurants scheiterte an der Bereitschaft sich umzustellen. Es bestand zum damaligen Zeitpunkt keine Notwendigkeit sich auf das Liefergeschäft zu fokussieren. Das Full-Service-Geschäft im Restaurant lief sehr gut, unsere Gäste sind gerne zu uns gekommen und unsere Teams in den Restaurants haben unsere Gäste gerne empfangen. Die Umstellung zu erzwingen, war für uns nicht der richtige Weg. Dann hätte das Liefergeschäft nicht funktioniert.

Jetzt war Corona also der Zwang, etwas tun zu müssen.
Richtig. Und mit diesem Zwang von außen ist bei uns auch die klare strategische Entscheidung gefallen, dass die Lieferungen keine Frage des Wollens mehr sind – sondern ein Muss. Das hat dazu geführt, dass das Thema ernst genommen wurde. Der Mensch braucht eine Antwort auf das Warum – und die hat Corona in diesem Fall geliefert. Das galt sowohl für die Gastronomie als auch für die Kunden, die für das Liefern von Essen deutlich empfänglicher geworden sind.

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Jetzt wäre aber auch die Möglichkeit gewesen, den Lieferdienst als reine Lockdown-Gegenmaßnahme zu nutzen und es danach wieder einzustellen. Das machen viele Gastronomen genauso. Sie haben sich aber anders entschieden – sogar noch mehr investiert.
Das wäre im höchsten Maße unökonomisch. Wir haben in der Coronazeit bereits viel Geld verloren und parallel Zeit, Ressourcen und Geld in das Liefergeschäft investiert. Diese Ausgaben müssen sich also noch rentieren. Und das tun sie auch: Wir haben im Lockdown damit einen halbwegs anständigen Umsatz generieren können. Das Entscheidende ist aber: Wir haben uns nach dem Lockdown damit ein echtes Umsatzplus von 15 Prozent erkämpft.

Für mich sind es nun langfristig dauerhaft zwei Kanäle, die wir bespielen: In-house und zuhause.
2019 gab es nur Lieferando. Seit dem ersten Lockdown haben Sie mit „Peter bringt’s“ ihren eignen Lieferdienst mit eigener Plattform, die parallel zu Lieferando läuft. Geliefert wird in erster Linie nun mit hauseigenen Boten. Was ist denn das Für und Wider von Lieferando?
Wir schätzen Lieferando. Die machen ein sehr gutes Marketing und haben eine gewaltige Marktstellung. Da muss man auch platziert sein – das gehört dazu, wenn man im Liefergeschäft mitspielen möchte. Auf der anderen Seite ist es so, dass Lieferando sich primär darauf konzentrieren will und wird, seine Plattform anzubieten. Die sind gar nicht so sehr am Ausliefern interessiert.

Passender Look, passendes Rad: Peter Pane hat seinen Lieferdienst der Marke entsprechend gebrandet. Quelle: PeterPane/PeterBringt's

Indem wir also unseren eigenen Lieferdienst mit eigenen Fahrern aufgestellt haben, können wir sicherstellen, dass wir in all unseren Restaurants das Liefergeschäft abbilden können. Gleichzeitig haben wir die Möglichkeit, die Stärke Lieferandos zu nutzen, indem wir auf der Plattform präsent sind.

„Der Lieferando-Fahrer hat ja keine berufliche Heimat“

Jetzt haben Sie aber auch eine eigene Plattform, über die Sie Lieferungen anbieten. Damit stehen Sie in direkter Konkurrenz zu Lieferando. Heißt aber nicht, dass Sie darüber nachdenken, Lieferando zu verlassen?
Da sehe ich keine Notwendigkeit. Es gibt Lieferando-Gäste, die möchten die Vielfalt dort haben. Und die finden bei Lieferando Peter Pane – und bestellen dort. Es kommt dann aber der Peter-Fahrer. Das bietet eine sehr gute Qualität.

Wenn man rein die Online-Plattform nutzt, ist die Gebühr mit rund zehn Prozent deutlich geringer – das sind faire Konditionen, auf die man sich einlassen kann. Wir haben aber auch unsere Plattform, auf der wir uns so darstellen können, wie wir möchten.

Was kann Ihr Lieferdienst denn besser als der Lieferando-Full-Service?
Zum einen ist in unserem Online-Shop die Produktpräsentation hochwertiger. Zum anderen bringen unsere ganz eigenen Peter-Pane-Fahrer dann das Produkt und das ist eine andere Haltung. Der Lieferando-Fahrer liefert ja von zahlreichen Restaurants. Da fehlt die Identifikation mit dem Produkt. Unsere Fahrer gehören fest zu unseren Teams in den Restaurants. Das hat einen großen Effekt auf die Auslieferung – und das Erlebnis des Kunden, auch an der Haustür. Unsere Fahrer sind schließlich Markenbotschafter auf der Straße.



Was ist Ihnen beim eigenen Lieferdienst denn besonders wichtig?
Es ist ein harter Job und wir möchten den Kollegen das Bestmögliche bieten. Das Ziel war: Ein Peter-Pane-Fahrer ist kein zeitlich begrenzter Söldner, sondern fester Teil des Teams. Sie bekommen ein gutes Gehalt, einen Bonus, eine vernünftige Unfallversicherung, Berufsbekleidung, das Fahrrad, einen Pausenraum und so weiter. Das bringt aus meiner Sicht dieses bisschen mehr an Freundlichkeit und Qualität. Der Lieferando-Fahrer hat ja keine berufliche Heimat. Der ist sozusagen ein Rumtreiber ohne feste Anlaufstelle.

Gute Arbeitsbedingungen sind vermutlich auch deshalb wichtig, weil die Nachfrage nach Menschen, die ausliefern, höher ist als die Zahl derjenigen, die diesen Job machen wollen.
Es gab im Sommer eine hohe Nachfrage nach solchen Jobs. Da hatten wir Glück, dass wir in dieser Zeit eingestellt haben. Die Zahl potenzieller Mitarbeiter ist seitdem schon sehr deutlich gesunken. Man merkt, dass die Unternehmen den Markt langsam „abgegrast“ haben. Damit ist die Zeit gekommen, dass man gute Argumente bringen muss, warum diejenigen bei Peter fahren sollten und ich glaube, die Menschen merken, wo sie adäquate Bedingungen geboten bekommen. Das wird in den nächsten Monaten sicher vermehrt eine Rolle dabei spielen, wer Mitarbeiter für sich gewinnen wird und wer nicht.

Einige Gastroketten sind erstaunlich gut durch das Corona-Jahr gekommen. Auch, weil sie den Delivery-Service für sich entdeckt haben. Und zwar mit einem eigenen Dienst – zum Leidwesen von Lieferando.
von Katja Joho

Wer macht bei Peter Pane denn diesen Jobs?
Das sind häufig Menschen zwischen 20 und 30, viele Studenten, die die Gastronomie als Chance sehen, Geld zu verdienen. Die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen müssen tendenziell sportlich veranlagt sein, weil sie mehrheitlich mit dem Fahrrad unterwegs sind – auch wenn die Restaurants bei uns mittlerweile in erster Linie mit E-Bikes ausgestattet werden.

L’Osteria hat einen ähnlichen Weg mit dem eigenen Lieferdienst genommen und möchte jetzt neue Filialen auch bautechnisch verändern, um Delivery künftig ins Kernkonzept einer jeden Filiale zu integrieren. Gibt es bei Ihnen auch solche Pläne?
Wir haben Umsatzgrößen für unser Delivery-Geschäft definiert, die wir ohne größere Umbauten mit den bisherigen Kapazitäten unserer Restaurantküchen neben dem klassischen Geschäft stemmen können.


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Und wagen Sie schon eine Perspektive auf 2021? Was haben Sie vor?
Ich bin der Meinung, dass sich für diejenigen in der Gastronomie, die diese Krise überleben, gute Zeiten auftun. Unser Fokus liegt deshalb darauf, dass wir das gut überstehen.

Wir hoffen, dass sich die generelle Situation in Deutschland und der Welt so verbessert, dass wir unser Geschäft wieder mehr oder minder normal betreiben können und wir dann als Zusatz ein etabliertes, erfolgreiches Delivery-Geschäft betreiben können, mit dem wir die Verluste aus 2020 wettmachen können und mit dessen Hilfe wir eine noch engere Bindung zu unseren Gästen kreieren.

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