
Wenn Carsten Spohr Montagmorgens aus seiner Wahlheimat München zu seinem Schreibtisch in Frankfurt reist, hat er derzeit wenig Grund zur Freude. Am Dienstag folgt der vierte Pilotenstreik in zweieinhalb Wochen und auch bei anderen Berufsgruppen wie den Flugbegleitern rumort es. Spohrs Sparanstrengungen bekommen wachsenden Gegenwind, etwa weil bei der Wiener Tochter Austrian Airlines die Gerichte gerade zentrale Teile des Sparprogramms kassiert haben.
Trotzdem wirkt der Lufthansa-Chef dieser Tage alles andere als entmutigt. Denn seine Versuche, die renitenten Flugzeugführer unter Druck zu setzen, zeigen zumindest kleine Erfolge. So fiel vorige Woche der Streik in München weniger schlimm aus als erwartet. Offenbar sehen Teile der Belegschaft die Forderungen der Piloten zunehmend kritisch.





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Um das weiter zu treiben, will der 47-Jährige dieser Tage seinen 110.000 Beschäftigten mal vorrechnen, wie groß – oder besser wie klein – die Belastungen bei der Altersvorsorge sind, die er seinen wichtigsten Angestellten abtrotzen will. Kernaussage: Am Ende sind nur die in diesem Jahr neu eingestellten Piloten und damit weit weniger als 100 Mitarbeiter betroffen. Und die konnte das nicht überraschen, weil die Änderungen seit Jahren angekündigt waren und Lufthansa im Grunde nur eine Entwicklung nachholt, die fast alle anderen Arbeitnehmer in Deutschland bei ihrer Rentenversicherung bereits hinnehmen mussten. Trösten mag Spohr auch, dass andere noch viel größere Probleme haben.
KLM-Chef will auf Wachstum verzichten
So starten die Piloten beim französisch-niederländischen Erzrivalen Air France-KLM heute einen noch viel größeren Ausstand. Dabei fallen gut die Hälfte der Flüge aus - wesentlich mehr als zuletzt bei der Lufthansa-Gruppe. Die französischen Piloten bestärkt offenbar, dass die Regierung immer noch fast 16 Prozent der Aktien hält und sich gegen strikte Sparmaßnahmen wehren wird.
Dazu ist die Lage noch drängender als bei der Lufthansa. Zwei Milliarden Euro Verlust hat Air France-KLM im vergangenen Jahr eingefahren. Vor allem der französische Teil des Flugbetriebs unter der Marke Air France macht Minus. Also muss Konzernchef Alexandre de Juniac notgedrungen auch noch viel größere Veränderungen anstoßen.
Einerseits will er weitgehend auf Wachstum verzichten. Das trifft die Piloten unmittelbar. Wegen des heutigen Senioritätsprinzips müssen junge Piloten bei geringem Wachstum länger darauf warten, Kapitän zu werden oder ins Cockpit der begehrten Langstreckenflüge wechseln zu dürfen.