Post-Chef Frank Appel "Was macht Amazon anders als wir? Nichts!"

Seite 5/5

"Man muss auch in schwierigen Phasen etwas wagen."

Und wie führt man mit Herz und Bauch?

Indem man Menschen über Vertrauen führt. Dann zeigen Mitarbeiter auch die beste Leistung. Das ist mir jetzt auch für unsere Frachtsparte das Wichtigste. Wir geben unseren Mitarbeitern Vertrauen zurück. Die Mitarbeiter können nun auch auf Länder- und regionaler Ebene wieder mehr eigene Entscheidungen treffen. Als Neurobiologe weiß ich, dass der Körper Glückshormone ausschüttet, wenn man Vertrauen geschenkt bekommt.

Das birgt auch Risiken. Was machen Sie, wenn etwas schiefläuft?

Dann muss man Mut haben. Man muss auch in schwierigen Phasen etwas wagen und den Mitarbeitern Optimismus vermitteln.

Frank Appel Quelle: Claudia Kempf für WirtschaftsWoche

Es gibt immer mehr Programme, die durch Datenauswertungen menschliches Verhalten vorhersagen können. Werden Manager zu Ausführungsorganen der von Computern ausgerechneten Entscheidungen?

Ich halte es nicht für ausgeschlossen, dass Analysetools menschliches Verhalten voraussagen können und sich dadurch bestimmte Reaktionen einzelner Personen auch kalkulieren lassen. Aber dass Maschinen jemals Optimismus verbreiten können, wage ich zu bezweifeln.

Dann hätten Sie den langweiligsten Job der Welt.

Dieses Jahr werde ich 55. Bis die Welt so weit ist, bin ich wahrscheinlich in Rente. Vielleicht beschäftige ich mich dann wissenschaftlich mit diesem Thema. Über die Post-Stiftung fördern wir das Institut zur Zukunft der Arbeit, das forscht an dem Thema, was man aus der Neurobiologie für Organisationsverhalten ableiten kann. Das ist ein extrem spannendes Feld.

Das heißt, die nächste Amtszeit braucht das Unternehmen Sie noch an der Spitze? Ihr Vertrag läuft im kommenden Jahr aus.

Ich habe auf jeden Fall noch viel Freude an meinem Job.

Packstation: Acht Millionen Kunden haben sich in Deutschland registriert. Quelle: Presse

Wie viele Briefe schreiben Sie in einem Jahr eigentlich noch per Hand?

Wenn ich die Weihnachtskarten mitzähle, bin ich bestimmt bei 500. Und ohne Weihnachten sind es vielleicht noch 50. Dazu gehört, dass man seinen Mitarbeitern Briefe schreibt, um ihre Leistung anzuerkennen. Ich mache das so, dass ich den 100 wichtigsten Führungskräften in unserem Konzern zu Weihnachten eine Karte schreibe. Und die merken es natürlich, ob ich mir etwas überlegt habe.

Was halten Sie von dem Satz: Analog ist das neue Bio?

Weil es einen neuen Hype um das Analoge geben soll? Ich bin kein Freund von solchen Vereinfachungen...

Weil analoge Dinge oft etwas Besonderes sind.

Ein handgeschriebener Brief hat unglaubliche Auswirkungen. Führungskräfte, das bekomme ich häufig zurückgespielt, fühlen sich dann immer geehrt.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%