Was heißt das für die Deutsche Post DHL? Sie haben gerade verkündet, dass Roboter Ihren Zustellern bald bei der Arbeit helfen. Brauchen wir Postboten noch?
Wenn Roboter unsere Zusteller perspektivisch bei der Zustellung schwerer Pakete unterstützen, entsteht exakt der Effekt, den ich vorhin ansprach. Die Maschine steigert die Produktivität der menschlichen Arbeitskraft, ohne sie zu ersetzen. Der Zusteller kennt den Weg, den Hund des Kunden und die versteckte Klingel. Der Roboter trägt oder fährt die schweren Lasten. Diese Arbeitsteilung ist umso wichtiger, da sich das Paketvolumen durch den Internethandel in den nächsten zehn Jahren verdoppeln wird.
Heute haben Sie rund 500.000 Mitarbeiter. Werden es in zehn Jahren mehr oder weniger sein?
Ich denke, dass sich die Entwicklung der vergangenen Jahre fortsetzen und die Mitarbeiterzahl weiter steigen wird. Wahrscheinlich haben wir bis 2020 eher 600.000 Mitarbeiter.
Der Briefmarkt in Zahlen
Dank E-Mail und Smartphone schreiben die Deutschen immer seltener Briefe. In diesem Jahr stellen die Briefdienste nur noch etwa 15,7 Milliarden Briefe zu. Vor fünf Jahren waren es noch 16,4 Milliarden Briefe, berichtet die zuständige Bundesnetzagentur in ihrem Tätigkeitsbericht.
Die meisten dieser Briefe stellt die Deutsche Post zu. Ihr Marktanteil liegt bei 87,3 Prozent, berichtet die Bundesnetzagentur. Damit hat sich die Situation in den vergangenen fünf Jahren nur leicht verändert: 2010 kamen die Konkurrenten der Deutschen Post gemeinsam auf etwa 10 Prozent Marktanteil, heute sind es 12,7 Prozent.
Trotz der sinkenden Briefzahlen: Der Umsatz des Marktes ist kaum geschrumpft. Vor fünf Jahren lag er noch bei rund 9 Milliarden Euro, 2015 liegt er bei etwa 8,7 Millionen Euro. Den Großteil davon erwirtschaftet die Deutsche Post. Nur etwa 1,1 Milliarden Euro Umsatz machen die Konkurrenten.
Grund für den fast gleichbleibenden Umsatz sind auch Preiserhöhungen: 55 Cent kostete vor fünf Jahren noch die Briefmarke für einen Standardbrief bei der Deutschen Post. Seit dem hat der Bonner Konzern das Porto in drei Schritten auf 62 Cent erhöht. Im kommenden Jahr wird das Porto auf 70 Cent steigen.
Für Großkunden ändern sich die Preise nicht so stark, auch, weil die Post ihnen Rabatte gewährt. Doch wenn die Post das Porto erhöht, heben oft auch die Konkurrenten die Preise an.
Trotz Digitalisierung und künstlicher Intelligenz?
Wir haben keine Zielvorgaben, was die Mitarbeiterzahlen angeht. Sie werden von mir in meiner gesamten Zeit als Vorstandsvorsitzender keine einzige Aussage dazu finden, dass wir Arbeitsplätze abbauen werden. Das ist für mich nie ein Ziel. Ich will Kosten reduzieren und die Produktivität steigern, das schon. Aber wenn ich dafür niemanden entlassen muss, dann ist mir das umso lieber. Unser Ziel als Unternehmen ist es, den Menschen auch langfristig eine Perspektive und faire Arbeitsbedingungen zu bieten. Und hier werden digitale Technologien auch bei uns einen wichtigen Beitrag leisten.
Wo werden denn neue Arbeitsplätze entstehen?
Wir haben zum Beispiel schon im vergangenen Jahr angekündigt, dass wir unsere Paketzustellung ausweiten wollen. Und das tun wir nicht nur in Deutschland, sondern auch in Europa. Wir treiben unsere Expansion in Skandinavien und den baltischen Staaten voran.
Und in zwei Jahren gibt es dann in ganz Europa Packstationen und DHL-Boten?
Wir werden auf jeden Fall noch massiv wachsen. Wir haben noch mehr Länder auf unserem Plan, aber wir sprechen noch nicht darüber. Wir wollen unsere Wettbewerber nicht schlau machen.
Wann werden wir Pakete mit interessanten Produkten bekommen, ohne dass wir diese bestellt haben?
Das wäre heute im Prinzip schon möglich. Wir könnten unsere Packstationen oder auch die Paketkästen am Wohnort mit Produkten bestücken, die der Kunde mit hoher Wahrscheinlichkeit kaufen wird. Nehmen wir an, jemand hat alle sieben Harry-Potter-Bücher bestellt, und jetzt gäbe es einen achten Band. Dann würde der Kunde morgens eine E-Mail erhalten, dass der neue Band bereits in der Packstation liegt und er sich das Buch mit einem Code abholen kann – wenn er das möchte.
Was halten Sie von dem Trend, dass die Zustellung immer schneller sein muss?
Die Frage ist, bei welchen Käufen das sinnvoll ist. Ich halte Same-Day, also die Auslieferung am selben Tag, schon für spannend. Aber eher in der Form, dass man morgens etwas bestellt und es abends geliefert wird.
Amazon will in Deutschland aber auch innerhalb von 90 Minuten zustellen.
Das können wir auch schon. In Berlin, Hamburg, München, Köln und dem Ruhrgebiet haben wir einen Kurierdienst. Aber die Nachfrage ist gering, das ist ein Nischenmarkt.