
Im Tarifstreit zwischen der Deutschen Post und der Gewerkschaft Verdi steht eine Einigung kurz bevor. Das sagte ein Post-Sprecher am Sonntag in Bad Neuenahr. Es seien aber noch einige Punkte zu klären.
Die Gespräche zwischen den beiden Parteien wurden am Freitag nach einem knapp vierwöchigen Streik wieder aufgenommen und waren ursprünglich auf zwei Tage angesetzt. Die Verhandlungen laufen nun jedoch zäher als erwartet. Verdi hat mehrfach betont, dass solange gestreikt werde, bis eine Einigung mit der Post gefunden sei.
Verdi-Verhandlungsführerin Andrea Kocsis und Post-Personalchefin Melanie Kreis müssen sich mit zahlreichen Themen befassen - von Arbeitszeitregelungen über Lohnerhöhungen bis hin zum Kündigungsschutz. Zudem läuft die Gewerkschaft Sturm gegen neue Subunternehmen, in denen die Post Beschäftigten niedrigere Löhne zahlt, als sie im Konzern üblich sind.
Zentraler Streitpunkt ist die Ausgliederung regionaler Paketgesellschaften bei schlechterer Bezahlung. Dort arbeiten rund 6500 Menschen, ihre Zahl soll steigen. Verdi lehnt das strikt ab.
Die Regionalgesellschaften sind aber nur ein Punkt von vielen. Die Gewerkschaft fordert 5,5 Prozent mehr Geld und eine Arbeitszeitverkürzung von 38,5 auf 36 Stunden bei vollem Lohnausgleich für die Postler. Sie bietet ein Entgegenkommen an, falls die Post die Paketgesellschaften in den Haustarif aufnimmt. Das weist der Konzern als „nicht verhandelbar“ zurück, wie Vorstandschef Frank Appel vor Verhandlungsbeginn noch einmal bekräftigt hatte.
Post-Streik: Was Sie jetzt wissen müssen
Im Januar überrumpelte die Deutsche Post die Gewerkschaft Verdi mit einem ungewöhnlichen Schritt: Der Bonner Konzern gründete 49 Regionalgesellschaften mit dem Namen Delivery GmbH. Dort werden seit April Paketboten zu den Bedingungen des Logistiktarifvertrags beschäftigt. Sie erhalten damit rund 20 Prozent weniger Lohn als ihre Kollegen, die nach dem Post-Haustarif bezahlt werden.
Die Gewerkschaft Verdi fordert, dass die Post diesen Schritt wieder rückgängig macht. Seit April hat Verdi deshalb regelmäßig zu Warnstreiks aufgerufen, seit Anfang Juni führt die Gewerkschaft einen unbefristeten Streik. Mehr als 32.000 Post-Mitarbeiter haben ihre Arbeit niedergelegt.
Am 3. Juli wollen der Post-Vorstand und Verdi ihre Verhandlungen fortsetzen. Der Streik soll jedoch weiterlaufen, bis es eine endgültige Einigung gibt.
Die Lage ist unübersichtlich, aber zumindest bemüht sich die Post um die Information ihrer Kunden. Regionale Schwerpunkte gibt es bei den Streiks nicht. Auf der Internetseite der Post mit den Streikinformationen kann anhand der Postleitzahl geprüft werden, ob der Ausstand vor Ort eine Rolle spielt. Dabei können Kunden anhand der Postleitzahl prüfen, ob die Briefträger vor Ortstreiken oder ein zuständiges Briefverteilzentrum bestreikt wird, also ob beim Empfang oder dem Versand mit Verzögerungen zurechnen ist. Außerdem bietet die Deutsche Post eine Kundenhotline unter der Rufnummer 0228 /76367650 an.
Nein, zumindest nicht generell. Beim normalen Versand von Standardbriefen oder Paketen lehnt die Post seit jeher Garantien für das Einhalten eines bestimmten Lieferdatums ab. Das Risiko, dass ein Brief oder Paketrechtzeitig ankommt, trägt immer der Versender. Weil nicht überall gleichzeitig gestreikt wird, bleiben Briefe aber in der Regel nur einen Tag liegen. Wer dringende normale Briefe und Pakete ein paar Tage früher verschickt, sollte keine Probleme bekommen.
Ja, zum Beispiel beim Expressversand oder der Versendung als Einschreiben. Bei diesen Versandarten verpflichtet sich die Post dazu, einen bestimmten Zustelltermin einzuhalten. Hält sieden Termin nicht ein, muss sie für Schäden haften haften. Dafür verlangt sie auch ein deutlich höheres Porto als beim Standardversand. Die Express-Sendungen übernimmt bei der Deutschen Post ein Dienstleister, der vom Streik verschont bleibt. Allerdings haben Kunden bei Verspätungen aufgrund von Streiks auch hierkeinen rechtlichen Anspruch auf Schadenersatz, da Streiks als Haftungsgrund in den AGB der Post explizit ausgeschlossen sind. Solange die Express-Sparten nicht bestreikt werden, können sich Kunden also auf das rechtzeitige Eintreffen von Express-Sendungen verlassen.
Selbst wenn es eine Versicherung gäbe, die für die Haftung infrage käme: Ein Streikgilt juristisch als höhere Gewalt. Dafür ist laut Gesetzeine Haftung ausgeschlossen, also auch wenn Postsendungen streikbedingt zu spät kommen. Wer also beispielsweise Konzertkarten per Postverschickt, die dann erst nach der Veranstaltung beim Empfängereintreffen, steht selbst in der Haftung
Verbraucherzentralen weisen etwa bei Kündigungsschreiben darauf hin, dass sich Verträge verlängern, wenn das Kündigungsschreiben erst nach Ablauf der Frist beim Empfängereintrifft. Die Regeln zu Vertragslaufzeiten und Kündigungsfristensind in den Verträgen und Allgemeinen Geschäftsbedingungen fixiert. Kündigungen bedürfen grundsätzlich der Schriftform, wenn es der Vertragspartner in seinen Geschäftsbedingungen nicht anders geregelt hat. Vom Streik Betroffene sollten das Vertragswerk daher prüfen und gegebenenfalls alternative Versandmethoden nutzen oder den Vertragspartner um einen Fristverlängerung bitten. Kulante Vertragspartner dürften für die Dauer des Streiks darauf eingehen.
Beiden Paketzustellern gibt es bekannte Wettbewerber wie Hermes, GLS, DPD und andere. Bei Briefen sind Alternativen für Privatkunden rar. Post-Konkurrenten wie TNT oder PIN arbeiten nur für Firmenkunden, Betriebe können sie also nutzen. Je nach Region gibt es allerdings auch für Privatpersonen alternative Briefzusteller. Eine Übersicht der Anbieter bietet zum Beispiel posttipp.de. Aber vielleicht geht es auch ohne Brief, zum Beispiel mit dem per Fax oder mitpersonifizierter und verschlüsselter DE-Mail, wie sie Telekom und Internetdienstleister wie web.de, GMX oder 1&1 anbieten. Zu den Sicherheitsstandards informiert Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik(BSI) auf seinen Online-Seiten. Wem das zu umständlich ist, kann Briefe entweder selbst beim Empfänger einwerfen - am besten im Beisein von Zeugen -oder sich beim Empfängererkundigen, ob der auch normale E-Mails akzeptiert.
Hier besteht im Prinzip kein zusätzliches Risiko. Ein Kaufvertrag über online bestellte Waren kann innerhalb von 14 Tagen widerrufen werden. Zur Einhaltung der Widerrufsfrist ist es ausreichend, wenn die Wareinnerhalb dieses Zeitraums abgeschickt wird. Allerdings sollte dann als Nachweis für den rechtzeitigen Versand der Einlieferungsbeleg aufbewahrt werden.
Zum einen setzt die Post in den Verteilzentren vorrübergehend auch Mitarbeiter der Verwaltung ein. Die noch immer rund 40.000 Beamten bei der Postdürfen nicht streiken und müssen teilweise aushelfen. In grenznahen Regionen springen auch Post-Mitarbeiteraus dem Ausland ein. Dadurch kamen am ersten Streiktag immernoch neun von zehn Postsendungen pünktlich. Zum Glück können die Sortiermaschinen in den Verteilzentren nicht streiken. Durch den Einstieg der Briefzusteller in den Streik wird es aber voraussichtlich zu deutlich mehr Verspätungen kommen.
Außerdem geht es um eine mögliche Verlängerung des Kündigungsschutzes, der zum Ende des Jahres ausläuft. Alle Teilfragen würden im Gesamtpaket verhandelt, hieß es bei Verdi.
Der inzwischen fast vierwöchige unbefristete Streik sorgt inzwischen zunehmend für Beschwerden von Kunden. In manchen Städten bleiben Briefe nach Schilderungen von Betroffenen wochenlang liegen. Stark betroffen ist demnach zum Beispiel Berlin. Klagen kommen vor allem von Online-Händlern, deren Lieferungen verspätet das Ziel erreichen und die Probleme mit ihren Kunden bekommen.
In der Bevölkerung findet der Ausstand einer Umfrage zufolge insgesamt weiter Rückhalt. Wie das Meinungsforschungsinstitut YouGov in einer am Freitag veröffentlichten Befragung ermittelte, haben 63 Prozent der Bundesbürger Verständnis für den Arbeitskampf. Nur 29 Prozent lehnen ihn kategorisch ab.
Dabei hat fast die Hälfte der Bundesbürger inzwischen die Auswirkungen des Streiks persönlich zu spüren bekommen. Insgesamt 42 Prozent der 1370 Befragten gaben an, durch den Tarifkonflikt bereits wichtige Post zu spät erhalten zu haben.
Der inzwischen vierwöchige Poststreik ging während der Verhandlungen weiter. Die Post setzte am Sonntag nach Auskunft eines Sprechers punktuell in einigen Regionen erneut Aushilfskräfte ein, um liegengebliebene Briefe und Pakete zuzustellen.