
Die Streiks bei der Deutschen Post gehen in die dritte Woche. Die Gewerkschaft Verdi kündigte am Samstag an, den unbefristeten Arbeitskampf fortzusetzen. Bundesweit hätten gut 25.000 Tarifkräfte bisher die Arbeit niedergelegt. Deshalb rief das Unternehmen Mitarbeiter und Aushilfskräfte auf, am Sonntag liegengebliebene Briefe und Pakete in einer bundesweiten Aktion zuzustellen. Die SPD zeigte sich bei einem Konvent in Berlin solidarisch mit den Streikenden und erhob Vorwürfe gegen die Deutsche Post.
Wie viele Menschen sich in welchen Niederlassungen an der sonntäglichen Aktion beteiligen, könne die Post aber erst am Montag sagen, erklärte eine Sprecherin. Es würden zwar trotz des Ausstands rund 80 Prozent der Briefe und Pakete pünktlich zugestellt. Weil man den Service aber auch in Streikzeiten möglichst hochhalten wolle, plane die Post die Sonderaktion am Sonntag. Zur Bezahlung der Freiwilligen sagte die Sprecherin lediglich: „Wir werden uns selbstverständlich an alle rechtlichen Regelungen halten.“
Verdi forderte einen Stopp der Sonntags-Zustellung liegengebliebener Briefe und Pakete. Die Aktion des Unternehmens ist nach Ansicht der Gewerkschaft „ungesetzlich“. Die Deutsche Post hatte bundesweit Mitarbeiter und Aushilfskräfte aufgerufen, am Sonntag wegen des unbefristeten Streiks noch nicht zugestellte Sendungen zu verteilen.
Post-Streik: Was Sie jetzt wissen müssen
Im Januar überrumpelte die Deutsche Post die Gewerkschaft Verdi mit einem ungewöhnlichen Schritt: Der Bonner Konzern gründete 49 Regionalgesellschaften mit dem Namen Delivery GmbH. Dort werden seit April Paketboten zu den Bedingungen des Logistiktarifvertrags beschäftigt. Sie erhalten damit rund 20 Prozent weniger Lohn als ihre Kollegen, die nach dem Post-Haustarif bezahlt werden.
Die Gewerkschaft Verdi fordert, dass die Post diesen Schritt wieder rückgängig macht. Seit April hat Verdi deshalb regelmäßig zu Warnstreiks aufgerufen, seit Anfang Juni führt die Gewerkschaft einen unbefristeten Streik. Mehr als 32.000 Post-Mitarbeiter haben ihre Arbeit niedergelegt.
Am 3. Juli wollen der Post-Vorstand und Verdi ihre Verhandlungen fortsetzen. Der Streik soll jedoch weiterlaufen, bis es eine endgültige Einigung gibt.
Die Lage ist unübersichtlich, aber zumindest bemüht sich die Post um die Information ihrer Kunden. Regionale Schwerpunkte gibt es bei den Streiks nicht. Auf der Internetseite der Post mit den Streikinformationen kann anhand der Postleitzahl geprüft werden, ob der Ausstand vor Ort eine Rolle spielt. Dabei können Kunden anhand der Postleitzahl prüfen, ob die Briefträger vor Ortstreiken oder ein zuständiges Briefverteilzentrum bestreikt wird, also ob beim Empfang oder dem Versand mit Verzögerungen zurechnen ist. Außerdem bietet die Deutsche Post eine Kundenhotline unter der Rufnummer 0228 /76367650 an.
Nein, zumindest nicht generell. Beim normalen Versand von Standardbriefen oder Paketen lehnt die Post seit jeher Garantien für das Einhalten eines bestimmten Lieferdatums ab. Das Risiko, dass ein Brief oder Paketrechtzeitig ankommt, trägt immer der Versender. Weil nicht überall gleichzeitig gestreikt wird, bleiben Briefe aber in der Regel nur einen Tag liegen. Wer dringende normale Briefe und Pakete ein paar Tage früher verschickt, sollte keine Probleme bekommen.
Ja, zum Beispiel beim Expressversand oder der Versendung als Einschreiben. Bei diesen Versandarten verpflichtet sich die Post dazu, einen bestimmten Zustelltermin einzuhalten. Hält sieden Termin nicht ein, muss sie für Schäden haften haften. Dafür verlangt sie auch ein deutlich höheres Porto als beim Standardversand. Die Express-Sendungen übernimmt bei der Deutschen Post ein Dienstleister, der vom Streik verschont bleibt. Allerdings haben Kunden bei Verspätungen aufgrund von Streiks auch hierkeinen rechtlichen Anspruch auf Schadenersatz, da Streiks als Haftungsgrund in den AGB der Post explizit ausgeschlossen sind. Solange die Express-Sparten nicht bestreikt werden, können sich Kunden also auf das rechtzeitige Eintreffen von Express-Sendungen verlassen.
Selbst wenn es eine Versicherung gäbe, die für die Haftung infrage käme: Ein Streikgilt juristisch als höhere Gewalt. Dafür ist laut Gesetzeine Haftung ausgeschlossen, also auch wenn Postsendungen streikbedingt zu spät kommen. Wer also beispielsweise Konzertkarten per Postverschickt, die dann erst nach der Veranstaltung beim Empfängereintreffen, steht selbst in der Haftung
Verbraucherzentralen weisen etwa bei Kündigungsschreiben darauf hin, dass sich Verträge verlängern, wenn das Kündigungsschreiben erst nach Ablauf der Frist beim Empfängereintrifft. Die Regeln zu Vertragslaufzeiten und Kündigungsfristensind in den Verträgen und Allgemeinen Geschäftsbedingungen fixiert. Kündigungen bedürfen grundsätzlich der Schriftform, wenn es der Vertragspartner in seinen Geschäftsbedingungen nicht anders geregelt hat. Vom Streik Betroffene sollten das Vertragswerk daher prüfen und gegebenenfalls alternative Versandmethoden nutzen oder den Vertragspartner um einen Fristverlängerung bitten. Kulante Vertragspartner dürften für die Dauer des Streiks darauf eingehen.
Beiden Paketzustellern gibt es bekannte Wettbewerber wie Hermes, GLS, DPD und andere. Bei Briefen sind Alternativen für Privatkunden rar. Post-Konkurrenten wie TNT oder PIN arbeiten nur für Firmenkunden, Betriebe können sie also nutzen. Je nach Region gibt es allerdings auch für Privatpersonen alternative Briefzusteller. Eine Übersicht der Anbieter bietet zum Beispiel posttipp.de. Aber vielleicht geht es auch ohne Brief, zum Beispiel mit dem per Fax oder mitpersonifizierter und verschlüsselter DE-Mail, wie sie Telekom und Internetdienstleister wie web.de, GMX oder 1&1 anbieten. Zu den Sicherheitsstandards informiert Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik(BSI) auf seinen Online-Seiten. Wem das zu umständlich ist, kann Briefe entweder selbst beim Empfänger einwerfen - am besten im Beisein von Zeugen -oder sich beim Empfängererkundigen, ob der auch normale E-Mails akzeptiert.
Hier besteht im Prinzip kein zusätzliches Risiko. Ein Kaufvertrag über online bestellte Waren kann innerhalb von 14 Tagen widerrufen werden. Zur Einhaltung der Widerrufsfrist ist es ausreichend, wenn die Wareinnerhalb dieses Zeitraums abgeschickt wird. Allerdings sollte dann als Nachweis für den rechtzeitigen Versand der Einlieferungsbeleg aufbewahrt werden.
Zum einen setzt die Post in den Verteilzentren vorrübergehend auch Mitarbeiter der Verwaltung ein. Die noch immer rund 40.000 Beamten bei der Postdürfen nicht streiken und müssen teilweise aushelfen. In grenznahen Regionen springen auch Post-Mitarbeiteraus dem Ausland ein. Dadurch kamen am ersten Streiktag immernoch neun von zehn Postsendungen pünktlich. Zum Glück können die Sortiermaschinen in den Verteilzentren nicht streiken. Durch den Einstieg der Briefzusteller in den Streik wird es aber voraussichtlich zu deutlich mehr Verspätungen kommen.
Verdi NRW forderte das nordrhein-westfälische Arbeitsministerium und die fünf Bezirksregierungen auf, die nicht genehmigte, „ungesetzliche Sonntagsarbeit bei der Deutschen Post AG zu unterbinden.“ Uwe Speckenwirth, Verdi-Fachbereichsleiter Postdienste, sagte allein in NRW seien 260 Paketzusteller am Sonntag mit „sanftem Druck und 100 Euro Zulage nach Düsseldorf beordert“ worden, um an der bundesweiten Aktion teilzunehmen.
Eine Unternehmenssprecherin erklärte: „Wir halten uns an alle gesetzlichen Regelungen.“ Man habe Mitarbeiter der Post sowie Aushilfskräfte zu der Aktion aufgerufen. Dazu, wie viele Freiwillige sich wo beteiligten, machte sie keine Angaben. Einem Unternehmenssprecher aus Baden-Württemberg zufolge verteilten dort am Sonntag mehr als 1000 Freiwillige die Post.
"Chaotische" Zustände in einigen Zustellpunkten
Eine vom SPD-Konvent beschlossene Resolution mahnte in Richtung Deutsche-Post-Spitze, es dürfe nicht zu der „beabsichtigten Flucht aus tarifvertraglichen Vereinbarungen und der Mitbestimmung“ kommen. Der Streik richte sich gegen die vom Post-Vorstand „begonnene Auslagerung von tausenden Arbeitsplätzen im Paketzustellbereich“, heißt es in einer Mitteilung. „Sie stellt einen Bruch von vertraglichen Zusagen dar, für die die Beschäftigten zuvor Zugeständnisse gemacht hatten“, kritisierte der SPD-Konvent. Die Post solle mit Verdi über eine konstruktive Lösung verhandeln. Geltende Vereinbarungen und Mitbestimmung müssten geachtet werden.
Wie sehr sich nicht zugestellte Briefe und Pakete inzwischen stapeln, ist unklar. Verdi hatte jüngst von teilweise „chaotischen“ Zuständen in einigen Zustellpunkten berichtet. Wegen der unterschiedlichen regionalen Streikbeteiligung seien die Verzögerungen bei der Zustellung vom Umfang her uneinheitlich. Laut Post ist insgesamt nur ein Fünftel der Sendungen von Verzögerungen betroffen. Ein Postsprecher sagte, etwa 80 Prozent der Briefe und Pakete würden trotzdem pünktlich zugestellt.
Postkunden mit zeitkritischen Gütern stellt der Streik vor Probleme: Das Kölner Unternehmen Studimed will per einstweiliger Verfügung die Herausgabe liegengebliebener Sendungen erzwingen. Durch fehlende Post sehe sich die Firma, die auf die Vermittlung von Medizin-Studienplätzen an ausländischen Universitäten spezialisiert ist, in ihrer Existenz bedroht, teilte Studimed mit.
In einem konkreten Fall gehe es etwa um die zum Monatsende ablaufende Frist für eine Bewerbung um einen Studienplatz in Litauen, sagte Studimed-Geschäftsführer Hendrik Loll am Freitag. Da beglaubigte Originalunterlagen eingereicht werden müssten, sei man dringend auf die Post angewiesen. Ein Postsprecher wollte den Fall auf Anfrage zunächst nicht kommentieren.
Eine Sprecherin des Kölner Amtsgerichts bestätigte am Freitag den Eingang des Antrags. An die Post sei nun auf postalischem Weg eine Aufforderung zur Stellungnahme geschickt worden. Nach der Zustellung des Schreibens habe die Post dann drei Tage dafür Zeit, so dass nicht vor Mitte kommender Woche mit einer Entscheidung zu rechnen sei.
Die Gewerkschaft Verdi will vor allem die 49 regionalen Gesellschaften mit geringerer Bezahlung im Post-Paketgeschäft wieder in den regulären Haustarif aufnehmen. Im Gegenzug hatte sie Anfang Juni einen moderaten Gehaltsabschluss angeboten. Das Angebot lehnt die Post aber ab. „Ein moderater Abschluss allein ist keine dauerhafte Lösung“, sagte der Post-Sprecher. „Wir müssen den Lohnkostenabstand zum Wettbewerb ausgleichen.“ Die Regionalgesellschaften mit geringerer Bezahlung seien unverzichtbar.