Problemfall Eurowings Wie die Lufthansa das Chaos in den Griff kriegen will

Die Expansion von Lufthansa-Billigflieger Eurowings hakt. Konzernvorstand Karl Garnadt soll das ändern - und muss eine ganze Reihe von schwierigen Entscheidungen treffen.

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Lufthansa-Tochter Eurowings. Quelle: Presse

Wer von Lufthansa-Chef Carsten Spohr optimistische Töne hören will, muss derzeit nur ein Stichwort geben: Eurowings. Die Lufthansa-Tochter „wird Europas drittgrößter Billigflieger und dem wachsenden Wettbewerb erfolgreich begegnen“, jubelte Spohr etwa Anfang Juni, als er die Spitzen der größten Airlines im Museum der Brauerei Guinness im irischen Dublin zum Jahrestreffen des Weltluftfahrtverbandes Iata traf.

Mehr noch: Der konzerneigene Billigflieger soll bei der trägen Lufthansa endlich für Tempo und Aufbruchsstimmung sorgen – und nebenbei mit neuen Kooperationen das Wachstum ankurbeln.

So versprach Spohr bereits für diesen Herbst den Start eines Partnerschaftsmodells. Für die gerade gegründete Holding namens Eurowings Aviation sollen künftig neben den heutigen Billigtöchtern in Deutschland und Österreich auch jede Menge andere Linien fliegen. „Bei uns hat bereits ein Dutzend Airlines angefragt“, sagt Spohr und lässt selbstbewusst durchblicken, dass der Gegenangriff auf Billigrivalen wie Ryanair und die Brexit-gebeutelte Easyjet im vollen Gang sei.

Womit die Lufthansa ihr Geld verdient

Allein, die Realität hält den Verheißungen des Lufthansa-Chefs bis dato kaum stand. Nach Informationen der WirtschaftsWoche gestaltet sich der Umbau von Eurowings schwieriger als gedacht. Gleich an mehreren Punkten knirscht es vernehmlich:

- Seit Mai musste eine dreistellige Zahl von Flügen vorsorglich abgesagt werden, weil der Flugbetrieb nicht rundläuft.

- Weil die Zahl der Bewerbungen für Flugbegleiter unter den Erwartungen liegt, suchte Lufthansa Personal erstmals in einer Art Casting-Veranstaltung.

- Das neue Partnermodell ist unfertig und unerprobt und in der Belegschaft umstritten.

- Noch ist nicht klar, ob sich angesichts der geplanten strengen Vorgaben des Modells genug Partner-Airlines darauf einlassen.

Zwar schlagen die Probleme bisher nicht auf das Zahlenwerk der Billigtochter durch. „Der Gewinn ist, besonders auf der Langstrecke, deutlich höher, als wir vorhergesagt haben. Und auf vielen Flügen liegt der Durchschnittspreis über dem der Urlaubsstrecken der Lufthansa“, gibt ein Aufsichtsrat der Arbeitnehmerseite zähneknirschend zu. Doch ob das so bleibt, ist selbst intern umstritten.

Europas größte Billigflieger

„Bevor wir expandieren, müssen wir zuerst unsere Basis wetterfest machen“, sagt denn auch Karl Garnadt. Er ist der Mann, der Spohrs Vorzeigeprojekt trotz aller Widrigkeiten auf Kurs bringen und nebenbei das ehrgeizige Partnerprogramm vorantreiben soll. Der Hobbyradler ist mit seinem nüchternen Naturell ein Gegenpol zur offenen und erfolgsverwöhnten Art seines Chefs Spohr. Dazu kennt der 59-Jährige nach 37 Jahren in sämtlichen Teilen der Lufthansa alle Fallstricke des Fluggeschäfts. „Wir machen an der Vision null Abstriche“, beginnt der im Lufthansa-Vorstand fürs Billigfliegen zuständige Manager vorsichtig. „Doch umsetzen werden wir das zu einem Zeitpunkt, der für uns und für die Partner passt.“

Und dann schiebt er mit knarzender Stimme nach: „Wenn es erst im nächsten Sommer losgehen sollte, wäre das auch wunderbar.“ Im Klartext: Der Konzern tritt auf die Bremse. Der erste Eurowings-Partnerjet dürfte erst Mitte nächsten Jahres starten. Schließlich sei die Aufgabe „so anspruchsvoll wie der Schaltplan eines Mikrochips“, sagt Garnadt. „Wir müssen ein System bauen, das auch dann problemlos funktioniert, wenn wir deutlich größer sind als heute und wenn wir neue Partner an Bord haben.“ Dabei hatte Konzernchef Spohr das Andocken neuer Partner an die Eurowings-Plattform zuvor als ähnlich simpel wie den Gebrauch einer Steckleiste beschrieben.

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