Professor Kampker will die Erde retten StreetScooter-Gründer plant grüne Modellstadt

Achim Kampker, Gründer von StreetScooter Quelle: imago images

Der Aachener Professor Achim Kampker erfand den Elektrolieferwagen StreetScooter. Sein nächstes Projekt ist nicht weniger ambitioniert: Eine nachhaltige und ressourceneffiziente Modellstadt, geschaffen von Ingenieuren.

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Der Name ist absichtlich ambitioniert gewählt, sagt Kampker. „Manchmal muss man sich aus dem Fenster lehnen, damit man Aufmerksamkeit erzeugt.“ Deshalb heißt sein neuer Verein nun: „Ingenieure retten die Erde“. Der Verein ist bereits angemeldet, eine Homepage gibt es auch schon. Darauf posiert Kampker im roten Hemd auf einer Treppe mit den anderen Gründungsmitgliedern. Ein bescheidener Anfang. Macht nichts, findet Kampker. Das heißt nicht, dass das Projekt nicht noch einmal groß werden kann. Geht es nach Kampker, entsteht aus diesem Verein mal eine ganze Stadt, nachhaltig und ressourceneffizient.

Es gibt nicht viele Universitätsprofessoren, die über ihre Fachbereiche hinaus Bekanntheit erlangen. Achim Kampker gehört zu dem Kreis, die es geschafft haben. Der Ingenieur ist Gründer des Elektrolieferwagens StreetScooter, der heute zu tausenden für die Deutsche Post durch Deutschland fährt. Doch im April hat er sich vom StreetScooter verabschiedet. Nun will er sich dem nächsten Projekt widmen: der Stadt der Zukunft. Kampker nennt es nur „das Humanotop“.

Wo die Modellstadt entstehen soll, ist noch nicht klar. Ab sofort können sich Regionen bewerben, teilt Kampker mit. „Meine Vision ist es, eine Stadt so zu gestalten, dass sie ressourcenneutral ist. Was die Stadt an Energie oder Nahrung benötigt, soll dort auch selbst produziert werden“, sagt Kampker. Er will neue Projekte zur Energieversorgung umsetzen, zu Landwirtschaft in der Stadt, zur Mobilität und auch zur Infrastruktur. Ab Herbst will er dazu Konzepte suchen und ausgestalten.

Für Kampker ist das der logische Schritt nach dem StreetScooter. Als er 2010 anfing, an einem Elektrolieferwagen zu tüfteln, galt er noch als Eigenbrötler in der vom Verbrennungsmotor beherrschten Universitätswelt. Doch die Ausgründung hatte schnell Erfolg, mit der Post arbeitete das Team an den ersten Prototypen für einen Lieferwagen. 2014 kaufte die Deutsche Post das ganze Projekt auf.

Nun, fünf Jahre später, sind 9000 der knallgelben Lieferwagen auf der Straße. Die Post vertreibt den StreetScooter mittlerweile auch an Dritte. Und ist trotzdem nicht mehr so richtig glücklich mit dem Projekt.

Denn mit dem Kerngeschäft der Post haben die Elektrolieferwagen wenig zu tun. Autobauer wollte der Bonner Konzern nie werden. Deshalb wollte die Post-Führungsriege Partner aus der Autobranche suchen, die das Geschäft vorantreiben und internationalisieren. Doch bisher ist der Konzern nicht fündig geworden. Nun hat der Post-Vorstand ein neues Führungsteam an Bord geholt, allesamt mit Erfahrungen in der Automobilbranche. Kampker musste seinen Posten als Geschäftsführer abgeben. Zuerst hieß es, er bleibe als Forschungschef an Bord. Dann gab er doch seine Rückkehr an die Universität bekannt. Er verließ die Post im Streit, heißt es in der Branche.
Kampker will sich dazu nicht äußern. „Der StreetScooter ist eine Erfolgsgeschichte“, sagt er nur. Allerdings sei der Fokus des Unternehmens aktuell die Internationalisierung – und seine Stärke bleibe die Forschung.

Er will nun andere Disziplinen aufrütteln: „Ingenieure haben zu lange nur in den Kategorien höher, schneller und weiter nachgedacht, aber nie über Nachhaltigkeit.“ Kampker will das ändern, er hat diese Mission zum roten Faden in seinem Lebenslauf gemacht. Er selbst hat Maschinenbau studiert, sich dann an der Universität St. Gallen Wirtschaftskompetenz angeeignet. Seit 2009 ist er selbst Professor, erst für Produktionsmanagement, dann für die Produktion von Fahrzeugkomponenten für die Elektromobilität. „Die Philosophie der Ingenieurswissenschaften muss sich ändern“, sagt er. Und wenn er dazu seine eigene Stadt planen muss.

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