Der Chefwechsel bei ProSiebenSat.1 könnte den Weg für eine weitere Konsolidierung frei machen. Allerdings wohl nicht mit der RTL-Gruppe, für die der neue ProSiebenSat.1-Chef Bert Habets viele Jahre arbeitete.
Stattdessen hat Chefkontrolleur Andreas Wiele, selbst erst seit Mai 2022 im Amt, Gespräche mit dem ungeliebten Großaktionär aus Italien aufgenommen. Informierten Kreisen zufolge gab es in den vergangenen Monaten mehrere Treffen zwischen Wiele und Marco Giordani, Finanzchef des italienischen Medienkonzerns MFE MediaforEurope. MFE und ProSiebenSat.1 äußerten sich hierzu nicht.
Die von der Familie des rechtspopulistischen italienischen Politikers Silvio Berlusconi kontrollierte MFE hält 24,26 Prozent an der Senderkette, inklusive Finanzinstrumenten sind es 25,01 Prozent.
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MFE strebt seit Langem an, ProSiebenSat.1 stärker in ihre Wachstumspläne in Europa einzubinden. Exvorstandschef Rainer Beaujean hatte sich dagegen gewehrt und sogar Gespräche mit dem Großaktionär verweigert, wie zuvor schon Exchefkontrolleur Werner Brandt.
Als Wiele im Mai die Brandt-Nachfolge antrat, „war schnell klar, dass er und Beaujean keine Freunde werden“, heißt es in der Sendergruppe.
Wie Brandt ist Beaujean ein extrakorrekter Finanzer. Wiele dagegen hat in 20 Jahren bei Axel Springer verschiedene Bereiche geleitet. Mit dem Niederländer Habets, der aus dem Aufsichtsrat auf den Chefposten wechselt, führt wieder ein Medienprofi ProSiebenSat.1. Würde MFE auf mehr als 25 Prozent aufstocken, könnte die bayrische Medienaufsicht dies untersagen. Zunächst wird erwartet, dass die neue MFE-Deutschlandchefin Katharina Behrends Habets' Posten im Aufsichtsrat übernimmt. Die langjährige NBC-Managerin soll für MFE ein Büro in München eröffnen.