ProSiebenSat.1-Vorstand „Das Fernsehen ist nicht tot“

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ProSiebenSat.1 in der Umbruchphase

Wie gut sind Medienunternehmen aktuell in den Zeiten des Umbaus überhaupt an der Börse aufgehoben? Macht es nicht Mathias Döpfner bei Springer genau richtig, sich mithilfe eines Investors von der Börse zu verabschieden?
Ein Kapitalmarkt, der auf quartalsweisen Berichtszyklen basiert, bringt nicht immer die nötige Geduld für komplexe Transformationsprozesse auf. Als Unternehmen müssen wir aber natürlich sehr entschieden in unsere Zukunft investieren. Ich denke, wir bei ProSiebenSat.1 haben inzwischen aber den Wendepunkt erreicht, das kann man auch an den gerade beschriebenen Fortschritten sehen, die wir in diesem Jahr bereits gemacht haben. Insofern bin ich zuversichtlich, dass der Kapitalmarkt die erfolgreiche Umsetzung unserer Strategie künftig wieder honorieren wird.

2019, so haben Sie das angekündigt, ist ProSieben Sat.1 praktisch Baustelle - wie lange soll der Zustand denn dauern?
Es stimmt, wir befinden uns aktuell in einer Umbauphase – aber wir kommen gut voran. ProSiebenSat.1 hat als deutsches Entertainment- und Commerce-Unternehmen seinen Platz unter den Top 3 der Medienkonzerne in Europa. Wir sind mit Joyn im Streamingmarkt weit vorne, wir bauen mit RTL eine führende Plattform für Werbetechnologie, und wir sind mit der NuCom Group im Commerce-Geschäft ausgezeichnet aufgestellt. Wir sind an vielen Stellen weiter als unsere Wettbewerber in Europa. Der Aktienmarkt beobachtet das mit großem Interesse.

Womöglich mit Interesse, aber offenbar mit wenig Zutrauen, wie der Aktienkurs zeigt. Einen Grund dafür liefern Ihre milliardenschweren Konkurrenten, die gerade noch zahlreicher nach Europa drängen. Im Herbst kommt etwa Disney mit seinem Streamingdienst, und auch Amazon startet mit IMDb TV einen eigenen werbefinanzierten Film- und Serienkanal – fühlen Sie sich da nicht manchmal sehr klein, Herr Conze?
Nein, wir fühlen uns im internationalen Vergleich nicht klein. Das Wichtige ist, dass wir in einer Welt mit Unternehmen, die über Finanz- und Tatkraft wie Amazon verfügen, unsere lokalen Stärken ausspielen. Darauf kommt es an, wenn wir hier Erfolg haben wollen.

Welche Rolle können aber dabei Ihr Dutzend Online-Firmen spielen, ein wildes Sammelsurium aus Partnervermittlung, Vergleichs- und Mietwagenportalen und Erotikversendern, die Sie in der Sparte NuCom führen? 
Unsere NuCom-Unternehmen sind in vier Geschäftsbereichen strukturiert, die alle einen sehr klaren Fokus haben. Deren Zusammenhang mit unseren Sendern ist für mich von Anfang an offensichtlich gewesen, weil ich China gut kenne und dort lange gelebt habe. Die Alibabas und Tencents dieser Welt sind Technologie-Ökosysteme, fokussiert auf einen Verbraucher, dem sie von Entertainment über Gaming bis Social alles anbieten. So lassen sich enorme Synergien heben. Für mich ist das eines der besten Geschäftsmodelle der Welt. 

Wollen Sie ProSieben Sat.1 jetzt ernsthaft mit Alibaba vergleichen?
Nein, wir spielen heute noch nicht in dieser Liga. Aber auch wir können Inhalte miteinander verbinden und so verstärken. Wir sind hier auf einem interessanten Weg. Ein Beispiel: Je mehr Joyn-Abonnenten wir haben, desto mehr wissen wir über ihre Bedürfnisse und Vorlieben. Gleichzeitig besitzen wir Angebote wie Parship oder Verivox. Wenn wir diese Modelle sinnvoll miteinander verbinden, können wir das Leben von Menschen auf eine Art und Weise bereichern, die Nutzen stiftet und wirtschaftlichen Mehrwert schafft.

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