Axel Schweitzer hat gute Nachrichten aus Hongkong mitgebracht. Der 45-Jährige hat dort seinen Zweitsitz - aus guten Gründen: Er und sein Bruder Eric, als Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK) einer der wichtigsten Unternehmensvertreter Deutschlands, hoffen auf Geschäfte mit der bevölkerungsreichsten Nation und ihren Müllbergen.
Den ersten großen Auftrag hat Axel Schweitzer mittlerweile ergattert: Alba soll zehn Jahre lang die alten Kühlschränke, Klimaanlagen, Fernseher und Waschmaschinen der Millionenmetropole Hongkong einsammeln und in einer eigenen Anlage entsorgen. Mit einem Umsatz von über 300 Millionen Euro sei das der größte Auftrag der Firmengeschichte, sagt Schweitzer.
Für Alba ist das ein erster Erfolg nach zwei Jahren voller schlechter Schlagzeilen. Zum zweiten Mal in Folge schrieb die börsennotierte Tochter Alba SE dieses Jahr Verluste: Unter dem Strich häuften sich im vergangenen Jahr 39,9 Millionen Euro Miese an – und damit nur nur ein paar Millionen Euro weniger als 2013, als die Recyclingspezialisten mit 43,6 Millionen Euro Verlust das schlechteste Jahr der Unternehmensgeschichte präsentieren mussten.
Der Umsatz der Kölner Tochter ist seit dem von 1,7 auf 1,6 Milliarden Euro zurückgegangen. Für den Mutterkonzern mit Sitz in Berlin müssen die Schweitzer-Brüder keine Zahlen veröffentlichen. Doch viel besser soll die Situation dort auch nicht aussehen.
Das Familienunternehmen kämpft: Vor allem die miesen Geschäfte in der Stahlbranche machen der Alba Gruppe zu schaffen, die über die Hälfte ihres Umsatzes von insgesamt 2,6 Milliarden Euro mit Metall- und Stahl-Recycling macht. Die europäischen Werke produzieren zu viel Stahl, und gleichzeitig ist der Preis für Roherz im vergangenen Jahr um fast 40 Prozent gesunken.
Damit fällt nicht nur weniger Stahl- und Metallschrott an, für die Hersteller lohnt es sich auch kaum noch, recycelte Materialien anstatt den billigen Rohstoff zu verwenden.
Wie viel Müll jährlich recycelt wird
Recycelt: 100%
Quelle: Statistisches Bundesamt, Stand 2012
Recycelt: 80%
Verbrannt: 20%
Recycelt: 99%
Recycelt: 99%
Biomüll = Park- und Gartenabfälle sowie Abfall aus Biotonnen
Recycelt: 16%
Verbrannt: 84%
Recycelt: 57%
Verbrannt: 43%
Das ist ein Problem, denn seit der Übernahme der Alba SE (früher Interseroh) ist die Unternehmensgruppe hoch verschuldet. Und mittlerweile fällt es den Schweitzer-Brüdern schwer, das Vertrauen ihrer Anleger zu sichern. So machten die alten Interseroh-Inhaber im vergangenen Jahr von ihrem Recht Gebrauch, ihre Aktien an Alba SE zu einem festen Preis an die Unternehmensgruppe zu verkaufen.
Seit dem muss sich Eric Schweitzer, als DIHK-Präsident einer der wichtigsten Unternehmensvertreter Deutschlands, nicht nur mit Fragen zur Erbschaftssteuer herumschlagen, sondern auch mit Gerüchten um Finanzierungsschwierigkeiten seines eigenen Konzerns.
Ein Leuchtturmprojekt
Denn neben der Aktie der Tochter geriet auch die Anleihe der Alba Gruppe unter Druck, mit der sich die Schweitzer-Brüder für Zinsen von acht Prozent rund 200 Millionen Euro bei Privatanlegern leihen. Das Ratingunternehmen Standard&Poors hat seine Bewertung der Anleihe mittlerweile auf "CCC+" gesenkt – Kategorie: hochriskant.
Die Schweitzer-Brüder sind nun auf der Suche nach einem Minderheitsinvestor, der neues Geld in das Unternehmen bringen will und sie bei der Expansion in Asien unterstützen soll. Bis Anfang 2016 soll ein Geldgeber gefunden sein. Auch das Rating der Gruppe wolle man schnell wieder verbessern, sagte Axel Schweitzer. Den Vorsteuergewinn (EBITDA) bei Alba SE konnte er in diesem Jahr bereits um 29 Prozent steigern, nächstes Jahr soll auch unter dem Strich bei der Kölner Tochter wieder ein Gewinn stehen. Die Unternehmensgruppe soll ein Jahr später wieder profitabel sein.
Doch dazu muss Axel Schweitzer das Geschäft noch weiter umstrukturieren. Einige kleinere Standorte aus dem Bereich Schrottrecycling habe man bereits abgestoßen, und auch unprofitable Aktivitäten auf dem Balkan seien eingestellt, sagt Schweitzer. In Deutschland sollen die Schrottplätze mit den Standorten, auf denen Alba Plastik oder Restmüll sammelt und verwertet, zusammengeführt werden.
Lange allerdings bleibt Axel Schweitzer nicht vor Ort, um den Fortschritt der Projekte zu kontrollieren. Er muss wieder zurück nach Hongkong, wo Alba noch in diesem Jahr mit dem Bau der Verwertungsanlage beginnen will. Anfang 2017 soll die Anlage in Betrieb gehen. „Dieser Auftrag ist aus unserer Sicht ein Leuchtturmprojekt“, sagt Schweitzer. Das ist gut, denn ein Licht, dass ihnen den Weg weist, können die Schweizer-Brüder gerade gut gebrauchen.