Red Bull Verlag "Wir wollen eine globale Medienmarke aufbauen"

Red-Bull-Verlagschef Wolfgang Winter über Eiskletterer, die Zusammenarbeit im Medienkonzern des Getränkeriesen sowie die Grenzen zwischen Journalismus und Werbung.

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Red Bull Verlagschef Wolfgang Winter über die Grenzen zwischen Journalismus und Werbung. Quelle: René Wallentin

WirtschaftsWoche: Herr Winter, zum Red Bull Media House gehören neben dem Verlag, für den Sie zuständig sind, unter anderem TV-Produktionen, Buchverlage, Online-Ableger – legt da einer von oben herab fest, welche Stars und Geschichten jetzt über alle Kanäle gefeiert werden müssen?

Das Red Bull Media House ist ein breit aufgestelltes junges Medienunternehmen, das national wie international in vielen Bereichen aktiv ist. Bei der Beurteilung von Projekten und Inhalten arbeiten die Einheiten unabhängig und entscheiden nach journalistischen und wirtschaftlichen Maßstäben, was sinnvoll ist und was nicht. Wir schauen uns dank unserer verschiedenen Kanäle insbesondere sehr genau an, welche Geschichten sich für ein multi-mediales Erzählen eignen. Vergangenes Jahr hatten wir beispielsweise eine phantastische Story über einen amerikanischen Abenteurer, der die zugefrorenen Niagarafälle raufgekletterte. Solch eine Story haben wir dann auf allen unseren Medien begleitet.

Daneben verteilt Red Bull seine Bilder und Filme sehr großzügig auch an andere Medien, um auch außerhalb der Werbeblöcke ins redaktionelle Programm zu gelangen – wie haben Sie eigentlich die Agentur Reuters dazu gebracht, auch Red Bull-Filme zu transportieren?

Die Medienmarke Red Bull

Für den Erfolg der Inhalte ist einzig die Qualität entscheidend. Das Red Bull Media House ist Content-Produktionshaus und Distributionshaus, das sich darauf versteht, hochqualitative und relevante Inhalte zu schaffen die begeistern. Es geht wirklich um die Geschichten, die einzig das Interesse der Konsumenten und über erfolgreiche Reichweiten damit auch das Interesse der werbetreibenden Wirtschaft im Blick haben. Nur ein Beispiel: Zur WM 2014 in Brasilien hatten wir im The Red Bulletin ein Interview mit dem Fußballer Neymar geführt. Die Qualität des Interviews wie die Fotografie war überzeugend. Entsprechend wurde es nicht nur bei uns gelesen, sondern auch von der der Bild-Zeitung wie vielen weiteren internationalen Medien aufgegriffen.

… also Erwähnungen in anderen Medien.

Genau. Wenn die Qualität und die Fotos gut, sowie die Aussagen der Gesprächspartner spannend sind, dann finden die Geschichten in vielen Medien außerhalb unserer eigenen statt. Wir liefern ein hochwertiges, gutes journalistisches Produkt. Nur dann haben wir eine Chance, uns in dieser Kakophonie der Medien durchzusetzen.

Aber es gibt doch deutliche Unterschiede zwischen unabhängigen Medien, die aus journalistischen Gründen ein solches Interview führen, und Ihren Konzern-Medien – Ihre Leute sprechen mit Neymar, weil er Werbepartner von Red Bull ist, das ist doch etwas ganz anderes?

Wir möchten und müssen Leser und User von unseren Medieninhalten überzeugen. Als Verantwortlicher des Publishing-Bereiches mit Zeitschriftenmarken wie Servus in Stadt & Land, Terra Mater, Bergwelten, Seitenblicke sowie The Red Bulletin geht es uns um Qualität und Wirtschaftlichkeit.

"Wir sind ein normales Medienunternehmen"

Auch öffentlich-rechtliche Sender wie das ZDF greifen auf Filme und Bilder zurück, die Red Bull inszeniert hat – da schmuggeln Sie doch sehr geschickt Ihr Bullen-Logo ins TV-Programm?

Ich denke, alle Sender wie Kanäle dieser Welt wissen, dass letztendlich nur die Qualität und damit das Zuschauerinteresse zählt.

Das kann ja jeder sagen …

Wir reden aber nicht nur, wir packen Dinge an. Wir machen Zeitschriften und Onlineinhalte, von denen wir inhaltlich und wirtschaftlich überzeugt sind. Und bei denen wir – wie jeder andere Verlag – in ein wirtschaftliches Risiko treten. So haben wir im letzten Jahr zum Beispiel das Magazin „Bergwelten“ gestartet. Print und digital. In wenigen Wochen startet auch die neue Ausbaustufe  des Online-Auftritts für „Bergwelten“. Wir wollen dabei sehr innovativ wie umfassend sein und glauben, in der Verbindung von 3D-Touren, Hütten-Content, Live-Wetter und Video-Content ein Angebot zu lancieren, das es im digitalen Bereich bisher so noch nicht gab.



…und da haben Sie sicher eine Funktion eingebaut, die dem Wanderer verrät, dass es auf der Hütte Red Bull zu trinken gibt?

(lacht) Nein, eine amüsante Idee, aber das nicht. Wir lassen ihn lieber 3D über die Tour fliegen und wir verraten ihm, was für eine Art von Hütte es ist und ob es eine gute Hütte für Ihren Bedarf ist. Wir beschäftigen aktuell 15 Leute damit, unsere Touren- und oder Hütteninfos zu recherchieren: Was für eine Art von Hütte ist es? Wann hat sie offen, wie ist die Telefonnummer, wie sieht es dort aus? Nach der Getränkekarte fragen sie bislang aber nicht. Stattdessen nach der kulinarischen Hüttenspezialität. Für die meisten Wanderer wohl eine relevantere Information.

Der Nutzen, den dagegen das Magazin „Red Bulletin“ für Ihren Mutterkonzern hat, ist da eindeutiger, das Bullen-Logo prangt ja schon auf dem Titel – wer kauft sich denn bitte ein Werbemagazin?

Dies mag für die Anfangszeit des The Red Bulletin in Teilen durchaus möglich gewesen sein. Wir haben aber The Red Bulletin zu einem spannenden und für viele Männer hochattraktiven Active-Lifestyle-Männer-Magazin weiterentwickelt und etablieren unsere Marke im Segment der weltweiten Männerzeitschriften. Unsere Wettbewerber im Lifestyle-Bereich sind  „GQ“ und „Esquire“, im Fitnessbereich ist es „Men’s Health“. Im Männersegment konzentrieren wir uns somit  auf den „Active Lifestyle“, bringen also viel Sport und Abenteuer, dazu Music und Culture im Heft. Das sind sehr junge Themenfelder, auf denen wir weltweit nicht viele Wettbewerber sehen. Wir sind bescheiden und sehen uns noch nicht auf einem Level mit Men’s Health oder GQ. Aber das Ziel ist ganz klar: Wir wollen mit The Red Bulletin eine globale Medienmarke aufbauen.



Wäre Red Bull Media House Publishing eigentlich ohne die Zuschüsse vom Mutterkonzern überhaupt lebensfähig?

Wir sind ein normales Medienunternehmen und der Zeitschriftenverlag muss sich selbst tragen.

Gelingt Ihnen das bereits?

Nein, aber wir sind auf einem guten Weg. Noch sind wir nicht so weit, aber das liegt jedoch vor allem daran, dass wir viele Projekte neu gestartet haben. Unser Magazin „Bergwelten“ zum Beispiel ist ja gerade erst ein Jahr alt, ist aber mit einer Auflage von knapp 60.000 verkauften Exemplaren schon sehr erfolgreich. Auch „Terra Mater“ ist ein junges Magazin, entsprechend sind wir hier noch nicht in der Gewinnzone, aber wir arbeiten hart daran.

Nicht so gut sieht es bei Ihrer Illustrierten „Seitenblicke“ aus?

Da haben Sie Recht. Wir versuchen, „Seitenblicke“ aber geradezurücken – deshalb kommt unser People-&Style-Magazin statt bisher alle 14 Tage künftig als Monatstitel heraus. Wir erhoffen uns damit höhere Erlöse bei reduzierten Kosten.

Ebenso bauen wir aber auch unsere Marken aus, wenn sie wirklich gut laufen. Nach dem Erfolg von „Servus“ haben wir „Servus Gute Küche“ und „Servus Unser Garten“ gestartet. Dank des großen Erfolgs haben wir „Servus Gute Küche“ in diesem Jahr auch nach Deutschland gebracht. Oder  für „The Red Bulletin“ starten wir mit dem „The Red Bulletin Innovator“ gerade ein Sonderheft über Kreativität, Start-ups und neue Technik. Wir glauben an Print und an journalistische Qualität. Sie ist die Basis und hilft uns, mit den neuen Titeln in einem überschaubaren Zeitraum den operativen Break Even zu schaffen.

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