Der Lübecker Flughafen hat Insolvenz beantragt. Der Flughafen ist seit Jahren Streitthema in der Kommunalpolitik. Bereits 2009 wollten viele Lübecker, dass der Flughafen dicht gemacht wird, weil er sich alleine nicht trägt und die Stadt viel Geld kostet. Ein Bürgerentscheid 2010 verhinderte das. Jetzt scheint der Flughafen endgültig vor dem Aus zu stehen.
Das Amtsgericht Lübeck hat am 23. April 2014 einen vorläufigen Insolvenzverwalter eingesetzt. Spannendes Detail: Den Antrag hat der Notgeschäftsführer Siegmar Weegen gestellt, berichten die „Lübecker Nachrichten“ in ihrer Donnerstagausgabe. Von Weegen war Ende März als Flughafen-Chef zurückgetreten. An seine Stelle sollte der Mohamad Rady Amar treten. Er hatte Ende 2012 als Geschäftsführer der Flughafengesellschaft 3Y den Airport Lübeck für den symbolischen Preis von einem Euro gekauft. Mehrere Millionen Euro wollte der deutsch-ägyptische Geschäftsmann gemeinsam mit einem saudischen Investor im Rücken in den Flughafen stecken. Bis 2018 sollte Lübeck wieder schwarze Zahlen schreiben. Stattdessen tauchte Amar nun plötzlich ab, verkaufte alle Anteile am Flughafen. Auch der saudi-arabische Geldgeber stieg aus.
Plötzlicher Eigentümerwechsel
Als neuer Besitzer und Geschäftsführer von 3Y tauchte am 8. April der Berliner Unternehmer Adam Wagner auf. Der ist allerdings nicht auffindbar. Lübecks Bürgermeister Bernd Saxe: "Trotz verschiedener Versuche von verschiedener Seite - Stadt, Land, Mitarbeiter - gibt es weder zum ausgeschiedenen Alt-Eigentümer noch zu den neuen Eigentümern irgend einen Kontakt." Briefe seien als "unzustellbar" zurückgekommen. Damit der Flughafen wieder handeln kann, hat das Amtsgericht den zurückgetretenen Weegen als neuen Chef bestellt.
Über die Hintergrund des plötzlichen Eigentümerwechsels bei 3Y und den verschwundenen Geschäftsführer lässt sich derzeit nur mutmaßen. Fakt ist, dass die Wirtschaftskanzlei der Flughafengesellschaft 3Y eine mangelhafte Bonität bescheinigt. Nach Informationen des NDR soll auch der eigentliche Eigentümer des Flughafens, die 3Y-Tochter 'Yasmina Flughafenmanagement' Zahlungsrückstand haben. Die Betreiber hatten offenbar bereits seit Oktober keine Miete und Pacht für das Flughafengelände an die Stadt gezahlt. "Im Nachhinein muss man sagen, dass diese ausbleibenden Zahlungen sicher ein Alarmsignal waren", erklärte Saxe gegenüber dem Schleswig-Holstein Magazin. Die Pleite des Flughafens droht für die Stadt teuer zu werden. Denn sie muss dann nicht nur die Betriebsverluste tragen. Kann der Flughafen nicht weiter betreiben werden, müsste sie siebeneinhalb Millionen Euro Fördergeld an das Land zurückzahlen.
Neue Subventionsregeln treffen Flughäfen hart
Von der Pleite direkt betroffen sind rund 100 Mitarbeiter des Lübeck Airport. Sie haben ihre April-Gehälter noch nicht erhalten. "Damit der Luftfahrtstandort Lübeck auch zukünftig gesichert ist, bittet der Lübeck Airport das Land Schleswig-Holstein um Unterstützung bei der Lösung der aktuellen Situation. Dankbar ist der Flughafen für den Rückhalt in Politik und Wirtschaft", ist auf der Website des Lübeck Airport zu lesen. Von Lübeck aus starten unter anderem Maschinen der irischen Billig-Linie Ryanair und der ungarischen Wizzair.
Lübeck ist ein Beispiel für die ungewisse Zukunft vieler deutscher Regionalflughäfen. Von den 22 größten Airports, die im Flughafenverband ADV zusammengeschlossen sind, hatten 2013 nur vier ein Kundenplus von mehr als zwei Prozent – aber 14 ein Minus von bis zu 18 Prozent. Für 2014 rechnet der Verband mit gut zwei Prozent mehr Passagieren. Darüber könnte man sich noch freuen, gäbe es da nicht die neuen strengen Subventionsregeln der Europäischen Union. Die regelt seit Mitte Februar, dass Staaten und Regionalregierungen ihre Flughäfen künftig deutlich weniger fördern dürfen.
Um mit weniger Staatsgeld überleben zu können, müssen die Airports nun mehr sparen sowie die Einnahmen ihrer Läden und Restaurants steigern. Dies wird wohl nicht allen gelingen. „Ich könnte mir vorstellen, dass die Hälfte der Regionalflughäfen in Deutschland verschwinden wird“, sagt Yvonne Ziegler, Professorin für Internationales Luftverkehrsmanagement an der Fachhochschule Frankfurt Lübeck.
Zwar verbietet die EU-Leitlinie nicht wie befürchtet alle Subventionen. Ausgleichszahlungen für operative Verluste sind aber nur noch eingeschränkt und für maximal zehn Jahre möglich. Investitionshilfen sind ebenfalls nur noch begrenzt und für Airports mit maximal fünf Millionen Passagieren erlaubt. Ausnahmen gibt es für den Neubau größerer Flughäfen. „Der Anspannungsgrad für die Flughäfen bleibt unverändert hoch“, sagt Ralph Beisel, als ADV-Chef oberster deutscher Airportlobbyisten.