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Was ist mit los mit ARD und ZDF? Quelle: imago images

Öffentlich-Rechtliche im Wahlkampf: Weniger wäre mehr

Hauke Reimer
Hauke Reimer Stellvertretender Chefredakteur WirtschaftsWoche

Die öffentlich-rechtlichen Sender muten sich zu viel zu – und werden so zur Zumutung. Ein paar Milliarden weniger würden helfen.

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Was ist mit los mit ARD und ZDF? Es geht hier nicht um die alte Frage, ob sie Geld für „Rote Rosen“ und Fußball ausgeben dürfen, sondern um die Kernkompetenz Information, der die Sender ihre Privilegien verdanken. Und da lief vieles schief in diesem Wahlkampf: Wissenschaftsjournalisten des WDR stuften beim Ranking der Klimaprogramme die FDP mal eben von Rang eins auf Rang fünf, mit der platten Begründung, sie würde ihr Programm sowieso nicht durchziehen. Der RBB schob Zuschauern in einem früheren Beitrag einen grünen Abgeordneten als normalen Radfahrer unter, und eine linksradikale Agenturinhaberin besorgte den Sendern Talkgäste – zuletzt schafften es von ihr trainierte Aktivistinnen in die NDR-Wahlarena, ebenso wie eine Politikstudentin, die für einen SPD-Abgeordneten arbeitet, das aber nicht sagte.

Welche politischen Vorlieben Redaktionen haben: geschenkt, darüber zu lamentieren hilft nicht, wie ein Redakteur denkt und berichtet, lässt sich von außen nicht steuern. Niemand will eine Zensurbehörde. Sehr wohl aber ließe sich überprüfen, ob journalistische Standards eingehalten werden, ob üppig alimentierte Redaktionen statt auf Neutralität und Meinungsvielfalt nur auf Haltung setzen – oder die Arbeit gar weitgehend verweigern. So wie bei der Flutkatastrophe, als eine private Lokalstation rund um die Uhr berichtete, im WDR aber Business as usual lief. Das selbe Bild in der Weltpolitik: Die ARD-Berichte zu den Taliban kamen aus Neu-Delhi, während „Bild“ TV-Reporter nach Kabul schickte. Dafür retuschierte der MDR später das „Bild“-Mikrofonlogo aus einem Wahlkampfbericht – lieber manipulieren, als Wettbewerber zeigen.

Derartige Fehler haben selten Konsequenzen. Fragen andere Medien nach, was nicht oft vorkommt – wer kritisiert schon Konkurrenten, wenn es vor der eigenen Tür viel zu verbessern gibt –, bügeln ARD-Pressestellen das routiniert ab.

Keine Frage, die Sender beschäftigen auch viele qualifizierte Kollegen, die gute Programme machen. Und doch drängt sich der Eindruck auf: Hier übt sich ein mit weiter steigenden Gebühren gepäppelter Apparat in Arroganz, verliert Überblick und Kontrolle, weil er überall unterwegs ist. Neosender, Jugendkanäle, Spartenprogramme, Apps, Blogs und Podcasts – sie wuchern in immer mehr Felder, die auch von Privaten zu bedienen wären. Die qualifiziert zu füllen scheint unmöglich. Wenn Abo-Blätter danebengreifen, können Leser kündigen. Wehe aber denen, die das beim Rundfunk versuchen. Sie erleben die Metamorphose des Beitragsservice zur alten GEZ, die schon in der ersten Mahnung mit Gehaltspfändung droht.

Mehr zum Thema: Es geht um 86 Cent: Sachsen-Anhalt hatte die Anhebung des Rundfunkbeitrags zum Jahreswechsel blockiert. Das geht so nicht, sagt das Bundesverfassungsgericht. Was dies für die Reform von ARD und ZDF bedeutet.

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