Reise-Portale Booking.com hängt die Konkurrenz ab – Hoteliers fürchten Übermacht

Die Abhängigkeit der Hoteliers von Booking.com wird immer erdrückender. Konkurrenz-Portale haben das Nachsehen – und die Branche ruft nach der Politik.

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Andere Hotelportale haben gegen den Marktführer kaum noch eine Chance. 65,6 Prozent der Buchungen in Europa laufen über Booking.com Quelle: Reuters

Düsseldorf Ende 2015 schritt bereits das Bundeskartellamt ein: Es sei dem niederländischen Hotelvermittler Booking.com nicht gestattet Hoteliers auf seinem Portal derart rigide zu gängeln, forderten die Wettbewerbshüter.

Der Amsterdamer Onlineanbieter hatte von ihnen verlangt, nirgendwo anders günstigere Zimmerraten oder Buchungsbedingungen auszuloben – nicht einmal an der eigenen Rezeption. Seither beschäftigt der Streit die Gerichte.

Gestoppt haben die Bonner Kartellwächter den mächtigen Vermittler aber mit ihrer Aktion keineswegs. Das enthüllten Zahlen, die der europäische Hotelverband Hotrec am Mittwoch vorgelegt hat.

Über die Fachhochschule Westschweiz ließ er durch eine Befragung bei 3.400 europäischen Hotels ermitteln, wie sich die Abhängigkeit der Herbergen von den großen Online-Plattformen entwickelt hat – mit einem für die Hoteliers niederschmetternden Ergebnis.

So nimmt nicht nur die Bedeutung der Hotelportale im Internet rasant zu – allein in den vergangenen zwei Jahren wuchs ihr Marktanteil am Buchungsgeschäft um drei Prozentpunkte auf 26,1 Prozent, nachdem er 2013 noch bei 19,7 Prozent gelegen hatte.

Gravierender noch: Dem Marktführer Booking.com gelingt es immer stärker, seine Dominanz auszubauen.

65,6 Prozent aller europäischen Portalbuchungen vereinigte der niederländische Anbieter auf sich, dessen Mutterkonzern Booking Holdings von der Nasdaq derzeit mit 105 Milliarden Dollar bewertet wird.

Der Kölner Anbieter HRS, der sich als Nummer drei hinter dem US-Anbieter Expedia (Marktanteil 2017: 12,6 Prozent) einreiht, kam dagegen europaweit nur noch auf 7,8 Prozent – ein Drittel weniger als vier Jahre zuvor.

Selbst im Verein mit den HRS-Töchtern „Tiscover“ und „Hotel.de“ schaffte das von Tobias Ragge geführte Familienunternehmen gerade einmal einen Marktanteil von neun Prozent.

Die Rheinländer haben aus der Übermacht von Booking.com inzwischen Konsequenzen gezogen – und spezialisieren sich fortan in einer Nische: der Hotelvermittlung im Auftrag großer Firmenkunden.

Dadurch aber kommen die Hoteliers immer weniger an Booking.com vorbei, das zusammen mit seiner Tochter „Agoda“ sogar einen europaweiten Marktanteil von 66,4 Prozent auf sich vereint. Denn immer weniger Übernachtungsgäste ordern ihre Zimmer im Hotel selbst.

Mit 52 Prozent waren es 2017 kaum noch die Hälfte – ein Minus von fast sechs Prozentpunkten gegenüber 2013. Auch Investitionen in die eigenen Hotel-Webseiten konnten dies kaum verhindern.

Hier stieg die Buchungszahl seit 2013 gerade einmal um 1,6 Prozentpunkte – auf neun Prozent. Den spärlichen Zuwachs machten Minuszahlen bei den Telefonbuchungen und selbst beim Email-Verkehr aber komplett zunichte.

Selbst Reiseveranstalter hatten unter dem Vormarsch der Online-Buchungsplattformen zu leiden. Ihr Marktanteil im Hotelbusiness schrumpfte seit 2013 um einen Prozentpunkt auf 16,3 Prozent.

So verwundert es nicht, dass sich laut Studie jeder zweite Hotelier von den Portalen unter Druck gesetzt fühlt. Sie hätten Vertragsinhalte, Stornierungsrichtlinien, Sonderrabatte oder Werbeaktionen zu akzeptieren, die man freiwillig nicht anbieten würde, klagen sie. Kleine und unabhängige Hotels fühlen sich dabei noch stärker unter Druck gesetzt als große Hotels oder Hotelketten.

Markus Luthe, Hauptgeschäftsführer beim Hotelverband Deutschland (IHA) und Vorsitzender der „Hotrec Distribution Task Force“, zeigt sich alarmiert. „Die Ergebnisse unserer Studie zeigen, dass Online-Vermittler mehr und mehr Kontrolle über den Hotelvertrieb gewinnen, die Abhängigkeit der Hotels zunimmt und sich die eigenen unternehmerischen Handlungsspielräume verringern“, warnt er.

Hotrec-Vorstandschef Christian de Barrin geht sogar noch einen Schritt weiter. „Die Studie bestätigt, dass politische Regelungen erforderlich sind“, sagt er.

Nur sie könnten „faire und transparente Marktbedingungen im Bereich der Online-Plattformen gewährleisten“. Den Grund liefert de Barrin gleich mit. Angesichts der starken Stellung vor allem von Booking gebe es heute keinen wirksamen Wettbewerb mehr.

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