Kritische Fragen müssen sich neben den Insolvenzverwaltern vor allem die Berater von KPMG gefallen lassen. Ein KPMG-Sprecher wollte mit Verweis auf die „gesetzliche Verschwiegenheitspflicht“ keine Stellungnahme abgeben, wie die Finanzierungsbestätigung der Deutschen Bank geprüft und bewertet wurde.
Ein anderes Statement ist dafür im Protokoll der Gläubigerausschusssitzung namentlich vermerkt. KPMG-Berater Alexander Bischoff sagte demnach, dass „es sich beim Angebot um Capricorn um das wirtschaftlich beste Angebot handelt. Das einzige Risiko bei Capricorn ist das Risiko der Beihilferückforderung und dass bis 15. Dezember 2014 keine Beihilfeentscheidung vorliegt.“ In der Zwischenzeit hat sich jedoch gezeigt, dass bei Capricorn noch weitaus größere Risiken schlummerten, als KPMG erkannt hatte.
KPMG blamierte sich zudem bereits in einer früheren Phase des Verkaufsprozesses, als die Spezialisten das 275-Millionen-Fantasieangebot eines angeblichen Hongkonger Bieters nicht als solches erkannten. Sie gestatteten dem flunkernden Filou Zutritt zum sogenannten Datenraum, wo er Zugriff auf vertrauliche Dokumente und Geschäftsgeheimnisse des Nürburgrings hatte.
Kein Wunder also, dass die Mitglieder des fünfköpfigen Nürburgring-Gläubigerausschusses zu gerne wüssten, wie KPMG zu seiner Risikoeinschätzung für das Capricorn-Angebot gekommen war, wie die Bonität von Capricorn und die Finanzierungssicherheit der Transaktion von KPMG geprüft worden sind. Doch KPMG weicht den unangenehmen Fragen offensichtlich aus.
Ein Sitzungsprotokoll mit Brisanz
Mehrfach stand das Thema schon auf der Agenda, doch bisher gab es keine Informationen für die Mitglieder des Gläubigerausschusses. Bei der jüngsten Sitzung des Gremiums am 2. März etwa sagte Bischoff seine Teilnahme aus privaten Gründen kurzfristig ab. „KPMG kneift und drückt sich mit immer neuen Ausflüchten davor, Rechenschaft über die eigene Arbeit abzulegen“, kritisiert eine mit der Angelegenheit vertraute Person. KPMG äußerte sich auf Nachfrage zu diesem Vorwurf nicht.
Dabei mussten sich die Gläubigerausschussmitglieder und ihre Anwälte auf die im Ausschuss vorgetragenen Angaben verlassen. In einer Hauruck-Aktion hatten die Insolvenzverwalter die Mitglieder am Nachmittag des 10. März für den Folgetag ab acht Uhr zur Sitzung einbestellt. Weder eine umfassende Vorbereitung noch eine sorgfältige Prüfung der Angebote waren da noch möglich.
Lieser und Schmidt beteuern auf Anfrage der WirtschaftsWoche: „Dem Gläubigerausschuss lagen alle zur Entscheidungsfindung maßgeblichen Unterlagen vor, darunter selbstverständlich auch die Finanzierungsbestätigungen der Bieter. Im Übrigen wurden die Mitglieder des Gläubigerausschusses auch vollumfänglich mündlich in der Ausschusssitzung informiert und ihre Fragen beantwortet.“
Das Protokoll der Sitzung liest sich allerdings etwas anders. Es dokumentiert, dass den Mitgliedern ein Berg voll Dokumenten vorgeknallt worden ist. Und hält dann fest: „Aufgrund der Kürze der Zeit war es den Mitgliedern des Gläubigerausschusses nicht möglich, alle Unterlagen intensiv zu sichten. Daher werden alle entscheidungserheblichen Punkte durch die Berater, Geschäftsführer sowie Sachwalter umfänglich dargestellt und in der Beschlussvorlage sowie im Protokoll festgehalten […].“ Das Protokollergebnis ist bekannt: Die Finanzierungszusage sei banküblich und valide.