
Die Mitarbeiterin arbeitet präzise wie eine Maschine: Den Karton öffnen, dann den Schuh rausholen. Einmal wenden, um die Sohlen zu kontrollieren. Ein Blick ins Innere, die Schuhlasche nach vorne ziehen, die Etiketten kontrollieren. Hunderte Male wird sie diese Handgriffe an ihrem Arbeitstag wiederholen. Ändern wird sich nur das Ergebnis der Kontrolle. "Wenn die Sohle beschmutzt wäre, wäre es B," sagt sie. Kategorie B heißt: unverkäuflich. Nur ein Schuh der Kategorie A landet wieder in den Ladenregalen. Die junge Frau arbeitet in der Retourenannahme des Logistikdienstleisters Cycleon. Sie erlebt gerade die stressigsten Tage des ganzen Jahres.
Neben ihr kontrolliert ein Kollege ebenfalls Schuhe, zwei Tische weiter stapeln sich kaputte Toaster. Hier, in der Halle von Cycleon, einer Tochter des Entsorgungsunternehmens RLG, zeigt sich das ganze Ausmaß der Rücksendeliebe der Deutschen. Für den Schuhhersteller Asics sammelt das Unternehmen Schuhe in falschen Größen und Farben ein, für Samsung Elektrogeräte.
Die beliebtesten deutschen Händler
Die Beratungsfirma OC&C hat 30.000 Kunden in neun Ländern befragt. Die hier gezeigten Ergebnisse beziehen sich auf Deutschland. Die Kunden wurden unter anderem zu Preisen, Qualität, Service und Markenvertrauen befragt. Maximal waren 100 Punkte zu erreichen, ein Wert von mehr als 75 gilt als „sehr gut“.
Stand der Veröffentlichung: Dezember 2014.
eBay
Online-Auktionshaus
Indexwert: 79,3 (plus 1,9 Punkte gg. Vorjahr)
Kaufland
Lebensmittel
Indexwert: 79,4 (plus 2,2 Punkte gg. Vorjahr)
Müller
Drogerie
Indexwert: 79,8 (minus 0,2 Punkte gg. Vorjahr)
Globus
Lebensmittel
Indexwert: 79,9 (plus 1,8 Punkte gg. Vorjahr)
Thalia
Bücher
Indexwert: 80,3 (minus 0,7 Punkte gg. Vorjahr)
Douglas
Drogerie
Indexwert: 80,4 (minus 0,7 Punkte gg. Vorjahr)
Rossmann
Drogerie
Indexwert: 80,8 (plus 1,1 Punkte gg. Vorjahr)
Breuninger
Mode
Indexwert: 80,8 (plus 7,5 Punkte gg. Vorjahr)
Amazon
Multisortimenter
Indexwert: 85,0 (plus 2,4 Punkte gg. Vorjahr)
dm
Drogerie
Indexwert: 86,5 (plus 2,3 Punkte gg. Vorjahr)
Für manche Hersteller kümmern sich die Mitarbeiter gleich auch um die Sortierung: Welcher Wasserkocher kann noch repariert werden, welcher Staubsauger ist reif für den Schrott? Auch zurückgesendete Kinderwagen kontrollieren die Mitarbeiter auf Gebrauchsspuren oder kaputte Teile.
Es gibt nichts, was die Deutschen nicht zurücksenden. Rund 280 Millionen Pakete sind es in einem Jahr, haben Forscher der Universität Bamberg berechnet. Damit gelten wir als Retouren-Weltmeister, keine andere Nation bestellt so fleißig Produkte, die sie eigentlich gar nicht haben will. Und das zu keiner Zeit so oft, wie vor Weihnachten.
Hochsaison für Rücksendungen
Bis zu 50 Prozent mehr Pakete müssen die Paketdienste vor den Feiertagen austeilen. Nach dem Fest wandert davon viel zurück: Das Buch, das der Beschenkte schon hat. Der Pullover, der nicht passt. Die Blumenvase, die doch nicht das richtige Geschenk ist. Und all die vielen Pakete, die ihre Empfänger ohnehin nicht rechtzeitig zum Fest erreichen. "Von Dezember bis Januar, ist bei uns Hochsaison", sagt RLG-Chef Patrick Wiedemann.
Und es werden immer mehr Rücksendungen: "Mit dem wachsenden Onlinehandel nimmt auch die Zahl der Retouren jedes Jahr zu", sagt Hilka Bergmann, Expertin des Handelsforschungsinstituts EHI. Über ein Viertel der Onlinehändler vermeldet wesentlich höhere Retourenquoten als vor drei Jahren, so das Ergebnis einer Umfrage des Instituts. Die Hemmungen der Kunden sinken - und die Kosten der Onlinehändler türmen sich.
Der Retourenwahn geht so weit, dass wir uns erst im Internet unsere Schuhe individuell designen, Farbe für Sohle und Schuhlaschen aussuchen, und das gute Stück dann wieder zurückschicken, weil uns unsere eigene Auswahl doch nicht gefällt. Anbietern wie Nike oder Adidas bleibt nichts anderes übrig, als wenigstens zu versuchen, das Zeugnis unseres schlechten Geschmacks in Outlet-Centern zu verkaufen.