Rheintalsperrung Verbände machen Druck auf Bahn und Politik

Seit vier Wochen steht der Zugverkehr zwischen Rastatt und Baden-Baden still. Das ärgert nicht nur Reisende und Pendler. Das hat weitreichende Folgen für den europäischen Güterverkehr. Immer mehr Verbände machen ihrem Unmut Luft.

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An der Baustelle des Bahntunnels Rastatt haben sich Bahngleise abgesenkt. Quelle: dpa

Angesichts der wochenlangen Sperrung der Rheintalbahn verstärken die Verbände des Güterverkehrs den Druck auf die Politik. „Der Wirtschaft, insbesondere den Transportunternehmen, entstehen Schäden in Milliardenhöhe“, sagte der stellvertretene Vorsitzende des Fachausschusses Schienengüterverkehr beim Verband Speditionen und Logistik Nordrhein-Westfalen am Donnerstag in Düsseldorf, Siegfried Wendland. Neben Umsatzausfällen aufgrund der Verspätungen komme es zu erheblichen Mehrkosten. Die Rede ist von einem „Desaster für NRW-Eisenbahnspediteure“. Rund 50 Prozent des Warenaustausches zwischen Nordeuropa und Italien erfolgen laut Aussagen des Verbands über die Achse.

Mitte August waren beim Tunnelbau bei Rastatt Wasser und Erde eingedrungen, woraufhin die Schienen absackten. Seither ist die Strecke gesperrt. Der beschädigte Teil wurde mit Beton stabilisiert. Am Donnerstag begann die Deutsche Bahn mit dem Bau einer ersten Betonplatte über dem beschädigten Tunnelabschnitt. Insgesamt sollen 1100 Kubikmeter Beton in den rund 100 Meter langen und zehn bis elf Meter breiten Abschnitt eingearbeitet werden, wie Projektleiter Frank Roser sagte. Zwei Platten sollen den Tunnel stabilisieren und den Zugverkehr darüber ermöglichen. „Wir halten am 7. Oktober fest, ab 00.01 Uhr sollen die Züge wieder rollen“, sagte Roser.

Am Mittwoch hatten sich bereits zwei Dutzend Verbände und Unternehmen aus dem Transportsektor und dem Naturschutz in einem offenen Brief an Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) und EU-Transportkommissarin Violeta Bulc gewandt. „Das System der europäischen Bahnlogistik steht vor dem Kollaps“, hieß es. Beim Bundesverkehrsministerium hieß es, durch die Sperrung sei „ein erheblicher Schaden entstanden“. Man erwarte, dass der angepeilte Termin zur Wiederinbetriebnahme des Zugverkehrs eingehalten werde.

Im Normalbetrieb verkehren auf der Rheintalstrecke bis zu 200 Güterzüge täglich. Zudem wird die Nord-Süd-Trasse stark von Zügen des Fern- und Nahverkehrs genutzt.

Währendessen versuchen die Firmen und Verbände ihre Transporte auf das Wasser oder auf die Straße zu verlagern - was zu neuen Problemen führt: In Weil am Rhein (Kreis Lörrach) kommt es nach Polizeiangaben deshalb seit mehreren Tagen zu langen Staus. Am Umschlagbahnhof der Stadt komme man nicht mehr mit der Abfertigung der Güter aus Frankreich und der Schweiz nach. Am Donnerstag standen die Lastwagen auf der Autobahn 5 zeitweise auf fünf Kilometern Länge. Die Polizei empfahl Autofahrern, das Gebiet weiträumig zu umfahren.

Beim Verband der Chemischen Industrie (VCI) in Frankfurt registriert man erhebliche Probleme bei der Rohstoffversorgung und Belieferung der Kunden. Etwa die Hälfte der Transporte zu Verbandsmitgliedern werden seit Ende August auf Schiffe oder Lastwagen verlagert. „Es ist sogar schlimmer geworden“, sagte die Leiterin des Verkehrbereiches beim Verband, Andrea Heid. Unternehmen würden nicht im gewünschten Maß mit Rohstoffen versorgt, weil die Transportkapazitäten erheblich eingeschränkt seien. Zum Teil komme es auch zu Totalausfällen.

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