
„Das aus den USA übernommene Shareholder-Value-Prinzip hat sich als Irrweg erwiesen“, sagte Aufsichtsratschef Burkhard Schwenker in einem Interview mit der WirtschaftsWoche. „Die individuelle Gier zum Leitmotiv zu erheben, bringt uns nicht weiter. Die Finanz- und Wirtschaftskrise hat gezeigt, dass das langfristig orientierte europäische Managementmodell und das Setzen auf industrielle Kompetenz dem amerikanischen Beispiel überlegen sind.“
Auch mit der Spekulation auf den Finanzmärkten geht Schwenker hart ins Gericht: „Ich finde es moralisch verwerflich, auf den Niedergang eines Landes zu spekulieren – es geht doch um Menschen!“, empört sich der Berger-Chefaufseher. „Abgesehen davon glaube ich nicht an die Domino-Theorie. Spanien und Italien haben das Potenzial für eine industrielle Basis und einen starken Mittelstand. Beide können ihre Probleme in den Griff bekommen. Aber das wird sicher noch ein gutes Jahr dauern.“ Einen Austritt Griechenlandes aus der Euro-Zone sieht Schwenker gelassen. „Für den Euro-Raum wäre das kein Problem, für Griechenland selbst natürlich schon.“
Europäische Ratingagentur kommt voran
Die Gründung einer europäischen Ratingagentur kommt voran. Bis Jahresende soll von privaten Investoren ein Kapital von rund 100 Millionen Euro für den Betrieb eingesammelt werden, kündigte Burkhard Schwenker, Aufsichtsratsvorsitzender der Unternehmensberatung Roland Berger, im Interview mit der WirtschaftsWoche an: „Das Konzept ist umsetzungsreif.“ Die Initiative sei aber von der Beratungsfirma gelöst worden, um Interessenkonflikte zu vermeiden. Die Gründung wird von Ex-Berger-Partner Markus Krall vorangetrieben, der sich um das Einsammeln des Gründungskapitals kümmert: „Ich bin zuversichtlich, dass Agenturchef Krall diese Summe bis Jahresende zusammenbekommen kann“, sagte Schwenker.
Roland Berger erwartet Wachstum im Beratungsgeschäft
Die Unternehmensberatung Roland Berger erwartet für das Geschäft der Branche in Deutschland 2012 ein Umsatzplus zwischen sieben und knapp zehn Prozent, wie Berger-Aufsichtsratschef Burkhard Schwenker in einem Interview mit der WirtschaftsWoche sagte. Auch langfristig mache er sich keine Sorgen: „Vor allem der Bedarf an guter Strategieberatung wird steigen“, sagte Schwenker. „Die Globalisierung schafft neue Unübersichtlichkeiten.“ Das bewirke, „dass Unternehmen ihre Strategien ständig überprüfen und sich häufiger auch ganz neu aufstellen müssen“.
Einen Zwang zur Konsolidierung sieht Schwenker nur bei den kleineren Beratungsunternehmen. „Viele der Kleinen stehen irgendwann vor der Frage: Wachstum durch Internationalisierung oder Wachstum durch Themenverbreiterung? Beides ist schwierig, und darum sehe ich bei den kleinen Häusern einen Trend, sich zusammenzutun. Einige dürften ganz vom Markt verschwinden.“