RTL Mysteriöse Millionengeschäfte mit Zuschaueranrufen

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Milliardenkonzern RTL

Zwar werden Verträge bei einem Milliardenkonzern wie RTL nicht von einer einzigen Person geschlossen. Dennoch spielte RTL-Manager Max H. in der Geschäftsbeziehung zu Digame eine wichtige Rolle. Er arbeitet für RTL Interactive, die auch für das Televoting zuständig ist. Max H. war für die fachliche Bewertung der Digame-Angebote zuständig. Hätte er die Verträge nicht befürwortet, wären sie womöglich nicht zustande gekommen.

Nach Aussage mehrerer Wegbegleiter war RTL-Manager Max H. stets der Verbindungsmann von Digame-Gründer Klaas B. bei RTL. Sie sagen, Klaas B. habe sich immer seiner „guten Verbindungen zu RTL“ gerühmt. Die habe er „im Sack“ oder „bei RTL muss ich nicht über den Preis diskutieren“, soll er gesagt haben. Klaas B. bestreitet dies. „Wenn ich so etwas gesagt haben sollte“, schreibt er in einer Stellungnahme, „dann war damit gemeint, dass unser Erfolg und gute Dienstleistung uns Sicherheit in dem Geschäftsverhältnis mit RTL gibt.“

Bertelsmanns Geschäftsfelder

Absprachen zwischen Digame und RTL?

Eine interne E-Mail von 2004 deutet jedenfalls auf Absprachen zwischen Digame und RTL hin. Darin schreibt ein Digame-Mitarbeiter auch an Klaas B., dass er beim Sender Super RTL „ein mit RTL New Media abgestimmtes Angebot abgegeben“ habe. Laut einem Unternehmenskenner sollen Klaas B. und RTL-Manager Max H. sich früher regelmäßig getroffen haben. Max H. habe Klaas B. gesagt, welche Zahlen er in Angebote schreiben müsse, damit diese von RTL akzeptiert würden. Digame und Klaas B. widersprechen: Solche Absprachen habe es nicht gegeben.

Gerüchte, dass an der Vertragsbeziehung zwischen RTL und Digame etwas faul sein könnte, kursieren in der Branche schon lange. So schloss RTL mit Digame 2012 einen Vertrag über acht Jahre. Üblich in der Branche sind laut einem Konkurrenten drei, maximal fünf Jahre. Zudem erhielt RTL pro Zuschauer-Anruf direkt nur 32 Cent. Andere Fernsehsender verlangen mehr. Ein früherer Wettbewerber von Digame hatte den Eindruck, bei RTL überhaupt keine Chance zu haben. Ein Verhandlungstermin bei RTL sei überraschend verlaufen, berichtet er: „Es schien von Anfang an die Ansage zu geben, dass der Auftrag bei Digame bleibt.“

Digame gehört formal der Twister, ist aber faktisch eine Beteiligung von RTL

Teilweise lässt sich die enge Verbandelung zwischen RTL und Digame sachlich begründen. „Bei ,Deutschland sucht den Superstar‘ rufen in Spitzenzeiten deutlich mehr als 2000 Zuschauer pro Sekunde an. Gleichzeitig muss eine hohe Zahl von SMS verarbeitet werden. Über beide Teilnahmewege hinweg muss ein Gewinner ermittelt werden. Neben Digame hat nur die Telekom eine Plattform, um diese Anforderungen zu erfüllen“, sagt Marc Schröder, Geschäftsführer bei RTL Interactive.

Teilweise könnte aber auch ein pikantes Detail für die enge Zusammenarbeit zwischen RTL und Digame verantwortlich sein: Seit die Telekom ihr Engagement bei Digame und Twister im Jahr 2005 mit einem seltsamen Deal, der den Konzerngewinn mit 39 Millionen Euro belastete, beendet hat, gehört Digame zwar formal zu 100 Prozent der Twister. Doch letztlich sicherte sich RTL den Zugriff auf das Telekom-Paket an Digame. Digame ist faktisch eine Beteiligung von RTL. Ein Zusammenhang, den der Sender seit Jahren unter der Decke hält. RTL hat dadurch Vorteile. Zum einen, weil das zum Teil schmuddelige Geschäft einem seriösen Sender nicht gerade zur Zierde gereicht. Zum anderen, weil Konkurrenten von RTL – allen voran die Sendergruppe ProSiebenSat.1 – womöglich sonst Digame nicht beauftragen würden. Niemand gibt gern Aufträge an Beteiligungen der Wettbewerber.

Digame gleicht faktisch einer RTL-Beteiligung, weil:

  • der Sender eine Option zum Kauf von 49 Prozent an Digame hält, angeblich zu einem nur symbolischen Kaufpreis
  • und weil RTL schon heute jedes Jahr die Hälfte des Digame-Gewinns vor Zinsen und Steuern bekommt.

Schlechte Geschäfte für Digame wären seitdem auch schlechte Geschäfte für RTL.

Vorerst offen bleibt die Frage, ob Manager aus dem Digame-Umfeld neben ihrer Unabhängigkeit auch noch Bargeld eingesetzt haben, um an den existenzsichernden RTL-Vertrag zu kommen.

RTL-Manager Max H. hatte, unabhängig von jedweden Korruptionsvorwürfen, ein Interesse am Geschäftserfolg von Digame. Zumindest 2006 war er Aktionär eines damals indirekt an der Digame beteiligten Unternehmens, der Mistral Media. Das belegen interne Aktionärslisten. Schon dies deutet auf einen Interessenkonflikt hin: Als RTL-Mitarbeiter sollte Max H. mit Digame möglichst gute Konditionen für RTL aushandeln; als Mistral-Aktionär musste er aber an möglichst hohen Erträgen von Digame interessiert sein. Mistral hielt indirekt zwölf Prozent an Digame.

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