RTL Mysteriöse Millionengeschäfte mit Zuschaueranrufen

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Schweizer Konto?

Der Banker Reto L., der dem RTL-Manager das Schmiergeld übergeben haben will, und Digame-Gründer Klaas B. haben sich im Aufsichtsrat der einst mit Digame verbandelten Mistral kennengelernt. Banker Reto L. sagt heute, dass Klaas B. ihn nach einer Sitzung zur Seite genommen und von einem Freund berichtet habe, der Reto L.s Dienstleistungen in Anspruch nehmen wolle. Mit dem Freund sei RTL-Manager Max H. gemeint gewesen. Klaas B. bestreitet das.

Im Auftrag von Klaas B. will Banker Reto L. über ein bei der Schweizer UBS geführtes Konto die 250.000 Euro für RTL-Manager Max H. geschleust haben. Sicher ist: Im April 2007 landeten auf diesem Konto insgesamt 250.000 Euro, überwiesen von zwei Gesellschaftern der Digame-Mutter Twister, hinter denen der israelische Geschäftsmann Joram S. und Digame-Gründer Klaas B. stehen.

Bargeldübergabe?

Klaas B. und Joram S. bestätigen, dass ihre Gesellschaften das Geld überwiesen haben. Beide behaupten aber auch –, und das scheint bei Geschäftsleuten dieses Kalibers höchst ungewöhnlich – sie hätten nicht genau gewusst und nicht beeinflusst, was mit dem Geld geschehen sollte. Joram S. redet von Manager-Boni. Klaas B. behauptet, S. habe ihn gebeten, Geld auf das Konto zu überweisen, damit er es an eine Person weiterleiten könne, die bei einem Rechtsstreit geholfen habe. Deren Namen will er jedoch nicht nennen. Der Einzige, der den Empfänger kennen will, ist der Schweizer Banker Reto L. Das Geld sei für RTL-Manager Max H. bestimmt gewesen, sagt er. Es sollte auf ein weiteres UBS-Konto mit der Nummer 273–215888 fließen, das einer Gesellschaft namens Camden Management in Panama gehören soll. Die Gesellschaft, so viel ist sicher, gibt es. Interne Dokumente legen nahe, dass RTL-Manager Max H. sich die Daten dieses Kontos zumindest übermitteln ließ. Max H. habe das Geld dort von ihm verwalten lassen wollen, behauptet Banker Reto L. Der RTL-Manager habe ihm eine Kopie seines Passes geschickt, den entsprechenden Dienstleistungsvertrag aber nicht mehr zurückgeschickt, weil sich seine Pläne offenbar geändert hatten. Max H. habe das Geld nun in bar haben wollen, um damit den Umbau eines Hauses finanzieren zu können, will sich der Banker erinnern. Daraufhin soll es zur ersten Geldübergabe von etwa 90.000 Euro im April am Düsseldorfer Flughafen gekommen sein. Max H. wollte hierzu nicht Stellung nehmen.

Laut dem Schriftverkehr, der der Staatsanwaltschaft und der WirtschaftsWoche vorliegt, sollte es in der zweiten Jahreshälfte zu einem weiteren Treffen kommen. Per Mail bittet RTL-Manager Max H. den Schweizer Banker um einen Termin, um „weitere 120“ zu bekommen. Banker Reto L. schlägt ein Treffen in Zürich vor, was Max H. offenbar nicht passt. Am 17. August 2007 schreibt er um 10.46 Uhr zurück: „Ich kann ja mit 120 ungern von Zürich nach Deutschland reisen.“ Einige Tage später schreibt er auf die Frage, bis wann das Treffen laufen müsse: „Wir werden das Haus voraussichtlich in 3–4 Wochen kaufen.“ Bis Mitte Oktober „sollten wir es am besten geschafft haben“. Insgesamt will Reto L. bei mindestens zwei Treffen 250.000 Euro bar übergeben haben.

Hausfinanzierung

Im Gespräch mit einem PwC-Mitarbeiter, der die Vorgänge für RTL 2012 überprüfen sollte, stritt RTL-Manager Max H. die Geldübergabe am Düsseldorfer Flughafen ab. Das sagte zumindest der PwC-Prüfer bei einer Präsentation der Ergebnisse im August 2012. Demnach will Max H. den Banker zwar 2007 einmal in Brüssel getroffen haben, aber nur, um mit ihm über eine alternative Finanzierung für sein Haus zu sprechen. Dass Reto L. als Spezialist für Schweizer Treuhandgesellschaften Sinnstiftendes zum Thema Häuslebau sagen kann, überrascht. An die vorgelegten Mails hatte Max H. keine Erinnerung. Er konnte sich nicht vorstellen, sie geschrieben zu haben. Gegenüber der WirtschaftsWoche wollte er sich nicht äußern.

RTL-Chefin Schäferkordt bekam den Fall auf den Tisch – wenige Tage nachdem sie neben Guillaume de Posch Chefin der RTL Gruppe geworden war. Sie zeigte sich angesichts der Indizien gegen einen ihrer wichtigsten Mitarbeiter geschockt – und versprach, der Sache nachzugehen.

Bilanzprüfung

Als Aufklärer beauftragte die interne Revision der RTL Group PwC. Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft gehört zu den „Big Four“, den weltweit wichtigsten Bilanzprüfern, und hat eine Abteilung für Wirtschaftskriminalität. Doch PwC kann in diesem Fall wohl nicht als völlig unabhängig gelten. Zum einen arbeitete PwC auch für Digame und Twister. Zum anderen ist PwC seit Jahren Bilanzprüfer von RTL und RTL-Mehrheitsaktionärin Bertelsmann. Allein 2013 und 2014 kassierte PwC von beiden zusammen 20 Millionen Euro Honorar. RTL sagt dazu, dass es sich bei den eingesetzten Prüfern um eine organisatorisch getrennte und fachlich unterschiedliche Einheit von PwC handele. Es habe keinen Zusammenhang mit der Arbeit von PwC als Wirtschaftsprüfer gegeben.

Die Prüfer hätten angeblich nachvollziehen können, wie RTL-Manager Max H. sein Haus finanziert habe. Digame-Gründer Klaas B. hätte zudem schlüssige Erklärungen für die Überweisungen in die Schweiz geliefert. Hinweise darauf, dass es zu Korruption gekommen ist, wollen die Prüfer nicht gefunden haben. Ihre Schlussfolgerung, dass RTL zu wenig in der Hand habe, um gegen den eigenen Manager Max H. vorzugehen, ist auf dieser Basis folgerichtig.

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