Sanierung Jetzt geht's bei Air Berlin ans Eingemachte

Weil vorerst kein Partner in Sicht ist, muss Air-Berlin-Chef Hartmut Mehdorn noch schärfer rationalisieren: die fünf wichtigsten Punkte seines Rettungsplans.

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Hartmut Mehdorn Quelle: dpa

Air-Berlin-Chef Hartmut Mehdorn wirkte entspannt, als er Anfang der vergangenen Woche im Berliner Café Einstein zu Abend speiste. Das Wiener Schnitzel und die Karaffe Rosé mundeten ihm, ein Flirt mit der dunkelhaarigen Kellnerin hob die Stimmung. Entgegen seiner sonstigen Gewohnheit ruhten die Hände des ehemaligen Bahn-Chefs meist still neben dem Teller, statt auf dem Tisch zu trommeln.

Ganz konnte der 69-Jährige die Anspannung, die seit seinem Antritt bei Air Berlin im September auf ihm lastet, allerdings nicht verbergen. Wer Mehdorn so da sitzen sah, staunte unweigerlich über einen seiner Begleiter: Dirk Große-Leege, einer der früheren Bahn-Sprecher und ehemaliger Volkswagen-Öffentlichkeitsarbeiter. Der inzwischen selbstständige Berater gilt als ausgewiesener Krisenkommunikator und dient seinem alten Dienstherrn nun bei Air Berlin.

Den Mann kann Mehdorn gut gebrauchen. Denn die Sanierung von Air Berlin, die der krisenerprobte Manager anstelle des langjährigen Chefs Joachim Hunold seit rund 100 Tagen führt, wird von Tag zu Tag schwerer. Noch am vergangenen Dienstag sah es nach einer schnellen Rettung aus. Das „Manager Magazin“ hatte unter Berufung auf Insider behauptet, am nächsten Tag werde Etihad, eine Staatslinie aus dem besonders vermögenden Öl-Emirat Abu Dhabi, einsteigen. Doch aus dem Deal wurde vorerst nichts.

Sanierungsprogramm ausbauen

Nun muss Mehdorn notgedrungen schärfer ans Werk gehen, als er dies in der bisherigen Kürze der Zeit vermochte. Zwar wird er nicht müde, die aktuellen Probleme der Airline vor allem auf Einflüsse von außen zu schieben: die deutsche Passagiersteuer, Streiks der Fluglotsen, die politische Unsicherheit in Ägypten und Tunesien, der hohe Ölpreis.

Intern ist er jedoch ehrlicher. „Wir müssen unser aktuelles Sanierungsprogramm ausbauen“, gab er seinen Leuten vor. In der ersten Generation sollte das im Sommer von Ex-Chef Hunold gestartete Programm „Shape & Size“ das operative Ergebnis bis zum Ende des nächsten Jahres um einen Betrag von 150 Millionen Euro verbessern. Dann hob Mehdorn zu seinem Amtsantritt das Ziel auf 200 Millionen Euro pro Jahr an. „Jetzt rechnen wir mit 220 Millionen Euro“, sagt ein führender Air Berliner. „Intern gehen wir inzwischen sogar von einer Verbesserung von 250 Millionen aus.“

Die Lage ist kippelig

Dafür geht Mehdorn offenbar gründlich zu Werke. Wie die WirtschaftsWoche aus Unternehmenskreisen erfuhr, bekommt Air Berlin ein völlig neues schnelleres Buchungssystem. Daneben baut Mehdorn die Verwaltung um und schrumpft den Flugbetrieb weiter. „Wir schauen unter jeden Stein“, meinte Mehdorn gegenüber Analysten. Das predigte zwar schon Vorgänger Hunold. „Doch jetzt machen sie wirklich ernst“, sagt Peter Büddicker, für Air Berlin zuständiger Fachbereichsleiter der Gewerkschaft Verdi. „Die Lage ist sehr kippelig.“

Mehdorns größtes Problem sind die Finanzen, gepaart mit Ertragsschwäche – ein Geburtsfehler der rot-weißen Fluggesellschaft. In den acht Jahren, für die Air Berlin eine Bilanz veröffentlicht hat, schaffte die Linie nur einmal mehr als zwei Prozent Umsatzrendite. Das laufende Jahr, in dem Konkurrenten wie Easyjet oder Lufthansa trotz höherer Steuern und teurem Sprit erfolgreich sind, wird Air Berlin laut Insidern wohl mit einem Rekordminus von knapp 200 Millionen Euro beenden – doppelt so viel wie im Vorjahr. Die Folgen sind bedrohlich: Trotz aller Sparmaßnahmen türmen sich die Schulden auf 644 Millionen Euro auf – rund 30 Prozent mehr als vor Jahresfrist.

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