SAP, Honda, McDonald's, Starbucks Coronavirus: So reagieren internationale Firmen in China

Die Ausbreitung des neuartigen Coronavirus in China beeinflusst die Arbeit nationaler und internationaler Unternehmen in der Volksrepublik. Quelle: imago images

In China reagieren Firmen mit harten Maßnahmen auf die Ausbreitung des Coronavirus. Kinos, Einzelhändler und Restaurantketten stoppten den Betrieb, Werke bleiben geschlossen und auswärtige Konzerne ziehen Mitarbeiter ab.

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Das neuartige Coronavirus hat China fest in der Hand. Es sei das „große Thema“, sagen Berichterstatter aus der Volksrepublik. Vielerorts ist ein Großteil des Alltags zum Erliegen gekommen, vor allem in der Provinz Hubei. Nahverkehrsverbindungen wurden gestrichen, die Ferien zum Neujahrstag verlängert und die Unternehmen halten Türen und Tore weiter geschlossen.

Im Fokus: die Metropole Wuhan, in der das Coronavirus Anfang Dezember erstmals auftrat. Die zentralchinesische Stadt gilt als Wirtschaftszentrum, ist einer der größten Logistik- und Frachtverteilungsknoten Zentralchinas. Hier stehen mehr als 500 Fabriken und Einrichtungen etwa für Forschung, Planung und Entwicklung. Viele Werke gehören Unternehmen aus der Auto- und Transportbranche. Im Supply-Chain-Ranking des Wirtschaftsnachrichtendienstes Bloomberg belegt Wuhan unter 2000 chinesischen Städten den 13. Platz. Auch viele ausländische Firmen sind hier ansässig: insgesamt 54 japanische Unternehmen, 44 aus den USA und 40 aus Europa. Viele von ihnen ziehen mittlerweile deutliche Konsequenzen aus den immer schwerwiegenderen Nachrichten zur Ausbreitung des Coronavirus, an dem mittlerweile über hundert Menschen gestorben sind. Bislang alle in China. Die Mitarbeiter der Volkswagen Group China in Peking sollen nach den Feiertagen weitere zwei Wochen zuhause bleiben, insgesamt bis 17. Februar von zuhause arbeiten.

Bereits am Samstag hatte der weltweit größte Freizeitparkbetreiber sein Disneyland-Resort in Shanghai geschlossen. Das Unternehmen bat Gästen Rückerstattungen an, die Eintrittskarten für Freizeitparks gekauft oder Zimmer in seinen Hotels reserviert hatten. „Wir werden die Situation weiterhin aufmerksam beobachten und in engem Kontakt mit der lokalen Regierung stehen und das Datum der Wiedereröffnung nach Bestätigung bekannt geben“, hieß es am Wochenende in einer Erklärung. Disney sollte damit nicht allein bleiben.

Auch der US-Kinobetreiber Imax, der in China zahlreiche Kinos unterhält, kündigte an, die Veröffentlichung von Filmen in seinen Kinos in China zu verzögern. Berichten zufolge könnten die Einnahmeeinbußen aus dem chinesischen Neujahr Imax weltweit mindestens 60 Millionen US-Dollar kosten. Wenn die Epidemie noch ein paar Wochen anhält, könne man im ersten Quartal einen Fehlbetrag von 200 Millionen US-Dollar prognostizieren, hieß es in einer Mitteilung von Analysten von MKM Partners.

H&M, mit mehr als 520 Geschäften die fünftgrößte Modekette auf dem chinesischen Markt, schloss laut dem Svenska Dagbladet vorläufig 13 Geschäfte in besonders stark betroffenen Regionen. Auch die drei (nach Umsatz) größten US-Restaurantketten in China, Starbucks, McDonald’s und Domino’s Pizza, schränkten ihre Geschäfte ein. So schloss McDonald’s seine Standorte in fünf Städten der Provinz Hubei, einschließlich Wuhan. Darüber hinaus würden in allen anderen Filialen Chinas (insgesamt sind es rund 3000) zusätzliche Präventionsmaßnahmen durchgeführt, wie die Temperaturmessung der Mitarbeiter bei ihrer Ankunft und der Abgabe von Händedesinfektionsmitteln an die Gäste. Starbucks, insgesamt mit rund 4100 Cafés in China vertreten, gab an, ebenfalls einige Standorte geschlossen zu haben – allerdings ohne weitere Einzelheiten zu nennen. Von den drei größten US-Restaurantketten dürfte das Kaffeehaus aus Chicago, gemessen am weltweiten Umsatz und Betriebsergebnis, am stärksten von dem Ausbruch betroffen sein, schätzt Guggenheim-Analyst Matthew DiFrisco.

Der deutsche Handelsriese Metro hatte zum Wochenauftakt entschieden, seine insgesamt vier Großmärkte in Wuhan zunächst offen zu halten. Dort seien Körpertemperatur-Kontrollpunkte eingerichtet worden, berichtet eine Sprecherin am Montag. Mitarbeiter und Kunden würden als Vorsichtsmaßnahme auf Fieber untersucht. Zudem sei die Häufigkeit der Reinigung und Desinfektion gesteigert worden und Metro-Mitarbeiter bekämen einen Mundschutz gestellt.

Viele Unternehmen, in denen es die Möglichkeit des Homeoffices gibt, baten ihre Mitarbeiter, nicht zum Arbeitsplatz zu kommen. So gab der US-amerikanische Büroraum-Anbieter WeWork, der 55 Standorte in ganz China unterhält, in einer Erklärung bekannt, dass er vorübergehend alle Büros schließe und seine Mitarbeiter ermutigt, von zu Hause oder in privaten Räumen zu arbeiten. Gleiches gilt für die Telekom-Tochter T-Systems: Auch sie bat ihre Mitarbeiter in China nach Möglichkeit aus ihren Wohnungen heraus zu arbeiten.

Auch Softwarehersteller SAP reagiert ähnlich: Um die Mitarbeiter vor dem Coronavirus zu schützen, blieben die Niederlassungen über die Neujahrsferien hinaus geschlossen. Man werde die Niederlassungen zunächst für eine zusätzliche Woche geschlossen lassen und dann weitersehen, sagte SAP-Finanzvorstand Luka Mucic am Dienstag in Walldorf. Die Mitarbeiter könnten in der Zeit von zu Hause aus arbeiten. SAP sei zuversichtlich, dass die Maßnahme keine wirtschaftlichen Auswirkungen hat.

Unternehmen stoppen Mitarbeiter-Reisen nach China

Auch Facebook bat seine Mitarbeiter mit Sitz in China und diejenigen, die kürzlich von Reisen in das Land zurückgekehrt sind, von zu Hause aus zu arbeiten. Zudem sollen die Mitarbeiter des US-Konzerns nicht dringliche Reisen nach China verschieben. „Aus Vorsicht heraus haben wir Schritte unternommen, um die Gesundheit und Sicherheit unserer Mitarbeiter zu schützen“, sagte ein Unternehmenssprecher der Nachrichtenagentur Reuters.

In Deutschland baten zunächst die Autobauer BMW und Volkswagen ihre Mitarbeiter vorerst auf Dienstreisen nach China zu verzichten, wenn sie nicht unbedingt nötig sind, und sie auf später zu verschieben. Kurz darauf folgte der Essener Technologiekonzern Thyssenkrupp: „Thyssenkrupp empfiehlt allen Beschäftigten dringend, zur Sicherheit bis auf weiteres alle Reisen von und nach China zu unterlassen, die nicht unbedingt erforderlich sind“, erklärte ein Sprecher auf Nachfrage. Thyssenkrupp beschäftigt in China rund 17.500 Menschen, davon etwa 350 in einem Unternehmen der Aufzugssparte in der abgeriegelten Metropole Wuhan.

Besonders scharfe Konsequenzen gab es beim bayerischen Unternehmen Webasto aus Stockdorf bei München: Der Automobilzulieferer, der sein größtes Werk weltweit in Wuhan unterhält, hat seinen Mitarbeitern ein China-Reiseverbot für mindestens zwei Wochen erteilt. Dafür gibt es einen konkreten Grund: Der erste deutsche Coronavirus-Fall betrifft einen Mitarbeiter des Autozulieferers.

Andere Unternehmen haben derweil begonnen, ihre Mitarbeiter aus China abzuziehen. So planten die Autobauer Honda Motor PSA zum Wochenauftakt ihre Mitarbeiter aus der am stärksten vom Virusausbruch betroffenen Region auszufliegen. 30 Betriebsangehörige und ihre Familien sollen bei Honda, 38 bei PSA betroffen sein. Auch Nissan plant laut einer Unternehmenssprecherin derzeit die Evakuierung der meisten seiner auswärtigen Mitarbeiter und ihrer Familien aus Wuhan mit einem von der japanischen Regierung versendeten Charterflugzeug. Bei Honda sollten lediglich eine Handvoll Mitarbeiter in Wuhan verbleiben, weil sie für die Aufrechterhaltung des lokalen Betriebs benötigt würden. Auch Indien organisiert gerade die Evakuierung seiner Staatsbürger aus der Region.

Ebenso sollen die Mitarbeiter des in Japan heimischen Internetinfrastrukturanbieters GMO Internet, die in Shanghai und anderen Teilen Chinas arbeiten, einem Bericht der Zeitung Nikkei zufolge nach Japan zurückkehren. Nach der Bestätigung neuartiger Coronavirus-Fälle in Japan soll GMO seine rund 4000 Mitarbeiter im Land zudem aufgefordert haben, von zu Hause aus zu arbeiten.

Chinesen sollen Auslandsreisen verschieben

Andersherum ging am Dienstag eine Bitte an die Chinesen heraus: Aus Angst vor einer globalen Verbreitung des neuartigen Virus haben die Behörden der Volksrepublik allen Chinesen geraten, geplante Auslandsreisen möglichst zu verschieben. Um die Bewegung von Personen über die Grenze zu verringern und damit die Epidemie mit dem Coronavirus einzudämmen, sollten Staatsbürger, die ins Ausland wollten, „den Zeitpunkt der Reise mit Vernunft wählen“, zitierte die amtliche Nachrichtenagentur Xinhua die nationale Verwaltung für Ein- und Ausreisen. „Wenn keine besondere Notwendigkeit besteht, wird empfohlen, den Zeitpunkt der Reise zu verschieben.“

Mit Material von Bloomberg, Reuters und dpa

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