Schienennetz EU und Bund nehmen die Bahn in die Zange

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Bahn zieht Gewinn aus dem Steuerzahler

Bahn-Chef Grube Quelle: Max Lautenschläger für WirtschaftsWoche

Kritiker bemängeln daran nicht nur, dass dies zulasten der Wettbewerber gehe. Denn hohe Infrastrukturpreise schaden, solange das Geschäft im Bahn-Konzern bleibt, nur den Konkurrenten. Wenn Bahn-Töchter für die Fahrt ihrer Regional-, Fern- und Güterzüge über Gleise oder den Halt am Bahnhof bezahlen, fließt das Geld am Ende doch wieder in die Konzernkassen.

Stein des Anstoßes ist vor allem, wie die Bahn die Gewinne ihrer Infrastruktursparten erwirtschaftet. Eine Analyse der Mittelfristplanung zeigt, dass die Bahn ihre Gewinne aus der Infrastruktur überwiegend Investitionen verdankt, die der Steuerzahler übernimmt.

So steckte Konzernchef Grube in den vergangenen beiden Jahren jeweils nicht einmal eine Milliarde Euro aus der eigenen Kasse in Ausbau und Instandhaltung des Netzes. Mehr als fünfmal so viel stammten vom Steuerzahler.

Im Klartext: Nicht die Einnahmen aus der Beförderung von Personen und Gütern sowie aus der Bereitstellung von Schienen, Bahnhöfen und Energie speisen vorwiegend die Investitionen in die Infrastruktur. Größter Finanzier mit rund fünf Milliarden Euro pro Jahr ist und bleibt der Steuerzahler. Dieses Verhältnis bleibt – auch das belegen die internen Zahlen – bis 2016 auf gleichem Niveau (siehe Grafik).

Damit verdeckt Grube wie auch schon sein Vorgänger Hartmut Mehdorn, dass das eigentliche Bahn-Geschäft, also der Transport von Menschen und Gütern, nicht im Entferntesten das Geld einbringt, um die Kosten der Infrastruktur zu decken. Dieses Manko kaschiert die Deutsche Bahn, indem sie in ihrem Anlagevermögen nur die Beträge verbucht, die sie aus eigener Kasse in die Infrastruktur steckt.

Leidtragende sind Kunden und Konkurrenten

Würde sie auch die vom Staat finanzierten Investitionen bilanzieren, wären die jährlichen Abschreibungen so groß, dass jedermann sähe: Zugfahren in Deutschland ist eine vom Steuerzahler hoch gehaltene Veranstaltung – und das volkseigene Schienennetz der Ansaugstutzen für Steuermilliarden sowie willkommenes Instrument, Wettbewerber auszuhebeln.

Wer das Schienennetz finanziert und die Infrastruktur zahlt.

Unmittelbare Leidtragende sind neben den Steuerzahlern die Bahn-Wettbewerber. „Die Infrastrukturpreise laufen uns weg“, sagt Axel Sondermann, Geschäftsführer des Nahverkehrsbetreibers Veolia Verkehr Regio. So schlagen Stations- und Trassenpreise bei Eisenbahnunternehmen mittlerweile mit rund 50 Prozent der Kosten zu Buche. Seit 2002 erhöhte die Bahn sie um fast 20 Prozent.

Ein Ende der versteckten Steuergeldströme und möglichen Diskriminierung von Wettbewerbern ließe sich erreichen, wenn das Infrastruktur- und das Transportgeschäft rechtlich und unternehmerisch voneinander getrennt würden. In der Bundesregierung ist eine solche Radikalreform kein Thema.

Die schwarz-gelbe Koalition verkeilt sich schon bei der Frage, wie sich zumindest die Geldströme innerhalb des Bahn-Konzerns trennen ließen. Dazu müsste, so die Idee der FDP, der Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag beendet werden, mit dem die Bahn-Holding Geld aus der Infrastruktur holt.

Machbar wäre das, wie ein eigens angefertigtes Rechtsgutachten im Auftrag von Minister Ramsauer zeigt. Die „rechtstechnische Umsetzung“ eines Gewinnabführungsverbotes sei „grundsätzlich möglich“, heißt es in dem 35-Gutachten-Papier der Kanzlei Orrick Hölters Elsing.

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