Schienennetz EU und Bund nehmen die Bahn in die Zange

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Keine Trennung von Netz und Bahn

EU-Verkehrskommissar Kallas Quelle: dpa

Doch der Standpunkt der Anwälte verfing bei Minister und Betriebswirt Ramsauer und erst recht bei Bahn-Chef Grube nicht. Beide sind sich einig, eine konsequente Trennung von Netz und Bahnbetrieb nicht weiterzuverfolgen und eine Aufspaltung des Konzerns in eine selbstständige Netz- und eine Transportgesellschaft mit allen Mitteln zu verhindern. Der FDP bleibt als kleinem Koalitionspartner nur, sich dem „Burgfrieden“ vorläufig zu fügen und auf Hilfe von außen zu warten.

Die deutet sich gerade an. Denn die Argumente der Deutschen Bahn für den Erhalt ihres Holdingmodells stoßen in Brüssel auf taube Ohren. Noch im Herbst wird die EU-Kommission einen Gesetzesvorschlag über den Zugang zum Schienenverkehrsmarkt vorlegen.

„Wir haben uns alle Argumente angehört, die gegen eine Entflechtung ins Feld geführt werden“, sagt Keir Fitch, stellvertretender Kabinettschef von EU-Verkehrskommissar Siim Kallas. „Doch sind wir zu dem Schluss gekommen, dass integrierte Bahnmodelle nicht zu dem gemeinsamen Eisenbahnmarkt führen, den sich die Kommission vorstellt.“

Wie sehr die EU-Kommission die Deutsche Bahn in die Zange nimmt, lässt sich auch daran absehen, dass sie in der zweiten Jahreshälfte eine Studie zur buchhalterischen Trennung von Netz und Betrieb vorlegen will sowie eine Gesetzesfolgenabschätzung zur Entflechtung.

Vielleicht kommt ihr auch der Europäische Gerichtshof in Luxemburg zuvor, der wohl bis Oktober im laufenden Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland eine Entscheidung fällen wird, ob der Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag der Bahn-Holding mit ihrer Netztochter rechtens ist. Konkurrenten der Deutschen Bahn spekulieren darauf, dass die Fülle der europäischen Angriffe das Ende der Bahn-Holding einläutet.

Ramsauer will Bahn schärfer kontrollieren

Das wäre Wasser auf die Mühlen der hiesigen Monopolkommission, die seit jeher eine Trennung fordert. Ein aktuelles Sondergutachten betont, die Bahn habe „ein Interesse daran, den Zugang zur Infrastruktur so auszugestalten, dass die eigenen Verkehrsgesellschaften Vorteile gegenüber den Wettbewerbern erhalten“.

Fazit: „Die beste Lösung dieser Problematik besteht in einer vollständigen institutionellen Trennung von Infrastruktur- und Transportgesellschaften, sodass die Anreize für die Infrastrukturbetreiber, bestimmte Eisenbahnverkehrsgesellschaften zu diskriminieren, erheblich reduziert werden.“

Ramsauer will stattdessen die Bahn schärfer kontrollieren. Dazu soll die Bundesnetzagentur mehr Kompetenzen bekommen. Zukünftig sollen die Beamten die Preise für die Benutzung des Schienennetzes und der Bahnhöfe nicht im Nachhinein sowie eher oberflächlich prüfen, sondern vorab genehmigen.

Dazu müsste die Bahn der Behörde ihre Kostenkalkulation bis ins Detail offenlegen. „Eine missbräuchliche Behinderung oder Diskriminierung von Zugangsberechtigten durch die Preisgestaltung“, heißt es im Entwurf des Regulierungsgesetzes, solle so verhindert werden.

Experten der schwarz-gelben Koalition sind skeptisch, ob der Gesetzesentwurf diese Ziele erfüllt. Ihr einziger Trost wären die 36 zusätzlichen Beamte, die in der Bundesnetzagentur für diese Zweck in Dienst gestellt werden sollen. Das wäre eine Aufstockung der bisherigen Bahn-Kontrolleure um rund 70 Prozent.

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