Schifffahrt Diese Satellitendaten zeigen das Ausmaß des Staus am Suezkanal

Satellitendaten zeigen das Ausmaß des Staus am Suezkanal. Quelle: Reuters, Spire/Screenshot

Satellitendaten zeigen, wie die Havarie der „Ever Given“ im Suezkanal abgelaufen ist und wie sie eine der wichtigsten Transportrouten der Welt blockierte. Stillstand für hunderte Schiffe – und Folgen für den Welthandel.

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Mit gleichmäßigem Tempo fährt die „Ever Given“ am Dienstag, den 23. März, gen Norden durch den Suezkanal, rechts von ihr Wüstensand, links bewässerte Felder und kleine Dörfer. Dann, um 7:40 Uhr, geht plötzlich etwas schief – das 400 Meter lange Schiffe legt sich quer und läuft auf Sand auf. Der Wasserweg ist blockiert – und mit ihm eine Lebensader des Welthandels.

Wie die Havarie abgelaufen ist, die weltweit Unternehmen, Reeder, Hafenbetreiber und Terminbörsenhändler in Atem hielt, zeigt eine Simulation auf Basis von Daten aus dem Weltall. Der Satellitenbetreiber Spire hat die Positionsdaten der „Ever Given“ gesammelt und gespeichert – und so die Fahrt im Suezkanal in einem Video rekonstruiert.

Rund um die Uhr kreisen die mehr als 100 Satelliten des Unternehmens um die Erde und fangen mit speziellen Antennen die so genannten AIS-Funksignale sämtlicher Seeschiffe auf. Mit den Signalen geben die Frachter ihre Identität und ihre Position preis. So auch die der „Ever Given“ und aller anderen Schiffe im Suezkanal.

Hier havariert die Ever Given

Mit einer Methode namens Radio-Okkultation sammeln die Spire-Satelliten auch Daten über das Wetter, die als Grundlage für globale Wettervorhersagen dienen. Angaben der Suezkanal-Behörde zufolge habe ein Sandsturm dem Kapitän der „Ever Given“ die Sicht geraubt.

Die Wettervorhersage von Spire um Mitternacht am 22. März sagte tatsächlich Windböen mit Geschwindigkeiten von 13 Metern pro Sekunde und mehr voraus – starker Wind also.

Ein Sandsturm zieht über die Wüste

Die Daten von Spire machten auch das Ausmaß der Schifffahrtskrise deutlich: Laut der Statistik waren in den Tagen vor der Havarie im Schnitt 70 bis 80 Schiffe pro Tag unterwegs. Am Dienstag waren es dann nur noch 19 – etwa der Flüssiggas-Tanker Jotagas oder der Autotransporter Hahj Amina aus Togo.

Für die meisten Frachter hieß es eine Woche lang: Ankern und Warten. Hunderte Schiffe kamen nicht mehr voran, der Suezkanal komplett dicht.



In einer Animation wird der Ablauf der Blockade sichtbar. Darin zeigt sich, wie zunächst dutzende Schiffe noch den Kanal passierten, dargestellt in roten und gelben Punkten. Abwechselnd fuhren ganze Konvois von Schiffen gen Norden und Süden – der Kanal ist in großen Teilen einspurig, die größten Containerschiffe passen gerade so hindurch, Gegenverkehr ist ausgeschlossen.

Am Dienstag dann staute sich plötzlich im Süden der Verkehr (in der Animation ab Minute 1:30) – nichts ging mehr im Kanal. Etwas später dann Bewegung von Norden aus: Hilfsschiffe, die den Frachter wieder sauber in die Fahrrinne ziehen sollten. Südlich, im Roten Meer, häuften sich dann die bunten Punkte auf der Karte: Dutzende Schiffe ankerten und warteten auf Weiterfahrt.

So blockiert die Ever Given den Suezkanal

Einen schlechteren Ort für eine Havarie hätte sich die „Ever Given“ kaum aussuchen können. Mehr als zehn Prozent des Welthandels laufen durch den Suezkanal, der die Seeverbindung zwischen Asien und Europa erheblich abkürzt. Im Jahr 2020 fuhren 18.829 Schiffe durch das Nadelöhr. Im Schnitt acht Unfälle pro Jahr gibt es im Suezkanal – aber eine Blockade wie diese gab es selten.

Für die Weltwirtschaft könnten die Folgen massiv sein. Computer- und Autohersteller warten auf Teile, Rohstoffhändler in Europa auf Öl und verflüssigtes Erdgas. Die Analysten von Lloyd's List schätzen, dass pro Tag Gütertransport im Wert von zehn Milliarden Dollar brachliegt.

Mehr zum Thema: Containerschiffe werden länger und breiter. Das birgt enorme Gefahren und bringt immer mehr Häfen an ihre Grenzen. Nach der Havarie im Suezkanal dürfte die Lobby gegen die Ozeanriesen noch größer werden.

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