Wie veränderungsbereit sind deutsche Hoteliers denn überhaupt?
Gerade in Deutschland haben die Hotelbesitzer eine große Abwehrhaltung gegenüber Technologie – das ist ein sehr deutsches Phänomen und übrigens nicht nur in der Hotellerie der Fall. Hotels haben den Online-Trend verschlafen und Anbietern von Buchungsseiten wie HRS oder Booking.com dieses Geschäft überlassen, jetzt reagieren einige über und legen eine Abwehrhaltung gegen Technologie an den Tag.
Weil diese Buchungsseiten oft 15 Prozent Provision und mehr einstreichen?
Korrekt – für den Service kassieren die Anbieter eine erfolgsabhängige Provision. Eigentlich ein gutes Modell um das Hotel voll zu bekommen, an den Tagen wo man über die eigenen Kanäle keine volle Auslastung zustande bekommt. Hier gibt es aber nach wie vor Hoteliers, welche jegliche Technologie ablehnen. Das macht in einer Welt, wo ein Drittel der Gäste ihr Hotel über das Smartphone buchen, natürlich keinen Sinn.
Auch in Deutschland gibt es immer weniger kleine, familiengeführte Häuser. Der Trend geht zu den großen Ketten und Konzernen, in den vergangenen Jahren gab es wahnsinnig viele auch globale Zusammenschlüsse und Fusionen. Wie verändert das die Hotels und deren Service?
Das ist einer der entscheidenden Punkte. Es gibt einen wahnsinnigen Druck im Markt, die Großen werden größer und die Kleinen müssen aufpassen, dass sie nicht verdrängt werden. In Deutschland sind jedoch noch drei Viertel der Hotels familiengeführte oder kleinere Häuser. Das ist der Mittelstand und das ist das Rückgrat unseres Tourismus.
Und wie hält man als kleines Haus mit Ketten wie Motel One mit? Oder Accor?
Genau das ist die Kernfrage – wie kommt man auf ein Spielfeld mit den globalen Hotelketten. Persönlich bin ich ein riesiger Fan von Motel One. Aber wie soll denn ein kleines Hotel bei diesem Preis, bei diesem Service und dieser Architektur mithalten – die machen das wirklich gut. Das funktioniert nur mit Hilfe der Digitalisierung. Die Hotel-Prozesse müssen reibungslos sein, damit sich die Mitarbeiter wirklich Zeit für den Gast nehmen können. Die Menschen wollen die persönliche Ansprache, sie suchen das einzigartige Erlebnis, sonst hätte Airbnb nicht so einen Erfolg. Digitalisierung ist die einzige Möglichkeit, welche diese Hotels haben, sonst werden die familiengeführten Hotels mittelfristig ums Überleben kämpfen.
Gibt es nicht das Problem der Erwartungshaltung: Wenn mich mein Hotel oder auch eine App wie Conichi nach meinen besonderen Wünschen fragt und ich sage, ich hätte gerne eine Nackenrolle. Und dann hat mein Hotel aber keine Nackenrolle parat für mich. Ist meine Enttäuschung dann nicht nur noch größer?
Das haben wir am Anfang auch gedacht, dass die Gäste glauben, sie würden dann auf einmal alles bekommen. Aber die Kunden erleben so viel schlechten Service, vor allem die Vielreisenden, die sind da abgehärtet. Die rechnen gar nicht damit, dass ihre Wünsche erfüllt werden. Wenn ihnen die Nackenrolle dann doch geliefert wird, machen sie Luftsprünge.
Ihre Familie hat auch ein Hotel…
Ja, meine Mutter hat ein Boutiquehotel, ein kleines Haus mit vier Sternen. Ich bin mit der Hotellerie aufgewachsen.
Und was haben Sie dabei über den Umgang mit kritischen Gästen gelernt?
Da geht es oft gar nicht darum ein Problem zu lösen, sondern für den Gast da zu sein und zuzuhören. Wenn der Koffer verloren ist, kann ich den nicht wieder herzaubern, aber ich kann dem Gast zuhören und ihm Hilfe anbieten. Das ist wie, wenn ich zu einem guten Freund nach Hause gehe und sage: „Ich hab einen scheiß Tag gehabt.“ Manchmal muss man einfach nur Dampf ablassen, das ist im Hotel auch so. Der persönliche Aspekt ist hier entscheidend. Digitalisierung ist nie das Endergebnis, sondern das entscheidende Mittel zum Zweck, um das Erlebnis für den Gast reibungslos und persönlich zu gestalten. Es ist im Bereich der Digitalisierung noch nichts verloren – wären wir im Restaurant hätten wir gerade erst den Brotkorb serviert bekommen.