Schlechter Service Warum Hotels ihre Gäste googeln sollten

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"Viele Hoteliers lehnen jegliche Technologie ab"

Wie veränderungsbereit sind deutsche Hoteliers denn überhaupt?
Gerade in Deutschland haben die Hotelbesitzer eine große Abwehrhaltung gegenüber Technologie – das ist ein sehr deutsches Phänomen und übrigens nicht nur in der Hotellerie der Fall. Hotels haben den Online-Trend verschlafen und Anbietern von Buchungsseiten wie HRS oder Booking.com dieses Geschäft überlassen, jetzt reagieren einige über und legen eine Abwehrhaltung gegen Technologie an den Tag.

Weil diese Buchungsseiten oft 15 Prozent Provision und mehr einstreichen?

Korrekt – für den Service kassieren die Anbieter eine erfolgsabhängige Provision. Eigentlich ein gutes Modell um das Hotel voll zu bekommen, an den Tagen wo man über die eigenen Kanäle keine volle Auslastung zustande bekommt. Hier gibt es aber nach wie vor Hoteliers, welche jegliche Technologie ablehnen. Das macht in einer Welt, wo ein Drittel der Gäste ihr Hotel über das Smartphone buchen, natürlich keinen Sinn.

Die umsatzstärksten Hotels Deutschlands
Platz 16: Center Parcs Bungalowpark Hochsauerland, MedebachIm Ranking der 200 umsatzstärksten Hotels in Deutschland, das die Allgemeine Hotel- und Gastronomie-Zeitung (AGHZ) kürzlich herausgab, teilt sich das Hotel in Medebach eigentlich den 15. Platz mit dem Kempinski-Hotel Airport München. Doch es konnte seine Umsätze gegenüber dem Vorjahr nicht ganz so stark steigern wie das Münchener Haus. Sie stiegen von 30 Millionen auf 30,9 Millionen Euro und liegt mit 2,9 Prozent Umsatzplus unter dem Durchschnitt der 200 umsatzstärksten Hotels in Deutschland. Dieser lag laut Marktforschern der AGHZ bei 3,9 Prozent. Foto: Center Parcs Quelle: Presse
Platz 14: Steigenberger Airporthotel FrankfurtDas Steigenberger Hotel nahe des Flughafens in Frankfurt konnte seine Umsätze zwischen 2011 und 2012 von 30,2 Millionen auf 31,1 Millionen Euro steigern und landete auf dem 14. Platz der 200 umsatzstärksten Hotels, es verbesserte sich damit um einen Rang.Foto: Steigenberger Airporthotel Frankfurt Quelle: Presse
Platz 13: Weissenhäuser StrandDas Hotel im Ostseebad Weissenhäuser Strand erwirtschaftete 2012 einen Umsatz von 31,9 Millionen Euro, 900.000 Euro mehr als im Vorjahr. So erfolgreich wie die Hotels auf den vorderen Plätzen des Rankings waren allerdings nicht alle unter den Top 200 der deutschen Hotels. Während 2011 noch 87,4 Prozent ein Umsatzzuwachs von damals durchschnittlich 5,7 Prozent verzeichneten, schafften im vergangenen Jahr nur noch 79,8 Prozent eine Steigerung. Stattdessen erlebten 16,2 Prozent einen Rückgang, das sind knapp fünf Prozent mehr als 2011. Foto: Weissenhäuser Strand Quelle: Presse
Platz 12: Grand Elysée HamburgDas Grand Elysée in Hamburg musste sich zwar mit einem leichten Umsatzrückgang von 32,8 Millionen Euro in 2011 auf 32,3 Millionen im vergangenen Jahr zufrieden geben, hielt aber seinen Rang im Ranking der umsatzstärksten Hotels. Auch wenn es sich im oberen Segment bewegt, mit dem Umsatzeinbußen liegt das Hamburger Haus nicht im Trend. Der Durchschnittsumsatz der 200 Hotels stieg insgesamt an, von 16,7 Millionen auf 17,2 Millionen Euro. Grund dafür war auch, dass die durchschnittliche Zimmeranzahl stieg, und zwar auf nunmehr 327 Räume. Foto: Grand Elysée Hamburg Quelle: Presse
Platz 11: Hilton BerlinDas Hilton verbesserte sich nicht nur von Rang 13 auf Rang 11 im Ranking der umsatzstärksten Hotels, sondern setzte im vergangenen Jahr auch deutlich mehr um: Statt 31,4 Millionen Euro 2011 waren es nun schon 35,1 Millionen Euro. Insgesamt zeigt sich in der Hotellerie-Branche im oberen Marktbereich noch keine Tendenz zu sinkenden Einnahmen oder Überforderung mit den Kosten. Dennoch zeigen sich Branchenvertreter, vor allem aus dem Bereich der auf Urlauber ausgelegten Hotels skeptisch. Frank Nagel, Geschäftsführer von Arosa Hotels& Ressorts sagt: „Die Gewinnmargen in der deutschen Ferienhotellerie sind im Gegensatz zu vielen anderen europäischen Regionen sehr gering.“ Die Top 200 Hotels sind zwar noch am wenigsten von diesem Preiskampf betroffen, für die gesamte Branche gilt dies jedoch laut Branchenreport des Verbandes IHA umso mehr: Verglichen mit den Häusern im europäischen Ausland liegen die Zimmerpreise der 900 befragten Hotels zehn Prozent unter dem Durchschnitt.Foto: Hilton Berlin Quelle: Presse
Platz 10: The Westin Grand MünchenHotels in Großstädten wie München, die auch viele Business-Reisende beherbergen, sind zwar nicht von Tourismus-Trends abhängig, haben dafür aber andere Sorgen: Steigende Energiepreise und steigende Lebensmittelpreise. Das Münchener Westin Grand verzeichnete 2012 zwar einen Umsatzzuwachs von 34,4 Millionen auf 36,1 Millionen Euro. Doch auch die führenden der Branche haben Sorgen, was die Versorgungspreise und politische Entscheidungen angeht. Foto: The Westin Grand München Quelle: Presse
Platz 9:Park Inn Berlin-AlexanderplatzEtliche Hoteliers befürchten starke Belastungen, falls nach der Bundestagswahl eine rot-grüne Koalition an die Macht kommt und die vergünstigte Mehrwertsteuer auf Hotelübernachtungen wieder abschafft. Seit 2010 gilt für das Gastgewerbe der vergünstigte Satz von sieben Prozent Umsatzsteuer, der beispielsweise auch für Druckerzeugnisse gilt. Die Maßnahme setzte damals die CSU durch – was von vielen Beobachtern als Klientelismus kritisiert wurde. Wie auch immer sich die Situation in den kommenden Jahren verändern wird, 2012 überholte das Park-Inn zunächst einmal das Münchener Westin Grand und schob sich mit 36,2 Millionen Euro Umsatz auf Rang 9 vor. Foto: Park Inn Berlin-Alexanderplatz Quelle: Presse

Auch in Deutschland gibt es immer weniger kleine, familiengeführte Häuser. Der Trend geht zu den großen Ketten und Konzernen, in den vergangenen Jahren gab es wahnsinnig viele auch globale Zusammenschlüsse und Fusionen. Wie verändert das die Hotels und deren Service?
Das ist einer der entscheidenden Punkte. Es gibt einen wahnsinnigen Druck im Markt, die Großen werden größer und die Kleinen müssen aufpassen, dass sie nicht verdrängt werden. In Deutschland sind jedoch noch drei Viertel der Hotels familiengeführte oder kleinere Häuser. Das ist der Mittelstand und das ist das Rückgrat unseres Tourismus.

Und wie hält man als kleines Haus mit Ketten wie Motel One mit? Oder Accor?

Genau das ist die Kernfrage – wie kommt man auf ein Spielfeld mit den globalen Hotelketten. Persönlich bin ich ein riesiger Fan von Motel One. Aber wie soll denn ein kleines Hotel bei diesem Preis, bei diesem Service und dieser Architektur mithalten – die machen das wirklich gut. Das funktioniert nur mit Hilfe der Digitalisierung. Die Hotel-Prozesse müssen reibungslos sein, damit sich die Mitarbeiter wirklich Zeit für den Gast nehmen können. Die Menschen wollen die persönliche Ansprache, sie suchen das einzigartige Erlebnis, sonst hätte Airbnb nicht so einen Erfolg. Digitalisierung ist die einzige Möglichkeit, welche diese Hotels haben, sonst werden die familiengeführten Hotels mittelfristig ums Überleben kämpfen.

Gibt es nicht das Problem der Erwartungshaltung: Wenn mich mein Hotel oder auch eine App wie Conichi nach meinen besonderen Wünschen fragt und ich sage, ich hätte gerne eine Nackenrolle. Und dann hat mein Hotel aber keine Nackenrolle parat für mich. Ist meine Enttäuschung dann nicht nur noch größer?

Das haben wir am Anfang auch gedacht, dass die Gäste glauben, sie würden dann auf einmal alles bekommen. Aber die Kunden erleben so viel schlechten Service, vor allem die Vielreisenden, die sind da abgehärtet. Die rechnen gar nicht damit, dass ihre Wünsche erfüllt werden. Wenn ihnen die Nackenrolle dann doch geliefert wird, machen sie Luftsprünge.

Ihre Familie hat auch ein Hotel…

Ja, meine Mutter hat ein Boutiquehotel, ein kleines Haus mit vier Sternen. Ich bin mit der Hotellerie aufgewachsen.

Und was haben Sie dabei über den Umgang mit kritischen Gästen gelernt?

Da geht es oft gar nicht darum ein Problem zu lösen, sondern für den Gast da zu sein und zuzuhören. Wenn der Koffer verloren ist, kann ich den nicht wieder herzaubern, aber ich kann dem Gast zuhören und ihm Hilfe anbieten. Das ist wie, wenn ich zu einem guten Freund nach Hause gehe und sage: „Ich hab einen scheiß Tag gehabt.“ Manchmal muss man einfach nur Dampf ablassen, das ist im Hotel auch so. Der persönliche Aspekt ist hier entscheidend. Digitalisierung ist nie das Endergebnis, sondern das entscheidende Mittel zum Zweck, um das Erlebnis für den Gast reibungslos und persönlich zu gestalten. Es ist im Bereich der Digitalisierung noch nichts verloren – wären wir im Restaurant hätten wir gerade erst den Brotkorb serviert bekommen.

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