Schnittchen aus, Strategie vom Stellvertreter Die kuriose Hauptversammlung von Vapiano

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Franchise-Nehmer sollen Geld einbringen

Auch sonst bemühten sich die Manager, die Wogen der vergangenen Tage zu glätten. Finanzvorstand Lutz Scharpe betonte, der nun infrage stehende Erlös aus dem Verkauf des US-Geschäfts sei nicht in den Budgetplanungen des laufenden Jahres enthalten gewesen, Vapiano bis 2022 finanziert. Ein möglicher Wegfall von Verkaufserlösen aus dem US-Geschäft würde daher keine Löcher reißen. Laut Vorstandskollege Johann Stohner behalte der Kaufvertrag mit dem US-Investor nach wie vor seine Gültigkeit. Nur die Vereinbarung, exklusiv mit Plutos Sama zu verhandeln, sei gelöst worden. Vapiano werde das US-Geschäft, in dem der Kölner Konzern den Betrieb von sechs Restaurants bündelt, nun in einem strukturierten Prozess verkaufen. Laut Restrukturierungsexperte Stohner sei eine Lösung bis Jahresende realistisch; das daraus möglicherweise fließende Geld „hochwillkommen“.

Dass Vapiano Geld braucht, wurde auf der Hauptversammlung ebenfalls deutlich. Auf die Frage eines kritischen Kleinaktionärs, ob für Vapiano in der Vergangenheit die Gefahr einer Insolvenz bestanden habe, besprach sich Finanzvorstand Scharpe einige Momente mit einem ebenfalls auf dem Podium sitzenden Rechtsanwalt und antwortete schließlich ausweichend: „Es bestand zu jeder Zeit eine positive Fortführungsprognose.“

Um die Finanzen des angeschlagenen Konzerns kurzfristig zu verbessern, will Vapiano Restaurants vermehrt an Franchise-Unternehmer verkaufen. Das Konzept ist in der Systemgastronomie weit verbreitet. McDonald's etwa betreibt mehr als 90 Prozent seiner weltweiten Standorte mit diesem Modell. Bei Vapiano hingegen hatten zum Jahreswechsel nur in 90 von 231 Standorten Franchise-Partner das Sagen. Das soll sich nun ändern und Franchise-Unternehmer sollen Vapiano Standorte abkaufen. Die Verkaufserlöse brächten Geld in die Kasse, so Sanierer Stohner. Steigen Subunternehmer als Restaurantbetreiber ein, müsste Vapiano auch weniger Geld für Investitionen bereitstellen. Und schließlich seien von Franchise-Partnern geführte Vapiano-Restaurants im Durchschnitt profitabler als vom Unternehmen selbst geführte Lokale.

Standortschließungen und kürzere Speisekarten

Die designierte Vorstandschefin Hall will zudem die Strategie ihres Vorgängers fortsetzen, um die Probleme von Vapiano in den Griff zu bekommen. So soll die Expansionsstrategie teilweise rückabgewickelt werden, das verlustträchtige Geschäft außerhalb Europas wollen die Kölner loswerden. Neben den USA ist Vapiano derzeit noch in China und Australien präsent. In Deutschland sollen Standorte schließen. Derzeit sind 14 Vapiano-Restaurants hierzulande defizitär. Dichtmachen will der Konzern noch in diesem Quartal das Lokal in München-Pasing. Weitere Standorte werden folgen, so Chef Everke. Auch in den Restaurants selbst will das Unternehmen ansetzen: Um die Wartezeiten zu verkürzen, soll die Speisekarte wieder simpler werden. Vapiano habe sich in der Vergangenheit „verzettelt“, erklärte Everke.

Aktionäre sehen die Pläne offenbar positiv: Auf der Hauptversammlung stimmten sie mit Mehrheiten von 99 und 96 Prozent für die Entlastung der Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder für das abgelaufene Geschäftsjahr. Das ist angesichts der Tatsache, dass Vapiano hohe Verluste schreibt und die Aktie mehr als vier Fünftel ihres Werts eingebüßt hat, ein sehr gutes Ergebnis.

Allerdings befinden sich nur 18 Prozent der Aktien im Streubesitz, nur ein kleiner Teil davon hat auf der Hauptversammlung abgestimmt. Ihrem Unmut über das verspätete Mittagessen konnten Kleinaktionäre folglich keinen Ausdruck verleihen. Die meisten waren nach der Mittagspause ohnehin verschwunden.

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