„Schwierigkeit mit drei Buchstaben“ 737-Max-Debakel durchkreuzt Ryanairs Wachstumspläne

737-Max-Desaster: Ryanair leidet unter Boeing-Problemen mit Flugzeugtyp Quelle: dpa

Ryanair hat 135 Exemplare der 737 Max bestellt, aber wegen des Flugverbots noch keine einzige Maschine erhalten. Die Einsparungen, mit denen O'Leary gerechnet hatte, bleiben damit erstmal aus – mit Folgen fürs Wachstum.

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Das Flugverbot für Boeings Mittelstreckenjet 737 Max wirft Europas größten Billigflieger Ryanair bei seinen Wachstumsplänen weit zurück. Die Gesellschaft werde die Schwelle von jährlich 200 Millionen Passagieren ein bis zwei Jahre später erreichen als bisher geplant, teilte die irische Gesellschaft am Montag in Dublin mit. Statt im Geschäftsjahr bis Ende März 2024 werde dieses Ziel erst 2025 oder 2026 erreicht.

Der Ryanair-Konzern betreibt mehr als 470 Mittelstreckenjets. Dabei handelt es sich fast durchweg um die herkömmliche Boeing 737, nur der österreichische Ryanair-Ableger Lauda ist mit dem Konkurrenzmodell Airbus A320 unterwegs. Von der spritsparenden Neuauflage 737 Max haben die Iren 135 Exemplare bestellt, aber wegen des Flugverbots noch keine einzige Maschine erhalten. Ursprünglich wollte er im Sommer 58 Maschinen des Typs in der Luft haben. Von den Einsparungen, die sich die Airline durch den geringeren Kerosinverbrauch des Modells verspricht, dürfte wegen der verspäteten Auslieferungen erst in etwa einem Jahr etwas zu sehen sein.

„Wir haben eine Schwierigkeit – und die hat drei Buchstaben“, sagte Ryanair-Chef Michael O'Leary in Bezug auf Boeings Mittelstreckenjet im Januar im Interview mit der WirtschaftsWoche. Mit der Auslieferung der ersten Boeing 737 Max rechnet O'Leary inzwischen womöglich erst im Oktober 2020, sagte er der WirtschaftsWoche. Von den Einsparungen, die sich die Airline durch den geringeren Kerosinverbrauch des Modells verspricht, dürfte daher erst Ende des kommenden Geschäftsjahrs etwas zu sehen sein.

Nach dem Absturz zweier Maschinen des Typs mit insgesamt 346 Toten gilt seit März 2019 ein weltweites Startverbot für die „Max“. Boeing rechnet inzwischen damit, dass das Verbot erst Mitte 2020 aufgehoben wird.

Die Ryanair-Führung baut weiter auf den Erfolg der „Max“ und den im Vergleich zum Vorgängermodell geringeren Kerosinverbrauch, den das Flugzeug seinen deutlich größeren Triebwerken verdankt. Dennoch zieht Ryanair gleichzeitig auch Konsequenzen aus den Verzögerungen – oder denkt zumindest sie zumindest an. So sind nach Informationen der WirtschaftsWoche Verhandlungen über den Kauf von Airbus-Maschinen im Gespräch. So soll die österreichische Ryanair-Tochter Laudamotion Mittelstreckenflugzeuge vom Typ A320 und A321 bekommen.

Trotz des 737-Max-Ärgers kann sich O'Leary dennoch mit den Geschäftsergebnissen zufrieden zeigen: Für das laufende Geschäftsjahr peilt Ryanair weiter einen Milliardengewinn an. Die Gesellschaft werde die Schwelle von jährlich 200 Millionen Passagieren ein bis zwei Jahre später erreichen als bisher geplant, teilte Ryanair bei der Vorlage der Quartalszahlen am Montag in Dublin mit. Statt im Geschäftsjahr bis Ende März 2024 werde dieses Ziel erst 2025 oder 2026 erreicht. Im abgelaufenen dritten Geschäftsquartal bis Ende Dezember flog Ryanair dank einer ungewöhnlich starken Nachfrage und gestiegener Ticketpreise schwarze Zahlen ein. Unter dem Strich stand ein Gewinn von 88 Millionen Euro nach einem Verlust von 66 Millionen ein Jahr zuvor. Im reiseschwachen Winterhalbjahr schreiben Airlines in der Regel rote Zahlen oder kratzen allenfalls an der Gewinnschwelle. Ihre Gewinne erwirtschaften sie vor allem in der Hauptreisezeit im Sommer.

Während die Zahl der Fluggäste um sechs Prozent auf 35,9 Millionen stieg, sprang der Umsatz um 21 Prozent auf 1,9 Milliarden Euro nach oben. Allein die Ticketpreise stiegen um neun Prozent, die Zusatzerlöse etwa für bevorzugtes An-Bord-Gehen und die Auswahl von Sitzplätzen legten um 28 Prozent zu.

Dank des unerwartet guten Geschäftsverlaufs hatte die Ryanair-Führung Anfang Januar ihre Gewinnprognose angehoben. Im Ende März schließenden Geschäftsjahr soll der Gewinn seither 950 Millionen bis 1,05 Milliarden Euro erreichen. Zuvor hatte O'Leary 800 bis 900 Millionen Euro in Aussicht gestellt, nachdem das Ergebnis im Vorjahr auf 885 Millionen Euro eingebrochen war.

O'Leary hält sogar ein Wachstum, wie es früher bei Ryanair üblich war, wieder für möglich. „Sobald wir endlich die verdammten Max-Jets haben“, sagte der Airline-Chef in üblicher Manier im Januar im WirtschaftsWoche-Interview. „Denn wir haben derzeit mehr verführerische Angebote von Flughäfen denn je. Wir werden weiter wachsen.“

Mehr zum Thema lesen Sie hier: Ryanair-Tochter Laudamotion prüft Großbestellung bei Airbus

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