Scooter-Anbieter Coup gibt auf Sharingdienste in der Krise

Seite 2/2

Sharing: Beobachter erwarten eine Marktbereinigung

Den Optimismus haben auch andere Sharingunternehmen nicht verloren. Dabei scheint es auch in der Kickroller-Branche erste Opfer zu geben. Jedenfalls laufen die Spekulationen gerade heißt. Die Nachrichtenseite Techcrunch veröffentlichte Gerüchte über finanzbedingte Entlassungen beim Tretroller-Anbieter Circ. Das Berliner Unternehmen des Mehrfach-Gründers Lukasz Gadowski soll keine neuen Investoren finden und ohnehin nicht so finanzstark ausgestattet sein wie die Wettbewerber Voi aus Schweden, Bird und Lime aus den USA und Tier aus Berlin. Anders als beim Scooter-Verleih für Tempo 50 mit mehr oder weniger zwei Anbietern in Deutschland, schlagen sich ein halbes Dutzend Anbieter im Verleih von Kickrollern (oder Scootern bis Tempo 20) in einem scheinbar überhitzten Markt.

Die Konsolidierung ist laut Experten nur eine Frage der Zeit. Wie bei den Scootern ist die Nachfrage nach den E-Tretrollern durchaus vorhanden. Die Anbieter berichten über millionenfache Buchungszahlen seit Start im Sommer 2019. Eine Ausleihe kostet mindestens einen Euro – plus 15 Cent pro Minute. Gleichwohl kämpfen sie mit hohen Betriebskosten. Der Hoffnungsschimmer: Bislang mussten die Roller ganz eingesammelt und aufgeladen werden. Künftig versprechen sich Lime und Tier, die operativen Kosten durch Tausch-Akkus senken zu können.

Die Betriebskosten sind daher die Achillesferse der Sharingdienste. Das laufende Geschäft ist personalintensiv. Die Unternehmen brauchen Mitarbeiter als Akkutauscher, an der Hotline, in Werkstätten und für Buchhaltung und Marketing. Nur wer die Kosten in den Griff bekommt, kann dauerhaft reüssieren.

Beobachter erwarten daher schon bald eine Marktbereinigung. Verkehrsforscher Andreas Knie hat gegenüber der WirtschaftsWoche bereits mehrfach gesagt: „Ohne eine Kommune oder einen finanzkräftigen Unternehmenssponsor ist ein Sharingsdienst aus betriebswirtschaftlicher Sicht nachhaltig schwer zu betreiben.“ Anbieter des öffentlichen Personennahverkehrs oder große Konzerne könnten diese Rolle übernehmen.

Wie schwer das Business in der Sharingindustrie ist, zeigen auch die Bremsspuren beim Milliardenkonzern Uber. Das US-Unternehmen, das vor rund zehn Jahren gegründet wurde, setzte im vergangenen Jahr zwar mehr als elf Milliarden Dollar um. Doch das Wachstum wurde mit Milliardenverlusten erkauft – und wird zunehmend ausgebremst.

Und nun entzog die Londoner Transportbehörde TfL Uber die Fahrlizenz. Grund seien Sicherheitsbedenken, weil ein Großteil der Fahrten von unlizenzierten Fahrern durchgeführt wurde. Die Aktie verlor kräftig. London gilt als Prestigeregion. 3,5 Millionen Nutzer hätten sich die App runtergeladen. 45.000 Fahrer sind dort beschäftigt. Fehlende Nachfrage ist also nicht das Problem, in diesem Fall eher die Gesetze – beziehungsweise die Missachtung dieser.

In Deutschland sind Taxiverbände mehrfach erfolgreich gegen Uber vorgegangen. Das liegt zwar auch an dem teils völlig überholten Personenbeförderungsgesetz (PbefG), das Verkehrsminister Andreas Scheuer nach wie vor nicht novelliert hat. Doch solange die Gesetze sind, wie sie sind, tun sich Anbieter der geteilten Mobilität schwer. Die Sharing-Revolution auf der Straße lässt noch auf sich warten.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%