Man mag von YouTube halten, was man will. An der Alphabet-Tochter gibt es vieles zu kritisieren. In Erinnerung geblieben ist etwa die Art und Weise, wie die größte Videoplattform der Welt im Streit um das europäische Urheberrecht mit einseitigen Informationen gegen Upload-Filter versuchte, die Gesetzgebung zu beeinflussen.
Geht es jetzt allerdings um den Streit mit der deutschsprachigen Version des vom russischen Staat finanzierten Kanals Russia Today, der sich RT DE nennt, kann es eigentlich keine zwei Meinungen geben: YouTube handelt richtig, wenn es die beiden RT DE-Kanäle von seiner Plattform verbannt.
Vorläufige Sperrung
Was war geschehen? In der vergangenen Woche schickte YouTube RT DE eine Warnung, weil der Sender Beiträge veröffentlicht haben soll, die gegen YouTubes Richtlinien zur Falschinformation im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie verstoßen. Dass YouTube diese Warnung unnötig militant „Strike“ nennt, sei erst einmal dahingestellt. Teil der Warnung war die vorläufige Sperrung eines der beiden RT DE-Kanäle. Bereits zuvor war RT DE, wie es heißt, mit Falschmeldungen zum Thema Corona aufgefallen.
Statt die Warnung zu akzeptieren, habe RT DE die Inhalte auf seinem zweiten Kanal veröffentlicht, gibt YouTube nun an. Das sei ein „Umgehungsversuch“. Die Folge ist nun die komplette Sperrung der Kanäle und die Löschung aller ihrer Inhalte von der Plattform. YouTube habe beide Kanäle „geschlossen“, so ein YouTube-Sprecher.
Drohungen gegen ARD und ZDF
Die Reaktion von RT DE fiel scharf aus – und droht den Streit mit YouTube nun zu eskalieren. Denn RT DE-Chefredakteurin Margarita Simonjan schwadronierte auf Twitter prompt von einem „Medienkrieg“, der gegen RT DE geführt würde – und zwar nicht allein von YouTube, sondern vom deutschen Staat. Ähnlich äußerte sich offenbar auch das russische Außenministerium. YouTube, zitiert ein Mediendienst die Unterstellung, könne nicht „ohne Unterstützung deutscher Behörden und Medien“ gehandelt haben. Und Russlands Medienaufsicht forderte YouTube dazu auf, die gelöschten Kanäle in Deutschland wiederherzustellen. YouTube drohten sie laut Deutscher Welle mit einer Millionenstrafe. Simonjan ihrerseits rief außerdem den russischen Staat dazu auf, gegen ARD, ZDF und DW vorzugehen.
Damit versucht RTDE sehr offensichtlich, den Streit mit YouTube auf die Spitze zu treiben. Dabei hat die Plattform auf ihren Seiten das Hausrecht; wer hier Inhalte zeigen möchte, muss sich schlicht an die öffentlich zugänglichen Regeln halten.
Zulassung als TV-Kanal
Womöglich hängt der überzogen scharfe Ton jedoch auch damit zusammen, dass RT DE sich bislang vergeblich um eine Sendelizenz für einen TV-Sender in Deutschland bemüht. Ein erster Versuch, in Luxemburg eine Lizenz fürs Senden in Deutschland zu bekommen, war von den luxemburgischen Behörden abgelehnt worden. Sie seien nun mal nicht zuständig.
Zuständig sind allerdings die deutschen Landesmedienanstalten. Da RT DE offenbar bereits in Berlin-Adlershorst Studioflächen betreibt und dabei ist, nach Moderatoren für einen Kanal an dem Standort zu suchen, wäre die Medienanstalt Berlin-Brandenburg erster Ansprechpartner. Dort, so ist zu hören, ist offenbar noch kein Antrag eingegangen. Sollte der allerdings tatsächlich eines Tages ankommen, dürfte RT DE mit seiner jüngsten Provokation seine Chancen auf Zulassung nicht eben verbessert haben.
So bleibt unter dem Strich der Eindruck, dass RT DE sehr bewusst provoziert und in voller Absicht einen Streit vom Zaun bricht, mit dem Ziel, die Haltung seiner allerlei Verschwörungstheorien zugeneigten Zuschauer hierzulande weiter zu bestärken und ihr Misstrauen gegen den demokratischen Staat weiter zu schüren. Dass YouTube sich dafür nicht länger als Plattform zur Verfügung stellen will, ist daher konsequent und richtig.
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