Shared Economy Warum jetzt die Preise bei Uber, Lyft und Airbnb explodieren

Bisher ein US-amerikanisches Problem: Die Preise bei Uber und Airbnb haben kräftig angezogen. Quelle: AP

Shared-Economy-Plattformen wie Uber, Lyft und Airbnb verzeichnen in den USA rasant steigende Preise. Woran das liegt – und wie es in Deutschland aussieht.

  • Teilen per:
  • Teilen per:

Sunny Madras Name war über Nacht in aller Munde. Der Ford-Manager, der bei dem Autohersteller für ein Accelerator-Programm für Start-ups zuständig ist, twitterte zwei Rechnungen: Mit 248 US-Dollar hatte seine Fahrt in der Uber-Limousine von Midtown in Manhattan bis zum New Yorker JFK-Flughafen genauso viel gekostet wie sein Flug nach San Francisco.

In den Metropolen quer durch die USA machen Menschen mit Uber und seinem größten Konkurrenten, Lyft, ähnliche Erfahrungen: Ausgerechnet jetzt, wo viele geimpft sind und wieder am sozialen Leben teilnehmen wollen, sind die Autos dieser Fahrdienste rar – und wegen ihrer nachfrageorientierten Algorithmen dann besonders teuer: Passagiere warten erst bis zu 30 Minuten auf eine Fahrt, um anschließend mit einem „Surge-Preis“ besonders viel dafür zahlen zu müssen. Auch auf der Übernachtungsplattform Airbnb steigen die Preise rasant.

Die Kosten für eine Fahrt auf Uber oder seinem größten Konkurrenten, Lyft, waren schon im März um 37 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat gestiegen, im April gar um 40 Prozent, analysierte die Marktforschungsgesellschaft Rakuten Intelligence. Das Aktienhaus Wedbush Securities ermittelte, dass die Preise zu Spitzenzeiten sogar um 50 Prozent und mehr anspringen. Auch beim Übernachtungsvermittler Airbnb stieg der Preis für eine durchschnittliche Übernachtung im Vergleich zum Vorjahr um 35 Prozent auf 160 Dollar.

Nathan Blecharczyk, Mitgründer und Strategiechef von Airbnb, über die neue Lust am Reisen, seine Frustration über Berlin und Homeoffice als Übernachtungstreiber.
von Matthias Hohensee

Die Gründe liegen auf der Hand: Die plötzlich belebte Nachfrage trifft auf ein extrem verknapptes Angebot. In New York zum Beispiel zirkulieren zwei Drittel weniger Taxis auf den Straßen als vor der Pandemie – mehr als 6000 Wagen der eigentlich 10.500 Autos starken gelben Flotten stehen noch immer eingemottet auf großen Parkplätzen in Long Island. Nach einigen Todesfällen unter Fahrern zu Pandemie-Beginn bleiben viele aus Sorge um ihre Gesundheit heute noch immer dem Beruf fern.

Die Wohlfahrt bezahlt besser als Uber

Dann kommen die Finanzen: Die großzügigen Wohlfahrtschecks der Trump- und Biden-Regierungen gepaart mit der auf Gig-Arbeiter ausgedehnten Arbeitslosenhilfe überstiegen in den Pandemiemonaten oft das, was ein Fahrer monatlich nach Kosten regulär mit nach Hause nimmt. Entsprechend gering ist der Anreiz, sich jetzt dem stressigen, schlecht bezahlten Beruf zu exponieren.

Im Mai gab Uber an, im ersten Quartal mit 3,5 Millionen 22 Prozent weniger Chauffeure auf der Plattform zu haben als zur gleichen Zeit vor einem Jahr. Deshalb legte es ein 100-Millionen-Dollar-Paket auf, um mehr Fahrer zu einer Rückkehr auf ihre Plattform zu motivieren. Schon jetzt sind die Stundenlöhne für Fahrer von 18 Dollar im Januar auf aktuell 25 Dollar gestiegen, so Gridwise, ein Service, der Gig-Arbeitern hilft, ihren Verdienst zu analysieren.

Nachholbedarf auf Airbnb

Auch auf Airbnb verlangen die Gastgeber gefragter Immobilien in den USA jetzt mehr Geld für ihre Unterkünfte. Wohl auch, um das ausgefallene Geschäft des Vorjahres auszugleichen. Zugleich haben die Gäste ihre Gewohnheiten geändert: Waren früher kleine Apartments in Städten am gefragtesten, sind es heute größere Anwesen fernab der Metropolen. Viele wohlhabende Menschen haben über Airbnb ein Häuschen auf dem Land dauerhaft gemietet, um der Ansteckungsgefahr in der Stadt zu entgehen. Dazu kommen jetzt die erneut Reiselustigen mit Nachholbedarf: Sie reisen jetzt lieber in Gruppen – etwa um verpasste Feiern im Familienkreis nachzuholen – so dass besonders große Häuser jetzt zusätzlich besonders gefragt sind. Entsprechend stiegen die Pro-Nacht-Preise rasant.

Preisschock im Urlaub: Ein Auto zu mieten kostet derzeit mehr denn je. Auch der Service lässt zu wünschen übrig. Was dahintersteckt – und wann mit Entspannung zu rechnen ist.
von Rüdiger Kiani-Kreß

In Deutschland sind noch keine deutlichen Preissprünge zu sehen – weder auf Airbnb, noch beim Fahrdienst Uber. Das liegt zum einen daran, dass in Deutschland noch immer kein Normalbetrieb in Restaurants, Bars und beim Reisen herrscht. Zum anderen haben hierzulande Fahrer nicht so großzügige Kompensationen von der Bundesregierung erhalten. Angestellte Taxifahrer wurden mit Kurzarbeit aufgefangen oder erhielten, falls sie ganz entlassen wurden, Arbeitslosengeld.

Was die wenigsten wissen: In Deutschland arbeitet Uber ausschließlich mit Mietwagenfirmen zusammen, die die Fahrer fest anstellen. Deshalb haben auch die deutschen Uber-Chauffeure von der Kurzarbeitsregelung profitiert und sind im Job geblieben. Entsprechend können sie einfach zurückgerufen werden, wenn die Nachfrage anspringt.

In den USA stellt die Preisexplosion dagegen die Treue der Kunden auf die Probe. Die Fahrten-Plattformen Uber und Lyft hatten Kunden beim Marktstart durch bei Weitem nicht kostendeckende Preise auf ihre Plattformen gezogen. Jetzt kommt der Härtetest: Bleiben sie den bequemen Diensten auch dann treu, wenn sie deutlich teurer sind als eine Fahrt im Yellow Cab?

Das interessiert WiWo-Leser heute besonders

Geldanlage Das Russland-Risiko: Diese deutschen Aktien leiden besonders unter dem Ukraine-Krieg

Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine belastet die Börsen. Welche deutschen Aktien besonders betroffen sind, zeigt unsere Analyse.

Krisenversicherung Warum Anleger spätestens jetzt Gold kaufen sollten

Der Krieg in der Ukraine und die Abkopplung Russlands von der Weltwirtschaft sind extreme Inflationsbeschleuniger. Mit Gold wollen Anleger sich davor schützen – und einer neuerlichen Euro-Krise entgehen.

Flüssigerdgas Diese LNG-Aktien bieten die besten Rendite-Chancen

Mit verflüssigtem Erdgas aus den USA und Katar will die Bundesregierung die Abhängigkeit von Gaslieferungen aus Russland mindern. Über Nacht wird das nicht klappen. Doch LNG-Aktien bieten nun gute Chancen.

 Was heute noch wichtig ist, lesen Sie hier

Die New Yorkerin Cristine Sanchez zog jetzt schon ihre Konsequenz aus der absurden Preis-Situation. Die Kellnerin zahlt neuerdings für eine Fahrt von Brooklyn in die Bronx 38 Dollar – vor der Pandemie hatte das nur 20 Dollar gekostet. So viel Geld gibt ihr Budget nicht regelmäßig für solche Fahrten her. Als sie merkte, dass die Flugpreise aktuell nicht einmal teurer sind als solch eine Uber-Fahrt, buchte sie spontan mit Freunden für 30 Dollar einen Flug nach Miami. Ihre Botschaft an die Fahrdienste: „Also, Uber und Lyft, reißt Euch mal zusammen“, sagte sie der New York Times.

Mehr zum Thema: „Ländliche Regionen sind sehr populär geworden“: Nathan Blecharczyk, Mitgründer und Strategiechef von Airbnb, über die neue Lust am Reisen, seine Frustration über Berlin und Homeoffice als Übernachtungstreiber.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%