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Sharing-Economy auf dem Vormarsch Geteilter Laster, doppelter Profit

Das Teilen- statt Besitzen-Prinzip von Airbnb und Uber erobert auch die Unternehmenswelt. Investoren geben Millionen in das Geschäft.

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Cargomatic, Uber Quelle: REUTERS

Jonathan Kessler ist ein Spinner, zumindest bezeichnet sich der Gründer des kalifornischen Start-ups Cargomatic schon mal selbst als „weird guy“, als eigenartig, ein bisschen merkwürdig. Dabei ist seine Geschäftsidee alles andere als sonderbar: Ist der Lastwagen eines Unternehmens nicht voll beladen, können andere Firmen den freien Platz gegen Kostenbeteiligung für eigene Ladung buchen. Beide Seiten profitieren. Der Lkw-Besitzer lastet sein Fahrzeug besser aus, der Partner erhält günstige Frachtraten.

Cargomatic will so die dominante Plattform in der Logistik werden, die kommerzielle Versender und Transportfirmen zusammenbringt. Ganz so, wie es das US-Start-up Uber im Taxigewerbe geschafft hat. Acht Millionen Dollar hat die Firma bereits bei Wagniskapitalgebern wie Canaan Partner, dem Ex-Karstadt-Investor Nicolas Berggruen und der Beteiligungsgesellschaft des schwedischen Lkw-Herstellers Volvo eingesammelt.

Prognostiziertes Wachstum in der Shared Mobility

Mitfahrgelegenheit per Uber, Gästezimmer per Airbnb, Buchverleih per Bookeloh – unsers statt meins, teilen statt besitzen, dies neudeutsch Sharing genannte Phänomen ist für viele Menschen im Privatleben zum Lebensgefühl geworden. Und für die Plattformen zur Goldgrube, allein Uber wird mit über 40 Milliarden Dollar bewertet.

Morgens Brötchen, mittags Blumen

Nun gedeihen auch im Geschäftsbereich immer mehr Sharing-Plattformen. strategy&, die Beratungstochter der Prüfungsgesellschaft PwC, spricht in einem Bericht von einer „leisen B2B-Revolution“ und kreiert einen neuen Begriff: Sharing Companies, teilende Unternehmen. Neben Cargomatic gibt es in den USA frisch gegründete Firmen wie Storefront, eine Art Airbnb für Einzelhändler, die sich Ladenfläche teilen wollen. Hier kann etwa eine Modedesignerin ihre Kreationen zum Verkauf anbieten und zugleich ein Cafébesitzer den Raum nutzen. In Großbritannien stellen Unternehmen über die Plattform sharemyoffice.co.uk freie Büroräume anderen Firmen kurzzeitig zur Verfügung. Auch in Deutschland interessieren sich ebenfalls die Ersten für den neuen Trend.

Nikolas Beutin, Partner bei PwC und Experte für Vertrieb und Marketing, hat seine perfekte Vision schon im Kopf: Ein Bäcker bäckt frühmorgens Brötchen und liefert sie bis zehn Uhr aus. Seinen Transporter übergibt er dann an einen Floristen, der damit Blumen verteilt. „Hier würde Sharing doch wirklich Sinn machen“, ist er überzeugt.

Die größten Carsharing-Anbieter
Car2Go (Daimler)Kundenzahl: 160.000 Fahrzeugzahl: 42.000 Städte: München, Hamburg, Ulm/Neu-Ulm, Hamburg, Düsseldorf, Berlin, Köln, Stuttgart, Wien, Birmingham, London, Amsterdam, Lyon, Austin, San Diego, Washington D.C., Portland, Miami, Seattle, Toronto, Vancouver, Calgary Wie es funktioniert: Mobil: Fahrzeuge stehen im Stadtgebiet und können überall abgestellt werden. Ortung über Smartphone oder Internet Anmeldegebühr: Einmalig zwischen 9 und 19 Euro Nutzungskosten: Zwischen 24 und 29 Cent pro Minute, höchstens 12,90 Euro pro Stunde Extras: Benzin und Parkgebühren inkl. Fahrzeugtypen: Smart, 600 E-Smarts Quelle: dpa
DriveNow (BMW)Städte: Berlin, München, Köln, Düsseldorf, Hamburg, Wien, San Francisco Nutzer: über 350.000 Autos: 2950 Automodelle: BMW 1er, BMW X1, BMW ActiveE, MINI, MINI Cabrio, MINI Clubman, MINI Countryman Fixkosten: Anmeldung 29 Euro (derzeit 19 Euro mit 30 Minuten Fahrtguthaben) Reservierung eines Autos: 2x15 Minuten vor Fahrt kostenfrei möglich Fahrtkosten pro Minute: 0,31 Euro; BMW X1 und Mini Cabrio (01.04.-31.10.): 0,34 Euro; günstigere Preise ab 0,24 Euro je Minute in Spar-Paketen möglich Parkkosten pro Minute¹: 0,15 Euro (Montags bis Freitags 0:00 bis 6:00 Uhr kostenfrei) Kosten pro Kilometer: inklusive bis 200 km, je Mehrkilometer 29 Cent Kosten Kurzfahrt²: 3,72 Euro Kosten Stadtfahrt³: 17,75 Euro Versicherung: Haftpflicht und Kaskoversicherung inklusive (Selbstbehalt bei selbstverursachten Unfällen maximal 750 Euro; kann gegen gebühr reduziert werden) Anmeldung (Internet): de.drive-now.com ¹Kosten, die für das Parken anfallen, wenn die Fahrt nicht beendet wird ²Beispiel 5 Kilometer in 12 Minuten ³Beispiel: Hin und Rückfahrt, je 10 Kilometer und je 25 Minuten Fahrt und 15 Minuten parken Quelle: Unternehmen Quelle: Presse
Flinkster (Bahn)Kundenzahl: 215.000 Fahrzeugzahl: 2.800 Städte: 140 Städte Wie es funktioniert: Stationsbasiert: mehr als 800 Ausleih- und Rückgabeorte, z.B. an allen großen ICE-Bahnhöfen Anmeldegebühr: Einmalig 50 Euro, Bahncard-Inhaber kostenlos Nutzungskosten: Kleinwagen 2,30 Euro pro Stunde plus 18 Cent pro Kilometer Extras: Benzin und Strom inkl. Fahrzeugtypen: Kleinwagen bis Transporter, mehr als 100 E-Fahrzeuge Quelle: Screenshot
Quicar (VW)Kundenzahl: 4.000 Fahrzeugzahl: 200 Städte: Hannover Wie es funktioniert: Persönlich zur Quicar Station gehen oder online, per Smartphone-App oder über die Hotline die nächste der 50 festen Ausleihe- und Rückgabeorte auswählen und ein freies Auto aussuchen Anmeldegebühr: Einmalig 25 Euro, für Schüler, Studenten und Azubis zahlen 15 Euro Nutzungskosten: Erste halbe Stunde 6 Euro, danach pro Minute 20 Cent, Parktarif 10 Cent pro Minute, 10 Stunden ab 30 Euro Extras: Benzin inkl. Fahrzeugtypen: Golf Blue Motion, VW up!, VW Beetle, Golf Cabrio, Passat Variant, Sharan, Caravelle, Transporter Quelle: Screenshot
Book N DriveKundenzahl: 10.00 Fahrzeugzahl: 2.500 bundesweit, davon 330 im Rhein-Main-Gebiet Städte: Darmstadt, Frankfurt am Main, Mainz, Oberursel, Offenbach, Rüsselsheim und Wiesbaden Wie es funktioniert: Stationsbasiert Anmeldegebühr: Je nach gewähltem Paket kostenlos oder 29 Euro Nutzungskosten: Je nach Paket: Kleinwagen ab 1,50 Euro pro Stunde plus 16 Cent pro Kilometer Extras: Benzin inkl. Fahrzeugtypen: Kleinwagen bis Transporter, in Kooperation mit Flinkster bietet Book N Drive in vielen Städten Elektro-Autos an Quelle: Screenshot
CambioKundenzahl: 50.000 Fahrzeugzahl: 1500 Städte: 14 Städte, z.B. Köln, Bonn, Berlin Wie es funktioniert: Stationsbasiert Anmeldegebühr: Einmalig ab 30 Euro, plus monatliche Grundgebühr ab 2 Euro Nutzungskosten: Pro Stunde zwischen 1,90 und 5,40 Euro, plus 23 bis 42 Cent pro Kilometer Extras: Benzin inkl. Fahrzeugtypen: Von Smart bis Transporter, auch Mitsubishi E-Fahrzeuge Quelle: Pressebild
Carpooling.com/Mitfahrgelegenheit.deKundenzahl: 4,7 Mio. Nutzer Fahrzeugzahl: rund 900.000 Angebote Städte: Ganz Europa Wie es funktioniert: Mitfahrgelegenheiten im Internet finden Anmeldegebühr: keine Nutzungskosten: ca. 5 - 8 Euro pro 100 Kilometer Extras: keine Fahrzeugtypen: alle Quelle: Pressebild

Die Idee an sich ist nicht neu, seit Jahrzehnten teilen sich Landwirte in Deutschland über Maschinenringe Traktoren und Mähdrescher. Doch die Web-Plattformen sorgen für neuen Schub: Sie geben einen schnellen Überblick über Angebot und Nachfrage. Die Verwaltung wird erleichtert, oft gibt es ausgeklügelte Abrechnungsverfahren. Bewertungssysteme für Anbieter und Abnehmer schaffen Vertrauen.

Noch fehle es deutschen Unternehmern aber an Mut und Willen, sich auf den Sharing-Gedanken einzulassen, klagt Michael Bucher, der am Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO in Stuttgart ein Team zum Thema Sharing leitet. „Sie tun sich noch schwer, neue Geschäftsmodelle zuzulassen und aufzubauen“, sagt er. „Es schwelt was, aber wir sind noch in einer sehr frühen Phase.“ Im Gegensatz zu den USA gibt es hierzulande noch keine Online-Plattform oder App, die teilwillige Partner zusammenbringt.

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