Sicherheitskontrollen Das Ende des lästigen Flüssigkeiten-Banns im Flugzeug

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Entspannte Fluggäste shoppen mehr

Die Resonanz auf die neue Kontroll-Technik ist gut. Zwar will die für die Münchner Flughafensicherheit zuständige Regierung von Oberbayern noch kein abschließendes Urteil fällen. Doch aus Sicht der Behörde gilt: „das Projekt wird von allen beteiligten Stellen bereits jetzt als erfolgreich eingestuft und ist zukunftsfähig.“ Etwas konkreter wird der Flughafen Amsterdam. „Die Passagiere sind begeistert und deutlich entspannter“, heißt es da.

Den Heimatairport von KLM freut das gleich aus zwei Gründen. Zum einen können sie dank der neuen Kontrollen das erwartete Wachstum besser bewältigen und müssen nicht mehr Prüfspüren in die ohnehin engen Hallen quetschen. Dazu reisen dank der neuen Kontrollen die Kunden lieber ab Amsterdam als von anderswo.

Und weil sie die Checks lockerer verlassen, kommen sie schneller in Konsumlaune und lassen mehr Geld in den Läden. Diese Erträge brauchen die Flughafenbetreiber dringend, um Einnahmerückgänge anderswo auszugleichen. Denn nach der Konsolidierungswelle der vergangenen Jahre gibt es immer weniger, aber größere Airlines. Und die nutzen ihre gestiegene Verhandlungsmacht, um den Airports mehr Rabatte bei den Lande- und Abfertigungsentgelten abzupressen. Darum sollen die neuen Geräte dort ebenso zur Regel werden wie in London-Heathrow, Chicago oder Atlanta in den USA sowie Jeju in Korea oder Chubu in Japan.

Auch in Deutschland würden alle Flughäfen gerne sofort nachziehen. Doch bis die Münchner Kontrolle zur Regel wird, kann es noch eine Weile dauern. Denn anders als in Amsterdam entscheiden hierzulande nicht die Airports über Organisation und Technik bei den Checks, sondern allein die Bundespolizei.

Und die beschafft neues Gerät auf ihre eigene Art. Zwar gibt die EU die Standards vor und hat die CT-Scanner im vorigen Jahr zugelassen. Doch bevor die Apparate an deutschen Airports den ersten Probelauf machen dürfen, müssen sie erst noch erfolgreich die Forschungs- und Erprobungsstelle der Bundespolizei in Lübeck bestehen. Deren Tests gelten als sehr gründlich und darum nicht übertrieben schnell.

Dazu bremst die deutsche Vergabe-Praxis viele Neuerungen. Hat sich die Bundespolizei für ein System entschieden, zwingt das deutsche Recht die Behörden, zum niedrigsten Preis zu kaufen. Und den gibt es meist nur, wenn sich die Bundespolizei für mehrere Jahre an einen Lieferanten bindet und auf das Recht zum automatischen Upgrade auf bessere Geräte mehr oder weniger verzichtet.

Einzige Ausnahme ist Bayern, wo statt des Bundes die lokale Politik zuständig ist. „Ist die wie die Regierung Oberbayern offen für Neuerungen, erfordert das zwar mehr Investitionen. Aber es geht eben deutlich schneller und kundenfreundlicher zu als bei uns“, klagt der Chef eines nicht-freistaatlichen Flughafens.

Das Ende der 100-Milliliter-Fläschchen naht

Aber vielleicht bietet die deutsche Zögerlichkeit den Behörden auch die Chance, früher auf die nächste Generation nach den heutigen CT-Scannern zu setzen. Denn Flüssigkeiten im Handkoffer zu testen, gilt in der Branche als erster Schritt zum Ende des heutigen Verbots von Fläschchen und Tuben mit mehr als 100 Millilitern. „Erkennen wir sicher den Inhalt einer Flasche, ist die Größe egal und dann kann jeder auch wieder große Wasserflaschen mit an Bord nehmen“, so ein Flughafenchef. „Voraussetzung ist allerdings, dass dann alle Flughäfen in Europa die Technik nutzen.“

Dazu arbeitet die Kontrollbranche bereits an der nächsten Revolution. Künftig sollen die Kunden nach dem Ablegen des Handgepäcks nicht länger in engen Kabinen oder breitbeinig vor einer Wand im Stillstand durchleuchtet oder gar von Hand nachkontrolliert werden. Die britische Firma Sequestim hat im Dezember am Flughafen der britischen Stadt Cardiff ein Gerät getestet, das Passagiere quasi im Vorübergehen untersucht. Bei der an den Arnold-Schwarzenegger-Film „Total Recall“ erinnernden Technik suchen extrem empfindliche Sensoren nach kleinsten Wärmeunterschieden. Sie erkennen angeblich eine Glühbirne aus 800.000 Kilometer Entfernung. „So finden sie an Hand der Hitze-Muster gefährliche Gegenstände wie Pistolen, Messer oder auch Sprengstoffe“, sagt Ken Wood, Marketing-Chef der Tochtergesellschaft. „Damit können bis zu 1000 Personen pro Stunde durch die Kontrolle“. Das wäre dann nochmal das Vierfache dessen, was die Münchner Kontrolle schafft.

Ab 2021 will Sequestim, eine Ausgründung aus der Universität Cardiff, liefern können. Damit wären dann lange Schlangen vor den Kontrollen wohl endgültig eine Sache der Vergangenheit.

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