Spekulieren mit Kliniken Das Finanzdesaster deutscher Krankenhäuser

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Im Namen des Herrn

Was tun im Streitfall?
Eine OP-Schwester greift nach dem OP-Besteck Quelle: dpa
Ein Röntgenbild einer Frau, bei der während der OP eine Schere in der Wunde vergessen wurde Quelle: AP
Viele Patienten sitzen in einem Wartezimmer Quelle: dpa
Die Versichertenkarten der deutschen Krankenkassen DAK, AOK, Barmer und Techniker Krankenkasse TK Quelle: dpa
Ein Mann beim Anwalt Quelle: gms
Die Richter des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts Quelle: dapd
Kalenderblätter Quelle: dpa

Auch der deutschlandweite Klinikverbund Agaplesion mit mehr als 100 Häusern und einer Milliarde Euro Umsatz firmiert als Aktiengesellschaft – aber eine der anderen Art. "Wir schütten keine Dividenden aus, sondern reinvestieren alle Überschüsse in unsere Kliniken, Pflegeheime und Hospize", sagt der Vorstandsvorsitzende Markus Horneber, "ein Hospiz beispielsweise wird sich nie rechnen." Der Klinikbetrieb subventioniert so die Sterbebegleitung.

Die Rechtsform einer gemeinnützigen AG wählte Agaplesion ("Liebe den Nächsten"), um anderen christlichen Kliniken den Einstieg in den Verbund leichter zu machen. Horneber: "Meist übernehmen wir 60 Prozent einer Klinik, im Gegenzug bekommt der Verkäufer aber kein Geld, sondern Aktien an unserem Verbund." Agaplesion bezeichnet sich als "christlichen Gesundheitskonzern".

Nicht nur zum Gotteslohn

Der führt ein straffes Regime. Wer beitritt, gibt Macht ab. Ob Einkauf, IT, Qualitätssicherung, Bilanzierungsregeln oder Risikomanagement – alles, was im Klinikalltag nicht am Menschen stattfindet, wird aus der Frankfurter Zentrale bundesweit einheitlich vorgegeben. Die Pflege ist dezentral organisiert; Kooperationen, Stationsplanung, medizinische Fragen – all das wird vor Ort geklärt.

Das Konzept dürfte der Grund sein, warum Agaplesion im Unterschied zu vielen anderen der rund 740 freigemeinnützigen Häusern profitabel ist. Diese arbeiten häufig in veralteten Managementstrukturen ohne effizientes Controlling und können mangels Masse ihr Material vom Verband bis zum Röntgengerät nicht so günstig einkaufen. "Wir lehnen interessierte Kliniken ab, wenn wir an ihrer Wirtschaftlichkeit zweifeln", betont Horneber.

Was vielen Kliniken unter christlicher Fahne vorgeworfen wird, lässt Horneber nicht gelten: niedrige Bezahlung mit Hinweis auf den Gotteslohn. "Da liefen uns doch die besten Kräfte sofort weg." Mitarbeiter in Heidelberg und Darmstadt protestierten im März trotzdem für bessere Arbeitsbedingungen und eine höhere Bezahlung. Kirchen haben zudem auch heute noch dank ihrer Sonderstellung beim Arbeitsrecht reichlich Möglichkeiten, Personal zu gängeln und zu maßregeln.

Stärken: Starke Mitarbeiter- und Kundenbindung, Geld von Stiftungen oder Kirchen

Schwächen: Gremiendenken, wenig Veränderungsbereitschaft, langsame Prozesse

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