Spenden-Ökonom über Facebook & Co. „Von Spenden kann man ein präzises Kundenprofil ableiten“

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„GoFundMe halte ich für noch kritikwürdiger“

Die meisten Spenden per Facebook gehen in Deutschland allerdings an gesetzlich anerkannte gemeinnützige Organisationen.
Auch da muss man aufpassen: Es gibt 630.000 anerkannt gemeinnützige Organisationen in Deutschland. Da gibt es große qualitative Unterschiede zwischen den Organisationen und auch einige, vor denen wir, andere Verbraucherschützer oder staatliche Aufsichtsstellen warnen. Facebook lässt seine Nutzer damit alleine. Die tun zu wenig für die Verbraucherinformation beim Spenden, gemessen an den Möglichkeiten, die so ein Onlinegigant auch hat.

Ist das ein generelles Problem bei Onlinespendenplattformen?
Da haben viele Defizite. GoFundMe halte ich für noch kritikwürdiger. Die Plattform hat in ihren FAQs eine Art Spendengarantie: Wenn das Geld nicht dort ankommt, wo es helfen sollte, zahlt GoFundMe das zurück. Aber wie will das ein Spender nachweisen? Wie soll man einem Betrüger auf die Schliche kommen? Und was ist, wenn es nicht nur um Betrug geht, sondern um Intransparenz oder Inkompetenz?

Was bringt einem sozialen Netzwerk wie Facebook die Spendenfunktion?
Kundenbindung. Kundenbindung. Kundenbindung. Und Markenpflege.

Und wie wertvoll sind die Daten?
Das können Datenschützer besser beurteilen. Aber was man nicht vergessen darf: Bei Spenden kann ich vollkommen frei entscheiden, wen ich unterstützen will, da wähle ich Anliegen, die mir am Herzen liegen. Daraus kann man natürlich ein präzises Kundenprofil ableiten.

Per Amazon Smile spendet der Onlinehändler 0,5 Prozent der Einkaufswerte seiner Kunden an eine Organisation deren Wahl. Ist das besser?
Die Geldwerte, die dort für gemeinnützige Zwecke generiert werden, sind wesentlich geringer als eine durchschnittliche Spende. Es wäre also fatal, wenn nun jemand denkt, man könne ja seine regelmäßigen Spenden ersetzen, indem man ein Häkchen bei Amazon Smile setzt.
Das ist eine sehr preisgünstige Methode der Kundenbindung. Sonst müsste Amazon vielleicht fünf oder sechs Prozent Provisionen an die Internetseiten abgeben, die Kunden auf die Plattform bringen. Da setzen andere Plattformen Social Shopping besser um, zum Beispiel Plattformen wie Bildungsspender.de oder Schulengel.de. Die spenden den weitaus überwiegenden Teil der Provisionen.

Machen sich die gemeinnützigen Organisationen nicht irgendwann von Amazon abhängig?
Für die meisten Organisationen ist das nur ein ganz kleines Zubrot. Das erfordert schon eine sehr große Kommunikationsanstrengung, durch Promillebeträge zu nennenswerten Spendenbeträgen zu kommen.

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Und was ist Ihre Prognose? Wird die Bedeutung von Angeboten wie Amazon Smile oder Facebook weiter zunehmen?
Wir erleben aktuell eine große Diversifizierung von Engagement, vor allem von Unternehmen. Denken Sie an das Stichwort „Corporate Social Responsibility“. Das wird immer wichtiger, auch in der Bewertung von Unternehmen durch Ratingagenturen oder Aktienindizes. Insofern werden Unternehmen bestimmt aktiver werden müssen. Aber bisher haben den größten Einfluss auf gemeinnützige Organisationen noch immer die direkten Spendeneinnahmen.

Mehr zum Thema: Wer heutzutage spenden will, erstellt ein Facebook-Event – oder lässt Amazon ein paar Cent abdrücken, wenn er dort einkauft. NGOs stellen sich auch auf das digitale Fundraising ein. Nur: Was haben die Plattformen davon?

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