Spezialsoftware gaukelt Kontrolleuren falsche Daten vor Wie Uber Behörden in die Irre führt

Wer für städtische Behörden in bestimmten Städten arbeitet, bekommt keine Uber-Fahrten. Ein Software erkennt Ordnungshüter und gaukelt ihnen eine Stadt ohne Uber vor.

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Das Hauptquartier von Uber Quelle: AP

Uber kommt nicht zur Ruhe. Nach Berichten über stillschweigend geduldete sexuelle Belästigung im Unternehmen, einer Klage wegen Diebstahls geistigen Eigentums und einem Video, in dem Uber-Chef Travis Kalanick einen Uber-Fahrer verbal niedermacht, sorgte am Freitag die nächste Enthüllung für Aufsehen. Die New York Times meldet die Existenz einer Spionagesoftware, mit der der Taxikonkurrent weltweit in Städten, wo sein Dienst wegen lokaler Gesetze oder Vorschriften limitiert oder verboten war, behördliche Aufpasser und Kontrollbeamte unter seinen Kunden ausfindig macht und blockiert. So sollten sie daran gehindert werden Regelverstöße aufzudecken. Bis 2015 war die Software zum Beispiel in Portland, Oregon, im Einsatz. Heute noch wird sie außerhalb der USA in China, Australien oder Südkorea angewandt, sowie in Städten wie Paris.
Uber bestätigte gegenüber der Zeitung die Existenz dieser „Greyball“ genannten Software. Sie sei aber dazu da, Kunden herauszufiltern, die „den Dienst betrügerisch nutzen, die allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht beachten, für die Konkurrenz spionieren oder die Fahrer körperlich bedrohen könnten. Das gelte auch für „Konkurrenten, die mit öffentlichen Stellen zusammenarbeiten, um Fahrer in Fallen zu locken.“
Es sei das gute Recht und die Pflicht von Uber seine Fahrer vor Schaden zu beschützen, selbst wenn es nur ein Bußgeldbescheid sei. Der Sprecher betonte aber, dass dieser Schutz nur für Regelverstöße im gewerblichen Bereich gelte, nicht für polizeiliche Aktionen oder Fehlverhalten im Straßenverkehr. In Paris zum Beispiel würden Taxifahrer regelrecht Jagd auf Uber-Fahrer machen, indem sie die Standorte der Fahrzeuge in der App suchten. Jetzt sehen sie nur noch „Geisterautos“.

Uber startet Roboterwagen-Fahrten mit Passagieren
Nutzer des Fahrdienst-Vermittlers Uber in der US-Stadt Pittsburgh können seit dem 14. September mit selbstfahrenden Autos unterwegs sein. Die Roboterwagen kommen auf Bestellung über die Uber-App. Die Überraschungsfahrten seien „den loyalsten Uber-Kunden“ vorbehalten, erklärte das Unternehmen in einem Blogeintrag. Quelle: AP
Am Steuer sitzt zur Sicherheit ein Uber-Mitarbeiter, den Fahrgästen wird zudem auf einem Tablet im Innenraum angezeigt, wie das Auto die Umgebung sieht. Quelle: AP
Uber Quelle: AP
Uber Quelle: REUTERS
Uber Quelle: AP
Uber Otto Quelle: AP
Als erstes hatte im August das Start-up NuTonomy Tests selbstfahrender Autos mit Fahrgästen an Bord in Singapur begonnen Quelle: dpa

Das Unternehmen wertet zur Enttarnung von potenziell gefährlichen Kunden Kreditkarteninformationen aus, durchsucht Social-Media-Seiten und nutzt auch GPS-Daten. So kann man zum Beispiel sehen, ob sich jemand öfters im Gebäude einer Straßenverkehrsbehörde aufhält. Als verdächtig gelte auch jemand, der nur immer wieder die Uber App öffnet, aber keine Fahrten bucht. Wer als Gefahr für Geschäftsmodell oder Fahrer eingestuft wird, bekommt entweder gar keine Autos in der App angezeigt oder nur „Geisterautos“, mit denen er keine Fahrt buchen kann.

Uber könnte die verdächtigen Kunden auch sperren, aber dann bekämen sie ja keine Daten über diese Personen mehr. Uber macht seit Jahren Schlagzeilen mit seiner Aggressivität gegen Konkurrenten und Kritiker sowie Geschäftspraktiken, die immer wieder erst mal die Grenzen der Legalität austesten. Zuletzt versuchte das Unternehmen in San Francisco fahrerlose Taxis zu testen ohne die erforderliche Lizenz der Stadt. Man brauche diese nicht, so die Argumentation. Mittlerweile hat Uber nach langem Streit mit der Stadt die Erlaubnis beantragt.

Das Wichtigste zu Uber

Viele Fahrgäste machen sich zudem keine Gedanken darüber, wie viel das Unternehmen über ihn oder sie weiß. Einmal prahlte Uber in seinem Blog damit, dass man wisse, wer eine Affäre habe. Sehr auffällig wäre zum Beispiel, wer an Wochenenden immer mal wieder nach der Arbeit nicht nach Hause, sondern an einen anderen Ort fährt und dort am nächsten Morgen wieder ein Uber nach Hause nimmt. Diese pikanten Fahrten wurden in dem mittlerweile gelöschten Blogeintrag „rides of glory“ genannt, und Uber versprach, dass man solches Wissen nie ausnutzen werde.

Doch daran bestehen Zweifel. Uber-Manager Emil Michaels ventilierte 2014 einmal damit, Research-Teams einzusetzen, die das Privatleben von kritischen Journalisten ausgraben und kompromittierende Details in die Öffentlichkeit bringen sollten. Er hatte dabei schon speziell eine Journalistin und Uber-Kundin im Auge, die Missstände ausgegraben hatte. Michaels entschuldigte sich später für die Bemerkungen, die in Anwesenheit von Uber-Boardmitglied Arianna Huffington, gefallen waren. Huffington hat jetzt zusammen mit dem früheren US-Justizminister Eric Holder die internen Ermittlungen im Fall der angeblich vertuschten sexuellen Übergriffe übernommen.

In diesem Fall hat Uber inzwischen eine zweite Anwaltsfirma beauftragt, nur speziell die von Susan Fowler erhobenen Vorwürfe wegen sexueller Belästigung zu untersuchen. Ein Uber-Sprecher betonte am Donnerstag angesichts der heiklen Lage vorsorglich direkt: „Nur um das klarzustellen: Untersucht werden ausschließlich die Vorwürfe. Es gibt keine Untersuchungen von Frau Fowlers Leben oder ihrer Person.“

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