Staatshilfe Endlich eine Einigung bei der Lufthansa: Spohrs kleiner Sieg

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Die verbliebenen Hürden für die Lufthansa-Staatshilfen

Da ist zum einen das Kleingedruckte des Vertrags. Noch ist nicht bekannt, worin genau der Kompromiss besteht zwischen den eher auf Mitsprache im Lufthansa-Cockpit pochenden SPD-Politikern um Finanzminister Olaf Scholz und der – in der Branche als Flugfreunde bekannten – christdemokratischen Gruppe um Wirtschaftsminister Peter Altmaier und die Länderchefs von Bayern sowie Hessen, wo die Lufthansa ihre großen Drehkreuze hat. Doch klar ist, um die Auslegung des Textes wird in bester Große-Koalitions-Manier wahrscheinlich sofort nach der Unterzeichnung gerungen. Dafür sorgt nicht zuletzt, dass andere Staaten wie die USA oder Frankreich ihre Hilfen an Auflagen geknüpft haben, wie mehr umweltfreundliches Fliegen und den Verzicht auf Entlassungen – auch wenn das Fluggeschäft längere Zeit im Vergleich zum Jahr 2019 um bis zu 20 Prozent schrumpfen sollte.

Die zweite Hürde ist jedoch Spohr selbst und sein Führungsteam. Der Lufthansalenker ist zwar ein guter Kommunikator mit einem sicheren Gefühl dafür, gegenüber Gesprächspartnern den richtigen Ton zu treffen. Doch nicht zuletzt mit seiner zunehmend selbstbewussten Art hat er in seinen sechs Jahren an der Konzernspitze in der Politik gleich mehrfach für Verstimmung gesorgt.

So habe die Lufthansa in den aktuellen Verhandlungen um die Staatshilfe in Berlin viele vor den Kopf gestoßen, berichten Regierungskreise. In den Videokonferenzen habe das teilweise fast 30 Köpfe starke Lufthansa-Team oft wenig kompromissbereit agiert, aber ihrerseits die mangelnde Nachgiebigkeit der Regierungsvertreter kritisiert. „Das war mitunter eine Mischung aus der Arroganz eines Weltkonzerns und Hysterie aus Angst vor einem Insolvenzverfahren“, heißt es aus Ministeriumskreisen. „Und da ließen die Regierungsvertreter den Advokaten mit ihren vierstelligen Stundensätzen gern mal auflaufen und zeigten, dass auch sie die Materie verstehen und sich nichts diktieren lassen, Krise hin oder her“, so ein Insider über die Taktik des Teams um die Staatssekretäre Jörg Kukies (SPD) aus dem Finanzministerium sowie Ulrich Nußbaum (parteilos) aus dem Wirtschaftsministerium, die zuvor Investmentbanker beziehungsweise Unternehmer waren.

An Spohr und sein Team erinnern sich auch viele in Brüssel mit Verwunderung, denken sie an ein Treffen mit der Lufthansa-Führung rund um den Versuch im Jahr 2017 Teile von Air Berlin zu übernehmen. „Wenn es um den Kern der Lufthansa geht oder Dinge, die Spohr für selbstverständlich hält, hat bei seinem Temperament ein bisschen zu oft der Flugzeugführer die Oberhand über dem Diplomaten“, beschrieb ihn mal ein Aufsichtsratsmitglied. Darum könnte es im Ringen um den Staatseinfluss und die Rechte der Regierung schnell zu Spannungen kommen, befürchten Insider. Die auszubügeln könnten dann wertvolle Zeit kosten, die dem durch den Abgang von Finanzchef Ulrik Svensson ohnehin geschwächten Lufthansamanagement beim akuten Krisenmanagement fehlt.
Und das wäre in der aktuellen Lage für das Unternehmen kaum weniger gefährlich als das bislang dringend benötigte Geld.

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Der Chef der Monopolkommission, Achim Wambach, befürchtet wegen Corona eine steigende Marktmacht von Großunternehmen – und warnt vor staatlicher Einmischung ins operative Geschäft der Lufthansa. Das ganze Interview lesen Sie hier.

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