Star Wars Die dunkle Seite der Macher

Zig Millionen Fans, riesiges Medienecho, gewaltiger Werbeetat: Doch trotz allerbester Zutaten und hocheffizienter Planung ist der neue „Star Wars“-Film kein Selbstläufer ohne Risiko. Ausgerechnet Produzent Disney selbst könnte für die Weltraumsage zum Problem werden.

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Star Wars: Das Erwachen der Macht und des Geldes. Quelle: Getty Images, imago-images

Wenn sich ein Medienkonzern nur ein einziges Projekt wünschen dürfte, fiele die Wahl sicher auf dieses: Ein bekannter Stoff mit attraktiven Helden und Schurken sowie Millionen ebenso treu ergebener Fans fast aller Altersklassen rund um den Globus; Heerscharen von Werbepartnern jeglicher Couleur, die danach drängen, einen Fetzen vom Glanz abzukommen; sowie jede Menge kostenlose Werbung durch eine schier endlose Flut an Geschichten in Fernsehen, Radio, Zeitschriften und im Internet. Kurz: „Star Wars“.

Denn mit ihrem irren Echo von Fans bis Wirtschaft sorgt die Weltraumsaga, deren siebter Teil, "Das Erwachen der Macht" kommende Woche in den Kinos weltweit anläuft, dafür, dass die Walt Disney Company als Produzent trotz Rekordausgaben von gut 200 Millionen Dollar und fast einer weiteren Viertelmilliarde Dollar für die Werbung bald mehr als nur auf ihre Kosten kommt.

Die erfolgreichsten Filme aller Zeiten

Doch auch wenn die Macher bei Disney in Los Angeles und Lucasfilm in San Francisco alles bestens geplant haben und sich nach draußen sicher sind „das wird der absolute Renner“, wie Thorsten Braun, Deutschland-Chef des konzerneigenen Vermarkters Disneymedia+ schwärmt. „Ohne Risiko ist die Sache nicht“, wie ein Insider zugibt.

Eingeweihte witzeln schon, „der einzige, der Disneys Erfolg gefährden kann, ist derzeit Disney selbst.“ Das ist mehr als nur ein Scherz.

Die Omnipräsenz der laserschwingenden Helden, die mittlerweile sogar auf Orangen im Supermarkt zu finden sind, könnte Zuschauer eher abschrecken als anlocken. Und die wachsenden Ansprüche und die Forderung nach immer höheren Umsatzanteilen könnten dazu führen, dass Kinos und Lizenznehmer abspringen.

Bislang sieht es freilich anders aus: Allein in den USA haben die Fans laut Schätzungen schon Kinokarten im Rekordwert von fast 100 Millionen Euro gekauft. In Deutschland sind es mindestens 700.000 Tickets. Bei Eintrittspreisen von mehr als 17 Euro könnte das Disney und den Kinos allein einen Ticket-Umsatz von gut zehn Millionen Euro bescheren, von denen gut die Hälfte beim Maus-Konzern landet.

Ob der Hype hält ist ungewiss. „Wenn der Film weltweit bis Ostern nicht deutlich mehr als eine Milliarde Euro einspielt, wäre das schon etwas peinlich“, unkt ein Insider. Und das ist nicht unmöglich.

Wenn die Fans nicht begeistert sind von dem, was sich Regisseur JJ Abrams und Drehbuchautor Lawrence Kasdan für sie ausgedacht haben, kann die Euphorie auch schnell umschlagen. Es wäre auch nicht das erste Mal: So beim Start der zweiten Star-Wars-Trilogie um die Jahrtausend-Wende, als nach dem fulminanten Start der Episode 1 die Nachfolgefilme deutlich weniger umsetzten.

Disneys Flops

Ohnehin ist die Disney-Maschine alles andere als unfehlbar. Das zeigen frühere Filme wie "John Carter". Obwohl die fantastische Geschichte um den auf den Mars teleportierten Veteran des amerikanischen Bürgerkriegs als Buch treu Fans hatte, spielte der Film nur gut 200 Millionen Dollar der Produktions- und Werbeausgaben von 350 Millionen Dollar ein. Trotz Stars wie Johnny Depp und Regie-As Gore Verbinski bleib auch bei "The Lone Ranger" ein Verlust von rund 100 Millionen Dollar.

Das spielten die Star-Wars-Filme ein

Hinzu kommt, dass sich ausgerechnet Disney mit seinen Filmen zunehmend selbst Konkurrenz macht. Denn für 2016 plant der Maus-Gigant mindestens acht große Blockbuster der obersten Liga mit einem Budget von mehr als 200 Millionen Euro. Dazu zählen mit Captain America und Ant-Man mindestens zwei weitere Werke um die Superhelden des Maus-eigenen Marvel-Filmstudios.

Schmaler Grat zwischen Interesse und Überdehnung

Dazu kommen die leicht bis mittelschwer anarchischen Wesen der Konzerntochter Pixar sowie Fortsetzungen und Neuauflagen früherer Erfolge wie „Die Schneekönigin 2“ oder „Dschungelbuch“. Da wird es schnell eng. Weil im Sommer und an den Weihnachtstagen kaum jemand ins Kino geht, kommen bei nur gut 40 echten Kinowochen die acht Disney-Blockbuster kaum auf das optimale Auswertungsfenster von sechs Wochen.

Und selbst wenn Star Wars ein Erfolg wird: Am Ende könnte die Serie von Disneyfilmen das Interesse und die Geldbeutel der Fans oder ihrer Eltern schlichtweg überfordern. Denn inklusive Popcorn, Cola, Anreise und Parken schlägt ein Kinobesuch bei einer vierköpfigen Familie schnell mal mit 100 Euro zu Buche.

"Star Wars" knackt Milliarden-Dollar-Marke
Star Wars: Verkleidete Kinobesucher Quelle: AP
Todesstern Quelle: Presse
Die Zeugen JedihovasWer Neuseeländer kennt, wird sich nicht wirklich wundern: 53715 Menschen vom anderen Ende der Welt gaben bei einer Volkszählung im Jahr 2001 bei der Frage nach ihrer Religionszugehörigkeit an, sie seien „Jedi“. (Symbolbild) Wäre der Jediismus daraufhin als Religion anerkannt worden, hätte er gleich einen passablen Start hingelegt: Er wäre auf Anhieb zu Neuseelands zweitgrößter Gemeinde aufgestiegen. Ein ähnliches Ansinnen versuchte Australiens Regierung bei einer eigenen Zählung kurz darauf mit einer Strafandrohung zu verhindern ­ wer Jedi schreibt, muss 1000 Dollar zahlen. 70000 Australier taten es trotzdem – und mussten am Ende für den Scherz dann doch nicht löhnen. Getoppt wurde die Meute dann noch in Großbritannien, wo die Zeugen Jedihovas im selben Jahr auf 390.127 Anhänger kamen… Quelle: AP
Fiese Viecher Quelle: dpa
Große kleine TruppeDie weltgrößte Armee aus Mitgliedern der sogenannten Sturmtruppen stellte sich am 27. Juni 2008 im südenglischen Slough zur Parade auf. Aus Lego-Männchen gebildet, bestand die schneeweiße Armee aus 35210 einzelnen Figürchen. Auch eines der teuersten Lego-Sammlerstücke, das Amazon derzeit auf Lager hat, stammt aus dem Star Wars-Universum: Das Raumschiff Tantive IV ist schon für 4300 Euro zu haben. Quelle: REUTERS
Teuerstes LegostückDas Lego-Raumschiff Tantive IV (nicht im Bild), ein Sammlerobjekt, kostet aktuell bei Amazon gut 4300 Euro. Zudem gibt es noch eine fast 20.000 Euro teure Sammlung von Bildbänden, mit von Star-Wars-Erfinder George Lucas persönlich ausgesuchten Fotos. Da ist der abgebildete Millennium Falcon von Lego für 150 Euro noch ein echtes Schnäppchen. Quelle: Presse
Fliegende Vor-PremiereDie französische Staatslinie Air France bietet einen besonderen Service für alle Fans, die nicht bis zum offiziellen Kinostart am 18. und 19. Dezember warten wollen. Sie zeigt den Film am 16. Dezember auf vier Nachflügen ab Los Angeles, New York und San Francisco. Quelle: REUTERS

Und auch im Handel kann die Stimmung kippen. Zwar läuft es jetzt eine Woche vor Filmstart bestens. Wer dieser Tage mit einigermaßen wachen Augen durch die vorweihnachtlichen Innenstädte schlendert, kann dem Hype kaum entgehen: C&A lockt Familien mit Star Wars-Sweatern und Bommelmützen, gegenüber bei Primark warten sie mit Bettwäsche im Look des Fieslings der ersten Filme Darth Vader (ab 18 Euro) auf Teenager.

Allgegenwart der Marke

Eine Ecke weiter wirbt Kofferhersteller Samsonite mit einer Sonderedition vom Schulmäppchen bis zum Rollkoffer ebenfalls mit dem Düsterling, und auch Computerbauer HP hat sich mit einer Sonderedition eines Laptops der „dunklen Seite der Macht“ verschrieben In fast allen Läden vom Nobelkaufhaus Galeries Lafayette bis zu Rewe gab es Schlangen vor den Produkten mit Helden wie Han Solo oder Schurken Kylo Ren.

Und als Discounter Aldi vor gut einer Woche Fan-Artikel anbot, waren die ersten bereits Minuten nach er Ladenöffnung um acht Uhr morgens ausverkauft.

Doch es verläuft ein schmaler Grat zwischen Interesse und Überdehnung. Vermarkter Braun verspricht zwar, man lasse „lieber Umsatz liegen als die Marke durch Allgegenwart zu entwerten.“ Aber die Gefahr besteht, dass die Omnipräsenz von Darth-Vader-Backformen oder Masken eher abschreckt und Fans den neuen Superschurken Kylo Ren weniger interessant finden, wenn es den schwertschwingenden Bösewicht auch noch als Kuscheltier gibt. Spätestens dann könnte der oft strenge Umgang von Disney mit seinen vielen Lizenzpartnern für Unmut sorgen.

Denn wer als Werbepartner vor dem Filmstart Figuren oder Szenen aus „Das Erwachen der Macht“ verwenden wollte, unterlag strengen Regeln. „Wir mussten nicht nur Verträge mit Verschwiegenheitserklärungen unterschreiben, die bei Stars Wars noch etwas dicker ausfielen als bei anderen Projekten“, so ein Werbekunde. Will ein Händler wie Rewe Puppen klassischer Disney-Helden wie etwa den Fisch Nemo oder aber Sternenkrieger fertigen lassen, darf er den Auftrag nicht selbst vergeben, sondern muss das in der Regel einem der weltweit von Disney zugelassenen Hersteller übertragen. Und von denen gibt es nur vier.

Wenn die Maschinerie nicht mehr rund läuft, könnte das auch den Widerstand der Kinos wieder anfachen. Bislang wollen allein in Deutschland an die 60 zumeist kleinere Lichtspielhäuser den neuen „Star Wars“-Streifen nicht zeigen. Denn Disney verlangt statt dem bislang üblichen Anteil von 47,7 Prozent vom Umsatz satte 53 Prozent der Einnahmen an der Kinokasse. „Disneys Bedingungen sind einfach nicht zu erfüllen“, klagt Karl-Heinz Meier vom Branchenverband HDF Kino.

Ursprünglich war die Zahl der Boykotteure mal deutlich höher. Doch nach dem großen Interesse des Publikums, ging der Widerstand zuletzt zurück. Sollte aber der Umsatz an der Kinokasse kleiner ausfallen als erhofft, könnte sich der Trend wieder gegen Disney drehen, hoffen die Widerständler.

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