Sterne-Restaurants Küchenkreationen, die den Gast überfordern

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Küchenleistung mit objektiven Kriterien?

Dass nicht alles, was aus der Perspektive der Küchenkritiker Lob findet, bei den Gästen ganz vorne liegt, weiß auch Markus Oberhäußer, Chef des Gourmetführers Gusto. Dessen besonderer Service: Interessierte Restaurants können sich für 199 Euro plus Mehrwertsteuer einen Test bestellen. Ausgang ungewiss, wie Oberhäußer versichert. Dieses Jahr überrascht der Führer damit, in die allerhöchste Wertung 10+ neben bekannten Küchenchefs wie Joachim Wissler vom Vendôme in Bensberg und Christian Bau in Perl auch den Leipziger Koch Peter Maria Schnurr vom Restaurant Falco und Dirk Luther von der Meierei in Glücksburg aufzunehmen. Diese vier stehen in den Augen des Gusto damit noch über den seit Jahren in allen Führern vorne liegenden Köchen wie Harald Wohlfahrt oder Klaus Erfort. „Die Spitze eint die Weiterentwicklung“, sagt Oberhäußer, der sich nicht nur auf den Geschmack verlässt, sondern glaubt, Küchenleistungen mit objektiven Kriterien bewerten zu können. „Die Kontraste der Aromen sind noch intensiver bei den allerbesten Küchen“, findet der Gusto-Chef. Aber „ob das nach unseren Kriterien und Vergleichswerten höher zu Bewertende auch in den Augen unserer Leserinnen und Leser immer das Bessere und Richtige ist, steht freilich auf einem ganz anderen Blatt“, schreibt Oberhäußer in seinem Vorwort.

So macht die Welt Mittagspause
DeutschlandHierzulande ist die Kantine ungeschlagener Mittagspausenfavorit. Das Essen dort ist preiswert und die Kantine befindet sich in der Regel sogar im Gebäude. Außerdem lässt sich mit den Kollegen über fast nichts so schön lästern, wie über das Kantinenessen. Die Qualität spielt dabei eigentlich keine Rolle. Was die Deutschen dort in ihrer gut halbstündigen Mittagspause am liebsten essen, erfahren Sie hier. Quelle: dpa
SchwedenAus Schweden kommt ein Mittagspausenritual, das sich auch in den USA und Deutschland immer größerer Beliebtheit erfreut: Der Lunch Beat. Statt in die Kantine geht es im Norden Europas mittags gerne mal auf die Tanzfläche zum gemeinsamen Auspowern und Spaß haben. Seit 2010 gibt es den Lunch Beat, bei dem auch das leibliche Wohl nicht zu kurz kommt. Damit keiner verhungert, gibt es neben lauter Musik und Discofeeling am hellen Tag auch ein kleines Mittagessen. Quelle: dpa
GroßbritannienIn England scheint die Mittagspause - außer in den Schulen - mehr und mehr vom Aussterben bedroht. Statt ins Restaurant, die Kantine oder zum Imbiss zu gehen, isst rund die Hälfte der Angestellten am Schreibtisch. Der Trend zur immer kürzer werdenden Mittagspause oder dem völligen Verzicht auf eine Arbeitsunterbrechung ist aber leider kein rein britisches Phänomen. Quelle: dpa
USAAuch 38 Prozent der US-Bürger verzichten auf ihre Mittagspause. Machen sie doch eine, gibt es häufig Fastfood, das aus Zeitgründen oft noch im Auto auf dem Weg von der Frittenbude zum Büro gegessen wird. Quelle: AP
ÖsterreichUnd auch bei unseren direkten Nachbarn schrumpft die Mittagspause immer mehr zusammen. Laut einer Umfrage des Jobportals Monster machen nur 22 Prozent der Österreicher eine Mittagspause, die länger als 15 Minuten dauert. Wer sich keine belegten Brote mit ins Büro bringt, bestellt in der Regel bei einem Lieferdienst oder holt sich am Imbiss beispielsweise eine Kleinigkeit. Quelle: Fotolia
FrankreichSelbst in Frankreich, wo traditionell ausgiebig gegessen wird, sind mehrgängige Menüs am Mittag verschwunden. Stattdessen gibt es belegte Baguettes oder Crêpe, geschlemmt wird abends. Quelle: AP
ItalienLange, ausgiebige Mittagspausen im Restaurant gibt es in Europa beispielsweise in Italien. Gegessen wird dabei eher spät. Vor 14 Uhr nimmt in der Regel kein Italiener die Gabel in die Hand. Quelle: AP

Trends auch mal ignorieren

In den Betrieben der A-Rosa-Gruppe haben die Gäste schon entschieden. Allzu große Förmlichkeit und stille Andacht vor den Tellern ist nichts, was Urlaubsgäste in die Hotels locken würde. Statt Haute Cuisine mit gestärktem Tischtuch soll die Unterhaltung zwischen den Gästen im Mittelpunkt steht. Wie zum Beispiel im Buddenbrooks im A-Rosa Travemünde, das mit „Seiger’s Esszimmer“ eine Besonderheit bietet: Hier können Gäste mit Halbpension an einer langen Tafel gemeinsam ein Drei-Gang-Menü ordern. Dass das Restaurant in der Ausgabe 2015 des Guide Michelin nach dem Weggang von Küchenchef Christian Scharrer statt zwei nur noch einen Michelinstern hat, stört Rahe nicht.

Deutsche Restaurants mit drei Michelin-Sternen

„Es gibt Konzepte und Standorte, da funktioniert Gourmetküche einfach nicht“, räumt Ralf Flinkenflügel, Chefredakteur des Guide Michelin, ein. Dass dies mit übertriebenem Innovationsdruck zu tun habe, streitet Flinkenflügel ab: „Wenn Köche nicht neue Dinge ausprobieren würden, wo wäre die Küche denn heute? Allerdings: Jedem Trend hinterherzulaufen halte ich auch nicht für richtig.“

In den Augen seiner Kollegin Patricia Bröhm sind das zurzeit Trendprodukte wie Rüben, Popcorn oder Stabmuscheln. Oder der Ansatz, auf regionale Produkte zu setzen, ein weltumspannender Trend, für den vor allem René Redzepi vom Restaurant Noma in Kopenhagen steht, dem laut Ranking eines britischen Gourmetmagazins besten Restaurant der Welt. „Heute sind landauf, landab kleine Redzepis am Werk, die darin wetteifern, die ausgefallensten Produkte aus Feld, Wald und Wiesen auf die Teller zu zwingen“, schreibt Bröhm im Vorwort des Gault Millau.

Den Testern scheint ihr bisweilen vielleicht nur missverstandener Ruf nach Innovation inzwischen selber nicht geheuer. „Ein guter Koch muss nicht zwingend ein großer Kreativer sein (davon gibt es in jeder Küchengeneration nur sehr wenige)“, schreibt Bröhm. Auch ihr Kollege, Gusto-Chef Oberhäußer, warnt die Leser: Alles, was hoch bewertet sei, markiere zwar die Spitze der Küchenkunst, sei aber nicht zwingend das, was die Tester in ihrer Freizeit selber essen wollten: „Selbst für uns müssen Köche, die wir aus professioneller Kritiker-Sicht höher bewerten, noch lange nicht dieselben sein, die wir unter ganz persönlichen, subjektiven Gesichtspunkten jederzeit vorziehen würden.“ Für Sebastian Zier vom La Mer kommt die Erkenntnis, dass großes Lob nicht immer eine Empfehlung ist, zu spät.

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