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Streik am Freitag Lufthansa streicht zwei Drittel aller Flüge

Der Streik der Lufthansa-Flugbegleiter wirft seine Schatten voraus: Bereits heute fallen etwa 50 Flüge aus. Am Freitag sollen dann voraussichtlich 1200 Flüge gestrichen werden.

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Streik droht Lufthansa lahm zu legen

Am heutigen Donnerstag fallen bereits knapp 50 Flüge aus, wie die Fluggesellschaft auf ihrer Internetseite mitteilte. Ein Großteil davon betrifft die besonders lukrativen Langstrecken, bei denen die Flugzeuge bereits am Donnerstag in Übersee abfliegen und am Freitag ihr Ziel in Deutschland erreichen sollen.

Die Flugbegleiter-Gewerkschaft Ufo will die Fluggesellschaft den ganzen Freitag über erstmals an allen Lufthansa-Flughäfen bestreiken. Es wäre der dritte Streiktag - zuvor waren die Flugbegleiter in Frankfurt, München und Berlin in den Ausstand gegangen, Zehntausende Passagiere waren an den Airports gestrandet. Allerdings sind nach Aussage eines Lufthansa-Sprechers nicht alle Ausfälle am Donnerstag streikbedingt. Auch im Normalbetrieb müssten immer wieder Flüge wegen technischer Gründe gestrichen werden.

Die größten Baustellen der Lufthansa
1. UnternehmensorganisationWährend andere Fluglinien wie British Airways bereits massiv Personal abgebaut haben, leistet sich die Lufthansa in vielen Bereichen Doppelarbeiten. So haben nicht nur das Fluggeschäft, sondern auch die großen Töchter wie das Wartungsgeschäft eigene große Hauptverwaltungen. Dazu werkeln etwa die EDV-Abteilung des Fluggeschäfts parallel zu den Fachleuten der konzerneigene IT-Tochter Lufthansa Systems und legen einander nicht selten eher Steine in den Weg als die beste Lösung zu suchen. Quelle: Reuters
2. UnternehmenskulturDie Lufthansa gibt fürs Personal pro Flugkilometer mindestens ein Drittel mehr aus als wichtige Wettbewerber. Das liegt unter anderem an vielen alten Privilegien. So hat die Linie aus ihrer Zeit als Behörde das System übernommen, dass die Gehälter steigen je länger ein Mitarbeiter zum Unternehmen gehört. Dazu ist die Lufthansa in den vergangenen Jahren eher durch Zukäufe als organisch gewachsen. Dadurch kamen vor allem besser bezahlte Mitarbeiter dazu und weniger Berufseinsteiger, die das Durchschnittsgehalt drücken. Quelle: dpa
3. Hohe Eigenständigkeit der Tochtergesellschaften Ob Frachtgeschäft, Cateringküchen oder Fluggeschäft: die einzelnen Tochtergesellschaften dürfen weitgehend ohne Vorgaben aus der Zentrale arbeiten. So leisten sich nicht nur alle Töchter eigene Einkaufsabteilungen, obwohl ein zentraler Einkauf in der Regel bessere Preise bekäme. Die einzelnen Fluglinien organisieren ihren Service auch nach eigenen Regeln. Statt den Ticketverkauf zentral zu koordinieren, jagen sich die einzelnen Gesellschaften gerade in Krisenzeiten gegenseitig Kunden ab. Quelle: Pressebild
4. Umständliche Fliegerei Billigflieger kommen mit ein oder zwei Flugzeugtypen aus und bekommen dadurch beim Einkauf, der Ausbildung des Personals und der Wartung der Maschinen Mengenrabatte. Die Lufthansa hingegen hat in ihrer Flotte mindestens zehn verschiedene Typen und fliegt entsprechend teurer. Quelle: dpa
5. Hohe Fertigungstiefe Während andere Fluglinien längst ihr Wartungsgeschäft und die Flugküchen abgestoßen haben, legt die Lufthansa Wert auf ihre Rolle als 'Aviationkonzern', zu deutsche: Komplettanbieter. Zwar verdienen die Töchter - allen voran die Werften der Lufthansa Technik - gutes Geld. Doch weil der Kranich seine Maschinen nicht zu anderen Werkstätten schicken kann, zahlt er dem Vernehmen nach im Schnitt mehr als andere Linien. Quelle: Pressebild
6. Zu einheitliches ProduktEgal ob innerdeutscher Kurzstreckenhüpfer oder eine lange Strecke nach Istanbul: Lufthansa will auf allen Strecken als Lufthansa mit einem Premiumprodukt präsent sein und nicht die konzerneigene Edel-Billiglinie Germanwings fliegen lassen – auch wenn die Kundschaft etwa von Köln nach Berlin vor allem preisbewusst Economy Class bucht und auf Lounges oder Schaumwein an Bord wenig Wert legt. Erste Ansätze, das zu ändern gibt es allerdings. Auf einigen Europastrecken übernimmt seit 1. Juli 2013 Germanwings bisherige Routen der Lufthansa. Quelle: dpa/dpaweb
7. Verlustbringende Zukäufe Dass Swiss als erste übernommene Fluglinie bis heute eine Ertragsperle ist, erweist sich im Nachhinein als Fluch. Denn die guten Zahlen der Schweizer ließen alle glauben, dass jeder Zukauf mit ein paar Umbauten zu einer kleinen Swiss werden kann. Doch stattdessen schreiben die Töchter wie Austrian Verluste oder drohen wie Brussels Airlines in die roten Zahlen zu rutschen. Quelle: AP

Am Freitag streicht die Lufthansa zwei Drittel ihrer Verbindungen. Von den eigentlich an dem Tag geplanten etwa 1800 Flügen werden voraussichtlich 1200 entfallen, wie der Konzernsprecher am Morgen bekräftigte. Die Zahl könne sich aber noch ändern. Die Chancen auf eine Einigung in letzter Minute sind nicht hoch - beide Parteien hatten vor dem Arbeitskampf bereits über ein Jahr miteinander um einen neuen Tarifvertrag gerungen. „Es bleibt die vage Hoffnung, dass Ufo an den Verhandlungstisch zurückkehrt und der Streik abgewendet wird“, sagte der Lufthansa-Sprecher.

Die Airline hatte am Mittwoch noch eine Schlichtung angeboten, allerdings nur unter eng definierten Bedingungen. Diese Auflagen hatte die Gewerkschaft vorher stets zurückgewiesen. Auch auf das jüngste Gesprächsangebot der Lufthansa reagierte Ufo zurückhaltend. Die Gewerkschaft kämpft für höhere Löhne und gegen die Auslagerung von Stellen. Nach Ansicht des Lufthansa-Managements sind Einschnitte nötig, da die harte Konkurrenz der Airline das Leben schwer macht. Bei Deutschlands größter Fluglinie arbeiten 18.000 Menschen im Bordservice.

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