
Mit rund 50 Demonstranten marschierte Verdi in der vergangenen Woche vor dem gläsernen Post-Tower in Bonn auf. Ein Trauermarsch. Symbolisch trugen die Gewerkschaftler die Sozialpartnerschaft und die Tariftreue zu Grabe. Doch der Vorstand in der obersten Etage des über 160 Meter hohen Towers nahm davon wenig Notiz. 50 Demonstranten – was sind das schon gegenüber den mittlerweile 3000 Mitarbeitern, die Verträge bei der von Verdi heftig kritisierten neuen Tochtergesellschaft unterschrieben haben?
Seit Ende Januar herrscht Kampfstimmung zwischen Verdi und der Deutschen Post. Denn der Dax-Konzern hat angekündigt, bis 2020 10.000 neue Paketzusteller einstellen zu wollen – allerdings nicht zum üblichen Haustarif, sondern zum wesentlich günstigeren Logistiktarifvertrag. Um das durchsetzen zu können, hat die Post eigens die Delivery GmbH mit ihren 49 Regionalgesellschaften gegründet. Doch Verdi zeigt nun, dass die Gewerkschaft mehr kann, als nur Trauermärsche zu organisieren. Sie hat ihre Munition noch nicht aufgebraucht.
Zum Gegenschlag kündigte zum 31. März die Gewerkschaft nun die zum Haustarifvertrag gehörenden Bestimmungen zur Arbeitszeit. Denn bei der Abschlüsse der Verträge hatten die Mitarbeiter der Post Zugeständnisse bei Urlaubstagen und Pausen gemacht – im Gegenzug habe die Post eingewilligt, dass sie nur 990 ihrer rund 9800 Paketbezirke an fremde Firmen vergeben darf, erklärt Verdi.
Das sind Post-Gebühren für Privatkunden ab 2015
Der Brief wird ab 2015 teurer. Die Post hebt die Portogebühren für den Standardbrief zum Jahreswechsel – und das nicht zum ersten Mal. In den vergangenen drei Jahren hat die Deutsche Post die Preise erst von 55 auf 58 Cent, dann auf 60 Cent, und nun sogar auf 62 Cent erhöht.
Schon in der Vorweihnachtszeit bieten Post und DHL Privatkunden ein neues Angebot für kleinere Sendungen: Päckchen bis 1 Kilogramm (max Größe 30 x 30 x 15 cm) können ab dem 15. November für 3,79 Euro verschickt werden. Der Haken an der Sache: Das Angebot gilt erstmal nur für Kunden, die die DHL Online Frankierung auf der Unternehmenswebsite nutzen. Ab dem 1. Januar 2015 ist das Angebot auch in den Postfilialen und DHL Paketshops verfügbar – kostet dann aber 3,95 Euro.
Ab Januar 2015 kostet das DHL Päckchen bis 2 Kilogramm (max Größe 60 x 30 x 15 cm) online 4,29 Euro, statt bisher 3,99 Euro. Beim Kauf in der Filiale werden künftig 4,40 Euro fällig, statt bisher 4,10 Euro. Wer ein Paket gleicher Größe verschicken will, zahlt 4,99 Euro.
DHL führt neben dem neuen Päckchen zum 1. Januar auch eine neue Gewichtsstufe für Pakete bis 5 Kilogramm (max Größe 120 x 60 x 60 cm) ein. Der Preis liegt bei 5,99 Euro in der Online Frankierung und 6,99 Euro in der Filiale.
Pakete bis 10 Kilogramm (max Größe 120 x 60 x 60 cm) können ab einem Preis von 7,49 Euro versendet werden (Online-Frankierung). In der Filiale kostet der Versand 8,49 Euro.
Das Schwergewicht: Pakete bis 31,5 Kilogramm (max Größe 120 x 60 x 60 cm) kosten künftig ab 13,99 Euro. Wer auf die Online-Frankierung verzichtet und in die Filiale geht, zahlt einen Euro mehr. Die Gewichtsstufe bis 20 Kilogramm entfällt für den privaten Paketversand übrigens völlig.
Doch durch die Weitergabe der Bezirke an die neue Tochter Delivery GmbH habe die Post diesen Vertrag unterlaufen, kritisiert die Gewerkschaft. Die Post allerdings bestreitet das. „Der von Verdi unterstellte Vertragsbruch liegt nicht vor", sagt Post-Personalchefin Melanie Kreis. Die nun gekündigte Arbeitszeitregelung beziehe sich auf Mitarbeiter, die von der Gründung der neuen Gesellschaften gar nicht betroffen seien. Doch die Gewerkschaft hält an ihrem Vorgehen fest: „Wir werden jetzt eine tarifpolitische Forderung zur Arbeitszeit entwickeln, die den Vertragsbruch kompensiert und den Vorstand zu Verhandlungen auffordern", sagt die stellvertretende Verdi-Vorsitzende Andrea Kocsis.
Die Kündigung der Arbeitszeitregelungen gibt der Gewerkschaft Handlungsfreiraum: Denn solange keine Seite die laufenden Verträge kündigt, darf die Gewerkschaft eigentlich nicht streiken. Ab dem 1. April stünde Verdi dieser Schritt nun allerdings offen – solange die Gewerkschaft ihre Forderungen rechtzeitig aufstellt.
Wenn die Post dann Verhandlungen verweigert oder die Gewerkschaft nicht genügend Fortschritte sieht, hätte sie das Recht zu streiken. Das ist für beide Seiten ein kritischer Punkt, denn 2015 stehen zwischen Verdi und der Post noch viele Verhandlungen an: Zum 31. Mai läuft auch der Haustarifvertrag aus, und Ende des Jahres endet außerdem die Vereinbarung gegen die Fremdvergabe der Paket-Bezirke.
Für die Post ist es ein wirtschaftlicher Nachteil, dass sie ihre Zustellbereiche nicht an andere Firmen abtreten darf. Post-Konkurrenten wie Hermes oder DPD vergeben beinahe alle ihre Bezirke an Subunternehmer – und sparen dadurch viel Geld. Im Schnitt liegen die Löhne der Post-Paketzusteller rund doppelt so hoch, erklärt der ehemalige Staatskonzern.
Allerdings gelten die Arbeitsbedingungen bei der Post auch als wesentlich besser als bei den Subunternehmen der Konkurrenz, wo die Paketboten vor der Einführung des Mindestlohns nur für wenige Euro in der Stunde arbeiten. Weil der Wettbewerb in der Branche immer härter wird, will die Post daher ihre Lohnkosten in der Paketsparte durch die Überführung der Mitarbeiter in den Logistiktarifvertrag senken. "Die Forderung würde damit die Schere zwischen uns und den Wettbewerbern zu unseren Lasten weiter öffnen und dadurch unserer Wettbewerbsfähigkeit und der Sicherheit der Arbeitsplätze schaden", sagt Personalchefin Kreis im Bezug auf die Maßnahmen von Verdi.