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Taxikonkurrent will Navigationskarten Ist Uber jetzt übergeschnappt?

Das umstrittene US-Unternehmen Uber bietet drei Milliarden Dollar-Gebot für Nokias Karten-Tochter Here. Was hinter dem Angebot des Taxi-Konkurrenten tatsächlich stecken könnte.

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App des Fahrdienstvermittlers Uber Quelle: dpa

Drei Milliarden Dollar, berichtet die in Sachen Uber gemeinhin gut unterrichtete New York Times, biete der US-Taxi-Konkurrent für Nokias Kartendienst Here. Den hatte Nokia-Chef Rajeev Suri vor gut einem Monat mit der Aussage zum Verkauf gestellt, man prüfe alle strategischen Optionen.

Seither läuft ein öffentliches Bietergefecht – wenn auch ohne offizielle Bestätigung. Mit dabei die Autobauer BMW, Audi und Daimler, die laut FAZ bereits vereinbart haben sollen, mit Here keine Geschäfte mehr zu machen, sofern ein anderer Bieter zum Zuge komme. Auch der chinesische Internet-Riese Baidu sowie ein nicht näher genannter Finanzinvestor zählen zu den kolportierten Interessenten.

Und nun eben auch Uber.

Warum Uber so umstritten ist

Nur warum in aller Welt sollte das amerikanische Startup so viel Geld für Here zahlen? Selbst wenn der Mobilitäts-Revolutionär längst nicht mehr nur so etwas ähnliches wie Taxifahrten vermittelt, sondern zunehmend auch als Logistik-Dienstleister und mit seinem Dienst Uber Pool als Online-Mitfahrzentrale auftritt: Der Milliardenkauf von Nokias Kartendienst passt überhaupt nicht in das bisherige Uber-Geschäftsmodell.

Das nämlich profitiert davon, dass der Dienstleister selbst kaum kapitalbindende Investitionen tätigen muss. Die Vermittlung der Dienste läuft weitgehend digitalisiert und lässt sich ohne hohen Kapitaleinsatz organisieren, indem UBER die erforderliche Rechenleistung bei IT-Dienstleistern einkauft. Ein solches Cloud-Computing-basierendes Geschäft hält Uber agil und erlaubt es, extrem flexibel auf wandelndes Kundenverhalten zu reagieren … oder neue Märkte zu erschließen.

Sich mit einem Drei-Milliarden-Dollar-Investment nun ausgerechnet einen Kapital-Klotz ans Bein zu hängen, erscheint da geradezu "uber"geschnappt.

Plakate, Blockaden und ein Stein gegen Taxi-Apps
Unterwegs im Auftrag von Uber? In Madrid umrunden die demonstrierenden Taxifahrer, die gegen die neuartige Konkurrenz protestieren, diese Limousine. Die Polizei eilt heran, um Auto und Fahrer zu schützen. Quelle: AP
Der Stein des Anstoßes: Die Handy-App Uber vermittelt zwischen eigenständigen Fahrern und Fahrgästen. Die Taxifahrer befürchten, dass diese neue, weitgehend unregulierte Konkurrenz ihr Geschäftsmodell zerstört. Quelle: dpa
Drastische Worte: „Sie wollen uns umbringen“, meint dieser spanische Taxifahrer, niedergeschrieben auf einem Sargimitat. In Madrid streikten fast alle Taxifahrer den ganzen Tag. Einige griffen auch zu drastischen Mitteln... Quelle: AP
Während der Demonstration in Madrid ist dieses Auto beschädigt worden – offenbar hielten es einige Krawallmacher für eine privat vermietete Limousine. Quelle: AP
Proteste auch in Italien: Diese Taxifahrer blockierten in Neapel eine Straße, um auf sich aufmerksam zu machen. In einigen italienischen Städten gab es Behinderungen. Quelle: dpa
In Paris verabredeten sich Fahrer zu Schleichfahrten und blockierten den Verkehr. Ein gelbes Band zeigt an, dass das Taxi an den Protesten teilnimmt. Quelle: Reuters
Die Demonstrationen gegen Taxi-Apps hatten in Frankreichs Hauptstadt weitreichende Verkehrsbehinderungen zur Folge. Quelle: dpa

Selbst wenn die Here-Dienste zu großen Teilen übers Netz laufen und Uber für seine Apps den Zugriff auf digitale Karten benötigt (aktuell nutzt es die von Google) – mit dem, was das Zukunftsgeschäft von digitalen Kartendiensten ist, hat Uber nichts zu tun.

Denn das heißt: Produktion von höchst präzisem Datenmaterial, mit dessen Hilfe sich autonom fahrende Autos künftig orientieren sollen. Nicht umsonst stecken Here und Konkurrent TomTom aktuell hohe zweistellige Millionenveträge in die zentimetergenaue Neuvermessung der Straßen in Europa und den USA. Und genau deshalb haben auch die Autohersteller so ein Interesse daran, sich die Karten zu sichern.

Aber UBER? Wird ganz sicher keine selbstfahrenden Autos bauen! Was dann?

Wenn man mal die Option außer Acht lässt, dass der US-Dienst sich schlicht von der Last der inzwischen eingesammelten fast sieben Milliarden Dollar Investorengelder befreien möchte, bleibt eigentlich nur eine Option übrig. Und die hat es in sich! Denn im Grunde würde der Kauf von Here damit einher gehen, dass UBER ein neues, zweites wirtschaftliches Standbein aufbauen möchte.

Oder muss! Denn wer so viel Geld investiert, der tut das nicht ohne Not. Und so wäre die Übernahme des Nokia-Ablegers am Ende womöglich das Eingeständnis, dass UBER selbst nicht mehr daran glaubt, mit seinem bisherigen Geschäftsmodell die Wachstumsversprechen und -erwartungen erfüllen zu können. Ist das die heimliche Wahrheit hinter dem Drei-Milliarden-Angebot?

Nicht mehr lange, dann sind wir schlauer. Voraussichtlich noch im Mai, so heißt es, könnte der Verkauf über die Bühne gehen.

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