The Players' Tribune Wie Gerard Piqué die Welt der Sportmedien umkrempelt

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Kontaktbörse für Athleten und Konzerne

Dafür unterhält TPT in einem schicken Loft unweit des Hudson River eine Redaktion mit gut 100 Mitarbeitern, darunter Autoren und Kameraleuten. Die führen Interviews mit den Sportlern und gehen ihnen zur Hand, wenn es darum geht, ihre Geschichte zu erzählen. Die erscheint in der Ich-Form und vermittelt stets den Eindruck, der Star würde sich höchstpersönlich äußern. Tatsächlich haben die Sportler stets das letzte Wort bei „ihren“ Texten.

Die drehen sich meist um Heldengeschichten – wie ich wurde, was ich bin. Uruguays Stürmerstar Edinson Cavani etwa berichtet davon, wie er einst barfuß Fußball spielte und sich über ein Eis als Preis für seine Tore freute. Nationaltorwart Marc-André ter Stegen erzählt, wie sein Opa ihn stets zum Training nach Mönchengladbach fuhr und dem kleinen Marc Paprika und Gurke schnitt. Joshua Kimmich berichtet von seiner Kindheit in einem schwäbischen 1700-Einwohner-Dorf. Und Kroatiens Ivan Rakitić von seiner Entscheidung, für das Land seiner Väter und nicht für die Schweiz aufzulaufen, das Land, in dem er aufwuchs.

Bei den Lesern kommt das offenbar an, TPT zählt rund 3,4 Millionen Nutzer im Monat. Das ist im Vergleich zu großen Sportsendern nicht viel. ESPN etwa kommt auf mehr als das Zwanzigfache. Allerdings halten sich die Fans offenbar gern länger bei TPT auf. Im Schnitt bleiben sie fast acht Minuten auf der Seite, ein beachtlicher Wert. Und zugleich ein Argument in Richtung der werbungtreibenden Konzerne, die wichtigste Einnahmequelle für Jeters Firma.

Neymar, Buffon, James, Lewandowski, Schmeichel – wenn Gerard Piqué Fußballgrößen zum Interview bittet, folgen die bekanntesten Köpfe des Bälle-Business seinem Ruf. Tatsächlich gehen sie lieber zu ihm als sich von kritischen Sportjournalisten befragen zu lassen. Quelle: AP

Denen gefällt, dass TPT die Reklame nicht mit dem Holzhammer in Form von Bannern und Spots einbindet, sondern auf sogenannten „branded content“ setzt, eher subtile Formen des Marketings, wo es darum geht, mehr oder minder unterschwellig Marke oder Konzern mit positiven Botschaften zu verbinden. So erzählten bei TPT etwa die Mütter von Winter-Olympioniken von Blut, Schweiß und Tränen ihrer Söhne und Töchter und den Entbehrungen, die sie für ihren Sport auf sich nahmen. Finanziert wurde das vom US-Kosumgüterriesen Procter & Gamble.

Ähnlich machte es Samsung, die einen Football-Profi dazu brachten, mit dem Smartphone Szenen aus Training und Alltag zu filmen. So baut TPT werbefreundliche Umfelder, in denen die Marken sich inszenieren können. Hinzu kommt, dass Geschichten und Wettkämpfe von Sportlern ihnen reichlich Emotionen garantieren. Entsprechend lang ist denn mittlerweile auch die Liste von Unternehmen, die bereits auf TPT warben, darunter Gatorade, Bank of America, Mastercard and Verizon, Hyundai, Verizon und Budweiser. Auch der Dax-Konzern Adidas hat TPT als eine von vielen Werbemöglichkeiten für sich entdeckt.

Das führt dazu, dass sich TPT ein Stück weit zu einer Art Kontaktbörse entwickelt, einer Plattform, die Sportler und Konzerne zusammenbringt; Athleten winkt ein nettes Zubrot; sie sind anteilig beteiligt, wenn sie ihre Geschichten zusammen mit ihrem Sponsor präsentieren. Dem Vernehmen nach legt TPT zusätzlich bei einigen Stars auch noch Extra-Geld oben drauf, um sein Image als erste Wahl der Sportler zu fördern.

Wer verdient an der WM?
FIFADer Fußball-Weltverband ist zugleich Ausrichter und größter Gewinner jeder Fußball-WM. Bei der WM 2014 in Brasilien summierten sich die Einnahmen auf 4,8 Milliarden US-Dollar. Demgegenüber standen nach Fifa-Angaben Investitionen von 2,2 Milliarden Dollar. Die Vermarktungsrechte des größten Sportwettbewerbs der Welt liegen sämtlich bei der Fifa, die so auch an jedem Trikot und jedem Plüschmaskottchen verdient, das über deutsche Ladentheken wandert. In Russland, für das die WM wohl zur teuersten in der Geschichte des Wettbewerbs wird, darf der Verband erneut auf Rekordeinnahmen hoffen. Quelle: REUTERS
SpielerEs gibt wohl keine größere Bühne als eine Weltmeisterschaft, um den eigenen Marktwert in die Höhe zu treiben. Für ungezählte Kicker wurden Fifa-Wettbewerbe zum Karrieresprungbrett. Auch auf dem Werbemarkt erzielen Nationalspieler Höchstpreise. „Die Werbestrategien für die Nationalspieler beginnen sehr, sehr früh“, sagt Gabriele Klein aus dem WM-Expertenteam der Uni Hamburg und verweist auf Leroy Sané, der aktuell - als einer von 16 Nationalspielern - das Cover der Bahnzeitschrift „mobil“ ziert. Unverbrauchte Gesichter - eben wie Sanés - seien gefragt. Was bedeutet die Nichtnominierung für seinen Werbewert? „Von der Publicity her kann ihm eigentlich nichts besseres passieren“, sagt Klein. Auf der ganzen Welt werde nun über die Nichtnominierung des Toptalents und die Gründe spekuliert. Allerdings: Wie Mario Götze 2014 im WM-Finale ein Siegtor zu erzielen, wird ihm nicht vergönnt sein. Öffentlichkeitswirksamer kann sich ein Spieler nicht inszenieren - auch nicht durch eine spektakuläre Nichtnominierung. Quelle: dpa
Fan- und SportartikelhändlerDen großen Sportartikelherstellern beschert der Rummel um die WM dank florierender Trikot-Verkäufe alle vier Jahre eine willkommene Sonderkonjunktur. Vor allem Nike und Adidas liefern sich einen scharfen Wettkampf darum, wer die meisten und attraktivsten Teams ausrüstet. Nachdem der US-Rivale, der erst 1994 bei der WM im eigenen Land richtig ins Geschäft eingestiegen war, 2014 erstmals mehr Teams einkleiden konnte als die Deutschen, hat Adidas diesmal wieder die Nase vorn. Zwölf Länderauswahlen, darunter natürlich Titelverteidiger Deutschland, tragen Trikots der Marke mit den drei Streifen, während nur zehn mit dem Nike-Swoosh ins Turnier gehen. Dazu zählen jedoch Favoriten wie Brasilien, Frankreich und Portugal. Für das Geschäft mit dem deutschen Nationaldress jedenfalls dürfte maßgeblich sein, ob die Elf sich lange genug im Turnier hält. „Nur dann entsteht die entsprechende Euphorie unter den Fans und die Nachfrage hält an“, heißt es beim Handelsverband Deutschland. Quelle: dpa
In Herzogenaurach ist man zuversichtlich - Adidas-Chef Kasper Rorsted geht davon aus, die insgesamt acht Millionen verkauften Trikots vom Turnier vor vier Jahren zu übertreffen. Bei Nike hält man sich zwar auf Nachfrage mit Prognosen bedeckt, doch Anleger trauen auch dem US-Branchenriesen einiges zu - die Aktie knackte vor dem erwarteten WM-Boom bereits ein neues Rekordhoch. Puma hatte hingegen Pech und setzte auf Italien, das die Qualifikation verpasste. Quelle: dpa
ElektronikmärkteAuch die Unterhaltungselektronik-Sparte reibt sich vor einer Fußball-Weltmeisterschaft sprichwörtlich die Hände. Denn wie ein TV-Werbespot eines Pay-TV-Anbieters nahelegt, definieren sich Fußballfans zumindest teilweise über die Größe ihres TV-Geräts mit Sportkanal-Abo. Vor einer Weltmeisterschaft gilt das umso mehr. Ein südkoreanischer Hersteller ködert deshalb potenzielle Kunden bis zum Start der WM mit Gutscheinen von Pay-TV-Anbietern mit Sportkanälen. Ein Dämpfer für den Handel ist, dass es sich bei Anschaffungen vor solchen Wettbewerben oft um vorgezogene Käufe handelt, nicht um zusätzliche Anschaffungen. Bei einem Rückgang um 14,6 Prozent auf 1,6 Millionen verkaufte TV-Geräte im ersten Quartal ist in diesem Jahr im Vergleich zum Mai 2017 allerdings noch Luft nach oben. Trösten können sich Händler damit, dass die hohen Verkaufszahlen des Vorjahres vor allem durch den Umstieg auf das neue Antennenfernsehen zustande kamen. Quelle: dpa
LebensmittelhändlerWährend bei Jogis Jungs die Ernährung komplett auf sportliche Höchstleistungen ausgerichtet ist - Schokocreme in Massen dürfte es nur in der TV-Werbung geben - geht es nahrungstechnisch bei Fans oft bodenständiger zu. Heiß und fettig oder süß und klebrig muss es sein. Spielt das Wetter mit, zieht aus Sicht des Handelsverbands Deutschland auch der Absatz von Grillgut, Snacks und Süßigkeiten an. Quelle: dpa
BrauereienDer Gerstensaft und die Fankultur sind untrennbar verbunden. Nicht umsonst gelten Bierverbote als wirksame Disziplinarmaßnahme für Stadionbesucher. Die deutschen Bierbrauer jubeln nach sonnigen Wochen sogar schon vor der WM. „Wir hatten im Mai den besten Monat in der Geschichte unserer Brauerei“, heißt es etwa bei Krombacher. Auch bei Veltins stieg der Absatz im Mai um zehn Prozent auf rekordverdächtige 315 000 Hektoliter. Für den starken Absatz machen die Brauer die WM mitverantwortlich. „Die Lager werden hochgefahren bis zum Limit“, heißt es bei Veltins mit Blick auf den Getränkehandel. In vielen Brauereien würden vor der WM Sonderschichten gefahren, um die Nachfrage erfüllen zu können, heißt es beim Deutschen Brauer-Bund. Quelle: dpa

Noch sind die Werbeerlöse die wichtigste Einnahmequelle des Start-ups. Doch im vergangenen Jahr holte Jeter den ersten CEO ins Team. Er lockte Jeff Levick vom Streamingdienst Spotify an Bord. Kein kleines Licht: Der erfahrene Levick war beim börsennotierten Musikverteiler zuletzt Chief Revenue Officer. Und hat viel vor: „Dieses Themenfeld, diese Branche hat darauf gewartet, dass etwas Neues passiert, eine Seite, die sich um eine einzigartige Gruppe von Inhalteproduzenten dreht, die es so vorher noch nicht gegeben hat – Sportler“.

Levicks wichtigster Job ist es nun, weitere Einnahmequellen für TPT zu erschließen. Kürzlich erst eröffnete das Unternehmen ein eigenes Büro in Los Angeles. Denn ein Teil der Investorengelder fließt in die Produktion neuer Formate und Angebote für die Internetseite. Statt wie zu Beginn vor allem Artikel zu veröffentlichen, setzt TPT verstärkt auf Videos. Und die will TPT künftig auch an Streamingdienste wie Netflix verkaufen.

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