Thomas Cook „Die Insolvenz ist auch eine Chance für den Markt“

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„Der Bedarf an Reisen verschwindet nicht einfach“

Kurz- und Mittelstreckenflugzeuge wie der Airbus A320 weisen darüber hinaus noch einen weiteren Vorteil auf: Sie sind im Vergleich zu Langstreckenflugzeugen deutlich unkomplizierter und günstiger für eine neue Fluglinie umzugestalten. „Gerade im klassischen Touristik-Segment handelt es sich häufig um Einheitskabinen, die Sitzabstände sind auch meist identisch, da ist nicht viel Schnickschnack“, erklärt Grossbongardt. Abgesehen von der Außenlackierung falle gar nicht viel an: „Vielleicht muss man die Sitzbezüge austauschen, falls sie mit dem Markennamen bestickt sind.“

Derzeit offen ist, welche Fluggesellschaften nun für die zahlreichen Maschinen aus dem Thomas-Cook-Kosmos infrage kommt. British Airways und die britische Billig-Fluglinie Easyjet wären „logische Abnehmer“, mutmaßt ein Branchenkenner. Und auch der Name Eurowings fällt. Angesprochen auf ein etwaiges Interesse an Thomas-Cook-Flugzeugen, heißt es bei Eurowings ebenfalls bloß: „Kein Kommentar“.

Condor mit Flugzeugen für die Nische

Verkompliziert wird die Situation durch den Umstand, dass die Condor-Maschinen vorerst noch weiterfliegen. Von 41 Condor-Flugzeugen besitzt der Konzern zehn selbst. Und als einzige der Thomas-Cook-Gesellschaften benutzt Condor auch die Mittel- und Langstreckenflugzeuge Boeing 757 und 767. Gerade die 757 gilt in der Fluggilde aber als veraltetes Nischenflugzeug. Laut CH-Aviation gehören die meisten 757-Modelle, die mit dem Condor-Logo unterwegs sind, der Flugzeug-Leasing-Firma Altavair mit Sitz in Seattle. Sollte auch Condor Insolvenz anmelden, dürfte für Altavair die Anzahl der Interessierten für diese Maschinen überschaubar bleiben.

Die Fluglinie Thomas Cook UK besitzt zudem drei A330-Maschinen selbst: Alle drei landeten zuletzt am Flughafen Manchester. Auch diese wird man versuchen zu verkaufen, allerdings unter anderen Vorzeichen. Die Flugzeuge der insolventen Firma werden nun zum Eigentum der Gläubiger. Anzunehmen ist, dass die Gläubiger versuchen werden, diese Maschinen so schnell wie möglich zu Geld zu machen (da auch das Abstellen und Lagern der Maschinen auf dem Flughafengelände nicht gratis ist). Da potenzielle Käufer, etwa Leasing-Firmen, um die besondere Notsituation wissen, dürften die Verkaufspreise geringer ausfallen, als sich mancher Gläubiger erhofft.

Flugindustrie-Experte Grossbongardt sieht dennoch Grund zu Optimismus: „So bitter das auch ist für die betroffenen Mitarbeiter und die gestrandeten Reisenden: die Insolvenz ist auch eine Chance für den Markt“, befindet er. „Denn der Bedarf an Reiseaufkommen, der hinter Thomas Cook stand, verschwindet ja nicht einfach, sondern wird nun schnell durch andere gedeckt. Die Leute hören ja nicht plötzlich auf, in die Türkei oder auf die Balearen zu fliegen.“ Ähnlich positiv war man wohl auch vor zwei Jahren bei der britischen Fluggesellschaft Monarch Airlines – bis die Linie am 02. Oktober 2017 Insolvenz anmeldete. 35 Flugzeuge kamen damals auf den Markt. Vier davon übernahm: Thomas Cook.

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