Tourismus Wie Friedrich Joussen bei TUI aufräumt

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Auch der Chef bringt Opfer

Erste Amtshandlung Joussens war der Start des Sanierungsprogramms oneTUI. Damit setzte er den Abbau von rund 100 Arbeitsplätzen in der AG-Zentrale in Hannover durch und kündigte sämtliche Sponsorenverträge, etwa den mit dem Fußballclub Hannover 96, der vier Millionen Euro pro Jahr kostete. Als geschickter Schachzug zur Durchsetzung der wenig populären Einschnitte erwies sich dabei eine Maßnahme, die zwar wenig Einsparungen, dafür aber viel Goodwill in der Belegschaft brachte: der Verkauf des TUI-eigenen Firmenjets, mit dem Vorgänger Frenzel samt Stab gern zu wichtigen Terminen gedüst war. „Das zeigte uns, dass der neue Chef bereit war, auch selbst ein Opfer zu bringen“, erinnert sich ein Mitarbeiter.

„Wir hatten das Problem, dass von den 80 Millionen Euro Dividende, die TUI Travel an die AG gezahlt hat, am Ende ein Minus von 120 Millionen blieb, weil in der Zentrale die Kosten und Zinsen zu hoch waren“, begründete Joussen den Sparkurs. „Die Folge war ein dramatischer Vertrauensverlust, bei Investoren und Anlegern galt die TUI als Wertvernichter.“ Mit dem Sparprogramm sanken die Kosten der Zentrale von 73 auf knapp 45 Millionen Euro, durch Umschuldung spart die Holding im laufenden Geschäftsjahr weitere 100 Millionen Euro Zinsen.

Die Entwicklung wichtiger Kennzahlen bei TUI. (Für eine vergrößerte Ansicht bitte klicken)

Zugleich brach der neue Chef mit einer alten Regel: Er veröffentlichte erstmals die Margen einzelner Geschäftsbereiche. Die Robinson-Clubs etwa verdienten eine Eigenkapitalrendite von nur sechs Prozent, deutlich weniger als die Zielmarke von mindestens elf Prozent. Die fünf kleinen Luxusdampfer von Hapag-Lloyd Kreuzfahrten fuhren rote Zahlen ein, TUI Cruises dagegen schaffte bereits in der Anlaufphase acht Prozent Rendite.

Moodys stuft TUIs Rating auf

Der Druck der Öffentlichkeit zeigte Wirkung. „Robinson ist sehr gut unterwegs, die Maßnahmen zur Ergebnisverbesserung und Effizienzsteigerung werden konsequent umgesetzt“, freute Joussen sich bei Vorlage der letzten Quartalszahlen Mitte August, „der Geschäftsverlauf von Hapag-Lloyd Kreuzfahrten war erfreulich.“ 2015 dürfte auch die zweite Kreuzfahrtmarke den Turnaround schaffen.

Mit seinem sanften Pranger förderte der neue Boss nicht nur den Wettbewerb innerhalb des Konzerns und steigerte so die Spartenergebnisse, auch das Gesamtergebnis legte zu. „Im dritten Geschäftsquartal konnte die TUI AG das operative Ergebnis nahezu verdoppeln, gegenüber dem Vorjahreszeitraum verbesserte sich das bereinigte Ergebnis um 89 Prozent auf 163 Millionen Euro“, freut sich der Konzernchef. „Joussen handelt konsequent und fokussiert, dabei setzt er nicht nur auf Kostensenkung, sondern auch auf renditestarke Wachstumsfelder“, lobt Marketing-Professor Schütz. Zugleich verbesserte sich die Position des Unternehmens auf dem Kapitalmarkt. Gerade erst hat die US-Ratingagentur Moody’s die Bonität der TUI AG von B3 auf B2 heraufgesetzt.

Die gute Stimmung verschafft Joussen den nötigen Freiraum, um die nächsten Etappenziele in Angriff zu nehmen. Schon in Arbeit ist die Zusammenführung der sieben Konzern-Airlines unter einem Dach mit gemeinsamem Einkauf und gemeinsamer Wartung. Im kommenden Jahr sollen außerdem die restlichen Hapag-Lloyd-Anteile verkauft werden.

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