Der Haken beim Scrubber: Die Technik ist zwar im Prinzip bewährt, die Feinjustierung für Schiffe aber nicht ganz einfach. Ein weiteres Problem: Beim Herauswaschen der Schadstoffe entsteht eine giftige Brühe, die aufwändig gereinigt werden muss, bevor sie zurück ins Meer geleitet wird oder – wie bei TUI Cruises – gesammelt und im nächsten Hafen an Land entsorgt wird. „Das alles kostet natürlich eine Menge Geld“, sagt Umweltmanagerin Damm, „aber als Business Case darf man den Umweltschutz eben nicht sehen.“
Trotz des Riesenaufwands sind die Abgase nicht immer so sauber, wie sich aufgrund der Erklärungen von Damm und Popa vermuten ließe. Auch wenn beide beteuern, dass die gelbliche Wolke, die trotz Scrubber aus den Schornsteinrohren quillt, überwiegend aus Wasserdampf bestehe. Vor allem beim Hochfahren der Motoren während des Ablegens löst sich außerdem in den Abgasrohren abgelagerter Ruß. Bei ungünstigen Windverhältnissen landen die schwarzen und klebrigen Flocken dann auch schon mal auf den Liegestühlen, wo sie den Sonnenanbetern ihre weißen T-Shirts versauen. „Wir fahren eben immer noch mit Treibstoff“, verteidigt sich Umweltmanagerin Damm.
Schätzungsweise 200 Millionen Tonnen Schweröl verbrennt die 50.000 Schiffe große Welthandelsflotte pro Jahr. Der Treibstoff war ursprünglich ein Abfallprodukt der Rohölraffinerien und ist im Normalzustand je nach Außentemperatur zäh wie Teer. Angewärmt treibt er die Dieselmotoren von Containerfrachtern, Massengutschiffen und eben Kreuzfahrtdampfern an. Der Vorteil für die Reeder: Schweröl ist billig und in jedem Hafen der Welt verfügbar. Der Nachteil für Umwelt und Natur: die klebrige Masse ist hochgiftig, bei der Verbrennung werden Schwefel, Ruß und CO2 in die Luft geblasen.
Die insgesamt rund 300 Kreuzfahrtschiffe sind am globalen Schiffsverkehr zwar nur mit weniger als 0,5 Prozent beteiligt, trotzdem vermiest die Dreckschleuder- und Mir-stinkt’s-Kampagne des Nabu das Image der Branche, die mit blauem Meer und frischer Luft wirbt. „Die CLIA-Mitglieder investieren darum Milliarden in saubere Schiffe“, sagt TUI-Cruises-Umweltmanagerin Damm. Hinter der Abkürzung CLIA steckt die Cruise Lines International Association, der Weltverband der Kreuzfahrtindustrie.
Dem deutschen Zweig des internationalen Dachverbands der Kreuzfahrtindustrie gehören 14 hierzulande aktive Reedereien an. Größter Anbieter ist die zum britisch-amerikanischen Kreuzfahrtkonzern Carnival gehörende Aida Cruises mit zwölf Schiffen. Die Nummer zwei ist TUI Cruises, das Joint-Venture der TUI AG mit der US-Kreuzfahrtreederei Royal Caribbean mit sechs Dampfern.
Urlaub auf dem „Öko-Dampfer“ – das ist das weltweit sauberste Kreuzfahrtschiff
Das Thema Umweltschutz und Abgasreinigung ist für die Kreuzfahrtanbieter trotz der Nabu-Kampagnen und aller Milliarden-Investitionen ein nach wie vor ungelöstes Problem. Die ebenfalls zur Carnival-Gruppe zählende Costa aus Italien, die schweizerische MSC sowie die anderen in Deutschland aktiven US-Anbieter haben zwar durchweg neuere Flotten. Die Abgas-Technik ist aber vielfach von vorgestern.
Besonders problematisch ist die Situation für die Betreiber älterer Schiffe. Die vier Hochseekreuzer von Phönix Kreuzfahrten etwa – darunter das frühere TV-Traumschiff „MS Deutschland“ – schippern alle seit beinahe zwei Jahrzehnten auf den sieben Weltmeeren herum. Eine Nachrüstung auf die Scrubber-Technik wäre wegen der beengten Platzverhältnisse an Bord technisch schwierig bis unmöglich, würde sich aber vor allem wirtschaftlich kaum rechnen.
Wo der Scrubber nicht in Frage kommt, bleibt nur der technisch auch bei älteren Schiffen unproblematische Umstieg von Schweröl auf sogenannten Marinediesel. Der hat nur einen Schwefelgehalt von 0,1 Prozent, Schweröl hat im Vergleich 3,5 Prozent. Der Marinediesel ist allerdings rund doppelt so teuer, was den Reedereien mit älteren und/oder kleineren Schiffen die Kalkulation verhagelt.
Schon heute sind Nord- und Ostsee, die Gewässer vor den US-Küsten und Teile der Karibik sogenannte ECA-Zonen – ECA steht für Emission Control Areas – wo nur der schwefelarme Marinediesel verfeuert werden darf. Wenn ab 2020 der Schwefelanteil weltweit auf maximal 0,5 Prozent begrenzt wird, wirkt das faktisch wie ein Schwerölverbot. Zumindest ein Teil der älteren Dampfer dürfte dann seine letzte Reise zu einer Abwrackwerft antreten.